Donnerstag, April 18, 2024

Depression und Suizidgefahr im Alter

Depression und Suizidgefahr werden im Alter oft nicht erkannt, ein Online-Training hilft Pflegekräften und pflegende Angehörige.

Die Suizidraten steigen mit dem Alter stark an, insbesondere bei Männern. Etwa 35  % aller Suizide werden von Menschen über 65 Jahren verübt. Fast 90 % der jährlich ca. 10.000 Suizide und 150.000 Suizidversuche in Deutschland erfolgen vor dem Hintergrund einer oft nicht optimal behandelten psychischen Erkrankung, am häufigsten einer Depression. Deshalb ist für diese Zielgruppe Aufklärung über die Erkrankung Depression und Erkennen einer Suizidgefahr besonders wichtig.

Ambulanten Pflegekräften und pflegenden Angehörigen kommt hier eine große Bedeutung zu, da 73 % der 2,9 Mio. Pflegebedürftigen zu Hause versorgt werden (Quelle: Statistisches Bundesamt), und die Pflegekräfte oft der einzige regelmäßige Ansprechpartner sind. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe entwickelt deshalb ein E-Learning-Programm zum Thema „Altersdepression und Umgang mit Suizidalität“ für ambulante Altenpflegekräfte und pflegende Angehörige. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und in Kooperation mit dem Deutschen Bündnis gegen Depression umgesetzt.

 

Online-Training hilft Pflegekräften im Umgang mit Depression und Suizidgedanken bei Senioren

Trainings von Pflegekräften zu den Themen Depression und Suizidalität im Alter haben sich in mehreren Studien als wirksam erwiesen (Quellen u.a.: Chauliac N, Brochard N, Payet C et al. (2016); Allgaier A-K, Kramer D, Mergl R et al. (2009)). Hier setzt die Stiftung Deutsche Depressionshilfe an und entwickelt aufgrund des eng getakteten Zeitplans in der Pflege ein kostenfreies, orts- und zeitunabhängig durchführbares E-Learning-Tool. Das ca. zweistündige Programm vermittelt Wissen, zeigt erste Handlungsmöglichkeiten bei Verdacht auf Depression und Suizidalität auf und stellt in Videosequenzen den Umgang mit depressiv Erkrankten im Pflegealltag exemplarisch dar. Ziel ist es, durch die Schulung von Altenpflegekräften und pflegenden Angehörigen das Erkennen von Depression bei älteren Pflegebedürftigen zu erleichtern sowie Sicherheit im Umgang mit depressiv Erkrankten und Suizidalität zu fördern. Zudem werden Informationen zu Anlaufstellen vermittelt, wo betroffenen Senioren professionelle Hilfe finden. Das E-Learning-Tool wird derzeit entwickelt und geht 2019 in die erste Erprobungsphase. Nach dieser Pilotphase soll das Tool noch einmal optimiert und an die Alltagsanforderungen in der Pflege angepasst werden. Es wird dann von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe kostenfrei für ambulante Pflegekräfte (auch mit Fortbildungszertifikat) und ebenso für pflegende Angehörige zur Verfügung gestellt.

 

Depression im Alter oft nicht erkannt

„Bei Senioren wird die Depression noch häufiger als bei jüngeren Menschen übersehen. Depressive Symptome wie Hoffnungs- und Freudlosigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfungsgefühl werden oft nicht als Ausdruck einer eigenständigen schweren Erkrankung gesehen, sondern als nachvollziehbare Folge auf die Bitternisse des Alters oder Ausdruck körperlicher Begleiterkrankungen fehlinterpretiert“, erläutert Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe das Problem. Zudem kann die Depression durch Sprech- und Denkhemmungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen Ähnlichkeiten mit einer Demenz aufweisen. Wie bei allen schweren Krankheiten sollten Angehörige und Pflegekräfte Sorge tragen, dass der Erkrankte so schnell wie möglich ärztliche Hilfe erhält.

Depressionen sind auch im Alter mit Antidepressiva und Psychotherapie gut behandelbar. „Die Behandlung mit Antidepressiva ist allerdings etwas schwieriger, u. a. wegen der häufigen weiteren Medikamente, die die Patienten einnehmen und möglicher Medikamentenwechselwirkungen. Psychotherapie ist sinnvoll, wird aber älteren depressiv erkrankten Menschen nur äußerst selten angeboten“, so Hegerl.

Informations- und Hilfsangebote für ältere Menschen mit Depression

  • weiterführende Informationen zu Depression im Alter unter: www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/depression-im-alter
  • ausführliche Erfahrungsberichte älterer Patienten finden Sie auf der Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die in Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe entstanden ist.
  • Beratung und Selbsthilfegruppen für Angehörige: www.bapk.de

Hinweis an Pflegedienste: Wenn Sie Interesse haben, das E-Learning-Tool zu Depression im Alter vorab im Pilotprojekt zu nutzen und Verbesserungsvorschläge einzubringen, wenden Sie sich an die Projektkoordinatorin Anne Elsner (anne.elsner@medizin.uni-leipzig.de, 0341/9724472). An unserer Pilotstudie teilnehmen können ambulante Pflegedienste in ganz Deutschland.

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