Dienstag, April 23, 2024

Covid-19: Welches Risiko das Coronavirus bei Asthma verursacht

Trotz Verunsicherung durch das Coronavirus und Covid-19-Risiko: Asthma-Patienten sollten während der Corona-Pandemie ihre Therapie unverändert fortführen.

Virale Infektionen der Atemwege sind die Hauptursachen für eine Asthma-Exazerbation. Die Anfälligkeit von Menschen mit Asthma, eine Exazerbation zu entwickeln, wenn sie aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion an Covid-19 erkranken, ist bislang unbekannt. Allerdings waren Asthmatiker unter den Patienten mit schwerer Covid-19-Lungenentzündung aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion, die einen Krankenhausaufenthalt benötigten, in einer französischen Studie nicht überrepräsentiert. Das widerspricht nordamerikanischen Ergebnissen. Im Grunde genommen sind weitere Corona-Studien zur Thematik Asthma, Coronavirus SARS-Cov-2 und Covid-19 dringend erforderlich.

Dazu konnte die jüngste dementsprechende Arbeit – aktuell veröffentlicht im renommierten Journal Respiratory Medicine Volume 175 – zeigen, dass ältere asthmatische Covid-19-Patienten zwar aufgrund von Exazerbationen häufiger im Krankenhaus behandelt werden müssen. Allerdings ist die Asthma-Erkrankung weder mit einem erhöhten Schweregrad noch mit schlechteren Ergebnissen einer Covid-19-Erkrankung verbunden.

 

Pro und Kontra

Bisher gab es laut kanadischen Daten Hinweise darauf, dass Patienten mit Asthma unter den erwachsenen Coronavirus-Patienten, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, überrepräsentiert sind. Dies sollte eben der Fall sein, weil das Coronavirus SARS-CoV-2 so wie auch andere Viren auch bei Patienten mit Asthma Exazerbationen also eine Verschlechterung der Symptomatik auslösen. Deswegen vermutete man Asthma auch als Risikofaktor für eine schwere Covid-19-Erkrankung. Jedoch unterstellen manche italienische Untersuchungen, dass Asthma sogar vor einer Coronavirus-Infektion schützen könnte.

 

Asthma-Exazerbation und COVID-19 sind klinisch schwer zu unterscheiden

Die am häufigsten auftretenden Symptome von COVID-19 – trockener Husten, Kurzatmigkeit – entwickeln sich auch häufig bei akuter Verschlimmerung von Asthma, bei ExazerbationenFieber ist häufiger mit COVID-19 assoziiert, es kann aber auch bei infektionsbedingten Asthma-Exazerbationen vorkommen. Allgemein sollte ein COVID-19-Test bei allen Patienten mit ernsthaften Atemwegsbeschwerden durchgeführt werden.

 

Verunsicherung zu Coronavirus, Covid-19, Asthma und zur ICS-Therapie während der Corona-Pandemie

Unter dem Strich fand man in den letzten Wochen verschiedene Expertenmeinungen zur Corona-Pandemie in den Medien, die auch die Therapie mit inhalierbaren Steroiden (ICS) – als wichtiges Element der Asthma-Therapie – vor dem Hintergrund der aktuellen Coronavirus-Epidemie in Frage stellten. Beispielsweise wies Professor Dr. med. Christian Drosten, Institut für Virologie der Charité Berlin, in seinem Podcast im März 2020 darauf hin, dass Asthma-Patienten mit ihrem Arzt darüber sprechen sollten. Und zwar, um ein auf Kortison basierendes Asthma-Medikament durch ein Medikament zu ersetzen, welches das Immunsystem weniger angreife. Diese Aussage verunsicherte Patienten und Behandler.

 

Deutsche Lungenexperten raten: Asthma-Therapie mit inhalierbaren Steroiden (ICS) auch in der Coronavirus-Krise fortführen.

Die deutschen Asthma-Spezialisten empfehlen, bei Kindern und Erwachsenen mit Asthma eine adäquate und individuell eingestellte antiasthmatische Inhalations-Therapie (insbesondere auch eine ICS-Therapie) nicht angesichts des Coronavirus und Covid-19 zu ändern oder gar zu beenden.

Die Gefahr, dass sich das Asthma dadurch in bedrohlicher Weise verschlechtert und (ansonsten unnötige) Arztbesuche oder Krankenhaus-Aufenthalte erforderlich macht – einschließlich möglicher Kontakte mit dem Coronavirus und COVID-19-Patienten – sei für den einzelnen Asthma-Patienten wesentlich bedrohlicher als ein mögliches, gleichwohl unbelegtes Risiko einer Förderung der Ansteckung mit dem Coronavirus (SARS-Cov-2).

Eine erfolgreiche Inhalationstherapie bei Patienten mit Asthma sollte daher auch und gerade in der aktuellen Corona-Pandemie unverändert fortgesetzt werden.

 

Eine gute Asthma-Kontrolle während der COVID-19-Pandemie, um Asthma-Exazerbationen vorzubeugen

Lungenfachärzte empfehlen also, die bestehende medikamentöse Asthma-Therapie auch während der Corona-Pandemie beizubehalten. Das gilt auch für Patienten mit Asthma, die aktuell Biologika einnehmen. Wenn möglich sollte man aber einen Verneber nach Möglichkeit vermeiden. Denn diese könnten das Risiko einer Infektionsübertragung erhöhen, meinen kanadische Experten. Weiter empfehlen sie einen Dosierinhalator statt einen Zerstäuber.

Orale Steroide sollten weiterhin zur Behandlung von Asthma-Exazerbationen verwendet werden.
Allerdings sollte man sie nicht zur Behandlung von COVID-19 einsetzen. Denn möglicherweise könnte das die Virusreplikation erhöhen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen sind gegebenenfalls eine erneute Überprüfung der richtigen Inhalationstechnik zum Vermeiden bekannter Asthmaauslöser.

 

Hygiene- und Schutzmaßnahmen einhalten

Alle übrigen, vom Robert Koch-Institut empfohlenen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 und Covid 19, sind selbstverständlich auch von Patienten mit Asthma zu befolgen – einschließlich des dauerhaften Reduzierens von Sozialkontakten während der Corona-Pandemie.

 

Daten aus China: Patienten mit allergischen Erkrankungen nicht so hart betroffen

Eine aktuelle chinesische Untersuchung hat verschiedene klinische Krankheitsbilder von Covid-19 anhand von elf Fällen beschreiben. Dazu hat man demografische Daten, klinische Manifestationen, Ergebnisse, wichtige Laborergebnisse und radiologische Bilder diskutiert. Die Ergebnisse zeigten die Komplexität des COVID-19-Profils mit unterschiedlichen klinischen Darstellungen.

Interessanterweise zeigten Patienten mit allergischen Erkrankungen keine ausgeprägten Symptome und schwere Verläufe. Hingegen hatten Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung oder einer komplizierten bakteriellen Pneumonie schwerwiegende Verläufe.

 

Überraschend wenig Fälle während der Corona-Pandemie über das Coronarvirus- und Covid-19-Risiko bei COPD, Asthma und anderen schweren Lungenerkrankungen in einer italienischen Studie

Ein aktuelle italienische Studie berichtete, dass bislang vor allem von schweren Fällen bei Männern im Alter zwischen 80 und 92 Jahren berichtet wurde. Die risikoreichsten Vorbelastungenen waren bei diesen Patienten Herz-Kreislauf-, Verdauungs- und Hormonsystem-Erkrankungen. Allerdings gab es beispielsweise zu COPD, Asthma und Bronchiektasie überraschend wenig schwere Coronarvirus-Infektionen und Covid-19-Fälle. Fieber wurde in allen verfügbaren Fallserien vorgestellt, flankiert von Husten, Atemnot, Myalgien und Müdigkeit.

Schließlich bestätigte auch eine rezente spanische Studie, dass Patienten mit Asthma oder allergischen Erkrankungen bei hospitalisierten Covid-19-Patienten unterrepräsentiert waren.


Literatur:

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Quellen:

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP): Michael Pfeifer (Donaustauf), Marek Lommatzsch (Rostock), Stephanie Korn (Mainz), Christian Taube (Essen), Johann Christian Virchow (Rostock), Roland Buhl (Mainz)

Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e.V. (GPP): Matthias Kopp (Lübeck)

Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e.V. (GPA): Christian Vogelberg (Dresden)

Österreichische Gesellschaft für Pneumologie

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