Donnerstag, März 28, 2024

Rheuma: Cortison, Corticoide, bei rheumatischen ­Erkrankungen

Prinzipiell helfen Rheuma-Aktivitäts-Scores als Ausdruck der Krankheitsaktivität bei der richtigen Dosierung von Cortison, Corticoide, bei rheumatischen Erkrankungen.

Im Grunde genommen kommen Corticoide, beziehungsweise auch Corticosteroide genannt, bei primär entzündlichen Gelenkerkrankungen zum Einsatz. Beispielsweise ist Cortison bei rheumatischen Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis, Vasculitiden sowie Kollagenosen wie Polymyalgia rheumatica und Lupus erythematosus sehr wichtig. Unter dem Strich sind jedenfalls Cortison beziehungsweise Corticoide bei rheumatischen Erkrankungen potente entzündungshemmende Rheuma-Medikamente. Mediziner verordnen sie sehr häufig als ­erste therapeutische Wahl, um rasch die entzündliche Aktivität zu reduzieren. Allerdings bestehen aufgrund der Nebenwir­kungen auch heute noch Bedenken bei vielen Patienten. Übrigens verschreiben Ärzte die Corticoide oft auch bei entzündlichen Schüben von Osteoarthritis – Osteoarthrose, hier vor allem intraartikulär – sowie bei Gichtarthritis.



 

Wie kann der Arzt Bedenken gegen Corticoide begegnen?

Bedenken gegen Corticoide stammen aus der Anfangszeit des breiten Einsatzes von Kortison – der vor allem in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschah, wo teilweise zu hoch dosiert wurde. Dahingehend sind Bedenken auch berechtigt. Begegnen kann man diesen Bedenken nur durch eine eingehende Aufklärung der Patienten.

 

Potente antiinflammatorische Wirkung von Corticoide beziehungsweise Cortison bei rheumatischen Erkrankungen

Die antiinflammatorische Wirkung der Corticoide beruht prinzipiell auf mehreren Mechanismen. Die Wirkstoffe inhinbieren in aktivierten Makrophagen und anderen Entzündungszellen die sogenannte Cytokinsynthese – beispielsweise Interleukin-1 oder TNF-α.

Prinzipiell hemmen Corticoide auch die Bildung von Interleukin-2, wodurch die Aktivierung von T-Lymphozyten blockiert wird. Dazu trägt auch die durch Corticoide verminderte Expression von MHC-Molekülen bei. Durch Reduktion der Genexpression für Cyclooxygenase 2 (COX-2) wird die Bildung proinflammatorischer Prostaglandine reduziert, zusätzlich wird die Phospholipase A, das Schlüsselenzym des Arachidonsäurezyklus gehemmt. Außerdem hemmen Corticoide die induzierbare NO-Synthase und damit die Bildung von NO.

In vivo haben Corticosteroide eine ausgeprägte immunsuppressive Wirkung auf die zelluläre Immunität, während in therapeutischen Dosierungen die Antikörperbildung nur gering bis gar nicht beeinflusst wird. Welche Wirkung sich im Einzelnen für die Effektivität der Corticoide verantwortlich zeichnet, ist nicht gänzlich geklärt, möglicherweise ist es auch die Kombination der Mechanismen, welche die Effizienz der Corticosteroide ausmacht.

 

Problematik der Dosierungen bei Cortison bei rheumatischen Erkrankungen

­Die Dosierungen hängen sehr von der zu behandelnden Erkrankung ab. Schließlich kann man beispielsweise kann man bei der Rheumatoiden Arthritis etwa von Initialdosen zwischen 25 und 10mg Prednisolon-Äquivalent/Tag ausgehen. Dies gilt ebenso bei Polymyalgia rheumatica. Hingegen werden bei Riesenzellarteritis höhere Dosierungen verwendet, wie 1mg/kg KG.

Es ist allerdings festzuhalten, dass es keine Dosisfindungsstudien im engeren Sinne für Corticosteroide gibt. Prinzipiell sollten Patienten in der täglichen Dauertherapie der Rheumatoiden Arthritis nicht mehr als 7,5mg Prednisolon-Äquivalent einsetzen.

Wesentlich erscheint es, die individuelle niedrigst wirksame Dosis zu ermitteln. In jedem Falle sollte die Reduktion der täglichen Corticoide-Dosis ausgesprochen langsam durchgeführt werden.

 



 

Die Dosierung richtet sich immer nach der Krankheitsaktivität und natürlich dem Befinden der PatientInnen, das ja auch durch etwaige unerwünschte Wirkungen mitbestimmt wird. Für einige Erkrankungen gib es Aktivitäts-Scores, wie z.B. den DAS28 oder den CDAI für die Rheumatoide Arthritis, den PMR-AS für Polymyalgia rheumatica oder den ECLAM für Lupus erythematosus.

Diese zusammengesetzten Indizes ergeben eine Zahl als Ausdruck der Krankheitsaktivität und erlauben eine gute Orientierung. Sie können aber nicht die sorgfältige klinische Untersuchung der Patient­Innen ersetzen. Auch in Hinblick auf die häufigsten Nebenwirkungen, wie Blutdruckerhöhung, Verschlechterung einer diabetischen Stoffwechsellage oder Osteoporose­induktion, müssen im Laufe der Therapie Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden.

 

Corticoide, Cortison, bei Rheuma kombinieren

Bei Rheumatoider Arthritis werden Corticoide mit allen Basistherapeutika – auch Biologika –, vor allem zu Beginn einer Basistherapie im Sinne eines »bridgings« eingesetzt. Schließlich kombinieren die Rheuma-Patienten natürlich auch sehr oft die NSAR mit Cortison. Grundsätzlich sollte der Arzt dann immer einen Magenschutz dazu verschreiben.

Bei Polymyalgia rheumatica stellen Corticoide zumeist das einzige therapeutische Prinzip dar. Bei Kollagenosen und anderen Vasculitiden wird zumeist eine Kombinationstherapie mit immunsuppressiven Wirkstoffen durchgeführt.

Intraartikuläre Corticosteroide bei Osteoarthritis können auch im Rahmen einer Dauertherapie mit SYSADOA, aber nicht gleichzeitig mit intraartikulär applizierter Hyaluronsäure gegeben werden.

Weniger im Sinne einer Wirkungsverstärkung als im Sinne der Osteoporose-Prävention werden häufig gleichzeitig mit einer auf längere Zeit, wenn auch nur Wochen, ausgelegten Therapie mit Corticosteroiden Calcium und Vitamin D verordnet.

Bei entsprechender Konstellation werden auch Bisphosphonate, SERMs oder Strontium-Ranelat gleichzeitig zu einer Osteoporose-Therapie verordnet.




Literatur:

Sabrina Paolino, Maurizio Cutolo, Carmen Pizzorni. Glucocorticoid management in rheumatoid arthritis: morning or night low dose? Reumatologia. 2017; 55(4): 189–197.

Elaine M Dennison, Cyrus Cooper. Corticosteroids in rheumatoid arthritis. Effective anti-inflammatory agents but doubts about safety remain. BMJ. 1998 Mar 14; 316(7134): 789–790.

Bijlsma JW, Jacobs JW, Buttgereit F. Glucocorticoids in the treatment of rheumatoid arthritis. Clin Exp Rheumatol. 2015 Jul-Aug;33(4 Suppl 92):S34-6. Epub 2015 Oct 12.

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