Dienstag, April 23, 2024

Zytomegalie durch das Cytomegalievirus

Die Zytomegalie – eine Infektion mit dem Cytomegalievirus – kann in der Schwangerschaft schwere Missbildungen vor allem bei den frühgeborenen Kindern verursachen.

Herpesviren haben sich im Laufe der Evolution fast perfekt mit dem Immunsystem des Menschen arrangiert. Und deswegen besitzen sie auch die Fähigkeit, nach klinisch oder subklinisch verlaufener Erstinfektion in einer latenten Form im menschlichen Organismus in den unterschiedlichsten Körperzellen zu persistieren. Bei Resistenzsenkungen kann es dann endogen reaktiviert werden. Das Cytomegalievirus (abgekürzt CMV oder Zytomegalievirus) gehört zur Familie der humanen Herpesviren, das vor allem eine Zytomegalie (Cytomegalie Infektion) auslösen kann. Weitere humane Herpesviren sind Herpes simplex-Virus Typ 1 und 2, Varizellen zoster-Virus, Epstein Barr-Virus, eben Cytomegalievirus sowie die Humanen Herpesviren Typ 6, Typ 7 und Typ 8.



Cytomegalievirus häufig und weltweit präsent

Im Rahmen dieser Reaktivierungen, die zum Teil ohne auffallende klinische Symptomatik vor sich gehen, werden wieder infektiöse Viruspartikel gebildet, die bei den verschiedenen Herpes-Virusinfektionen mit den Körpersekreten in relativ hohen Konzentrationen wieder ausgeschieden werden. Dadurch wird die Zirkulation dieser Viren innerhalb der menschlichen Gesellschaft aufrechterhalten und eine relativ hohe Durchseuchung und damit ein relativ hoher Prozentsatz latenter Virus­träger gewährleistet.

Infektionen mit dem Cytomegalievirus sind häufig und treten weltweit auf; je nach untersuchter Bevölkerungsgruppe sind ca. 50 bis 90% latent infiziert. Die Erstinfektion mit dem Cytomegalievirus verläuft bei immunkompetenten Patienten meist subklinisch, da das gut funktionierende Immunsystem zwar nicht vor der Infektion, aber vor der Erkrankung schützt. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass das Cytomegalievirus, verglichen mit dem Herpes simplex-Virus, relativ wenig bekannt ist.

Einen hohen Anteil an klinisch manifesten Krankheitsverläufen unterschiedlichster Schweregrade findet man aber bei Personen mit noch unreifen oder beeinträchtigten Abwehrfunktionen wie z.B. bei Frühgeborene, Transplantationspatienten, etc.

 

Zytomegalie – Cytomegalievirus-Infektion durch Muttermilch

Seit dem Beginn der siebziger Jahre ist die Muttermilch als potenzielle Infektionsquelle bekannt. Da es offenbar sehr häufig zu einer lokalen Reaktivierung des Cytomegalievirus in der Brustdrüse kommt – die Epithelzellen der Milchkanäle sind einer der möglichen Orte der Viruslatenz –, werden bis zu 50% der Kinder seropositiver Mütter nach der Geburt über die Muttermilch infiziert. Dies ist somit eine der Hauptinfektionsquellen für eine CMV-Primärinfektion im Kindesalter.

Bei reif geborenen Neugeborenen mit einer guten Ausstattung mütterlicher Antikörper macht die Zytomegalie in der Regel keinerlei Probleme. Ganz anders stellt sich die Situation bei den Frühgeborenen dar. Neue klinische Studien zeigen, wie häufig durch das Stillen verursachte Zytomegalie bzw. CMV-Infektionen bei diesen Patienten zu klinischen Problemen führen.



In einer sehr großen Studie untersuchten Forscher 151 Mütter und ihre 176 frühgeborenen Kinder. Und zwar bei einem Gestationsalter bei der Geburt unter 32 Wochen sowie einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm. Während in der Gruppe der CMV-IgG-Antikörper-negativen Mütter in keinem Fall CMV und/oder CMV spez. DNS in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte, war dies bei 96% – 73 von 76 – der Antikörper-positiven Mütter der Fall.

Bei 27 von diesen Müttern kam es durch die Muttermilch zu einer Virusübertragung auf ihre 33 frühgeborenen Kinder. Das entspricht einer Infektionsrate von 37%, wobei 16 (48%) Kinder klinische Symptome entwickelten.

Die häufigsten Befunde einer klinisch symptomatisch verlaufenden Zytomegalie bei diesen Frühgeborenen waren eine Neutropenie, die 1 bis 7 Wochen dauerte und zweifellos auch eine Periode der Gefährdung durch opportunis­ti­sche Infektionen darstellt, sowie eine Thrombocytopenie. Weitere Symptome waren Myoclonien und eine Hepatopathie.

Bei 4 besonders kleinen Frühgeborenen (Gestationsalter zwischen der 24. und der 28. Woche, Geburtsgewicht 600 bis 1.050g) wurde das Auftreten eines sepsisartigen Zustandsbildes beobachtet. Das zeigt, dass diese Patientengruppe ein erhöhtes Risiko für einen sehr schweren Krankheitsverlauf hat.

 

Was man gegen Zytomegalie tun kann

Welche Konsequenzen zieht man nun aus diesen Ergebnissen, um das für die Gesundheit der Frühgeborenen und für die Psyche der Mutter so besonders wichtige Stillen gefahrlos zu gewährleisten? Zu empfehlen ist natürlich die Inakti­vierung des Cytomegalievirus in der Muttermilch seropositiver Mütter von Frühgeborenen (<32. Gestationswoche) mittels Pasteu­risierung, die bisher üblicherweise bei 63°C für 30 Minuten durchgeführt wird.

Weiter bewertet man auch neue Methoden, um die Muttermilch auf möglichst schonende Weise frei von infektiösem Cytomegalievirus zu machen. ­Dazu gehört beispielsweise die Kurzzeitpasteurisierung bei 72°C für 10 Sekunden.

Hygienemaßnahmen sind ebenfalls wichtig. So sollten sich Mütter von Neugeborenen vorbeugend immer gründlich die Hände mit warmen Wasser und Seife waschen. Außerdem sollten sie vermeiden, das Besteck gemeinsam zu benutzen. Das gilt auch für das anregend gemeinte »Vorkosten«, um das Baby auf den Geschmack zu bringen.




Quelle:

logo-virusepidemiologische-informationenVIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 02/02.
Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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