Samstag, April 27, 2024

Nach dem Lockdown: Vorerst keine Häufung von Corona-Infektionen an Zürcher Schulen

In der ersten Testphase nach dem Lockdown vor den Sommerferien kam es an Zürcher Schulen zu keinen Häufungen von Corona-Infektionen.

Die Universität Zürich hat bei 2500 Zürcher Schulkindern getestet, ob sie sich zwischen dem Auftreten des neuen Coronavirus und Anfang Juni 2020 infiziert haben. Erste Resultate zeigen: In der ersten Testphase vor den Sommerferien kam es zu keinen Häufungen von Corona-Infektionen an Zürcher Schulen. Zudem wurden Kinder mit Corona-typischen Symptomen nicht häufiger positiv auf Antikörper getestet als Kinder ohne solche Symptome.

Die Studie der Universität Zürich stellt mittels Antikörperbestimmung nach der ersten Testphase von Mitte Juni bis Mitte Juli fest: 2,8 Prozent der 2500 getesteten Schülerinnen und Schüler weisen Antikörper gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 auf. Von 1000 Kindern sind im Durchschnitt nur 28 Kinder betroffen. Je nach Gemeinde und Schule bewegt sich die Zahl zwischen 1,0 und 4,5 Prozent. Damit war der Anteil Kinder mit einer durchgemachten Infektion ähnlich gross wie der Anteil bei den zufällig ausgewählten Erwachsenen derselben Region im Juli 2020. Die Forschenden stellen zudem keine Geschlechtsunterschiede fest: Mädchen und Jungen sind gleichermassen von Infektionen betroffen.

Auch hat sich gezeigt, dass Symptome bei Schulkindern keinen Hinweis auf eine Corona-Infektion geben. «73 Prozent der Schulkinder zeigten während der untersuchten Zeitspanne Corona-typische Symptome. Doch die negativ getesteten Kinder gaben ebenso oft solche Symptome an wie die positiv getesteten», sagt Susi Kriemler, Studienleiterin und Epidemiologin an der Universität Zürich.

 

Ansteckungen eher im familiären Umfeld

In dieser ersten Testphase lässt sich keine Häufung von SARS-CoV-2-seropositiven Fällen innerhalb der Schulen und Klassen feststellen. Auf hundert Klassen gab es 67 Klassen mit keiner einzigen Ansteckung, 29 mit einer Ansteckung, drei Klassen mit zwei Ansteckungen und eine Klasse mit drei Ansteckungen. Diese ersten Erkenntnisse unterstützen die bisherige Annahme, dass sich Kinder kaum in der Schule infizieren, sondern eher im privaten Umfeld, etwa in der Familie.

Milo Puhan, Initiator der Studie und Leiter des Institutes für Epidemiologie an der UZH, mahnt jedoch zur Vorsicht bei der Interpretation der Resultate: «Die Kinder gingen wegen des Lockdowns zwischen dem Auftreten des Coronavirus und der ersten Testphase nur relativ kurz, nämlich während zweier Monate, zur Schule. In dieser intensiven Phase waren sie dem Virus wohl eher in der Familie ausgesetzt. Für sichere Aussagen müssen wir die nächsten Testphasen abwarten.» Weitere Tests bei Kindern sind für Herbst 2020 und Frühling 2021 vorgesehen. Die Eltern und das Schulpersonal werden im Frühjahr 2021 nochmals untersucht. Alle diese Testphasen werden zeigen, ob und wie sich SARS-CoV-2 in Schule und Familie ausbreitet.

 

Jüngere Kinder sind genauso betroffen

Bei 6- bis 9-Jährigen war der Prozentsatz durchgemachter Corona-Infektionen ein bisschen höher als bei den 9- bis 13-jährigen beziehungsweise den 12- bis 16-jährigen Kindern in der Schule. Statistisch ist der Unterschied jedoch nicht signifikant. Bei den Schülerinnen und Schülern der ersten und zweiten Klasse liegt der Anteil im Durchschnitt bei 3,5 Prozent (je nach Schule zwischen 1,6 – 5,9 Prozent), in der vierten und fünften Klasse bei 2,5 Prozent (1,1 – 4,5 Prozent) und bei 1,5 Prozent (0,5 – 3,0 Prozent) in den Klassen sieben und acht. Studienleiterin Kriemler erklärt, dass insbesondere kleinere Kinder einen engen physischen Kontakt zu ihren Eltern und anderen nahestehenden Erwachsenen haben und sich dadurch entgegen der jetzigen Meinung genauso oft anstecken können.
«Ciao Corona»: Studie und Testablauf

Die Studie «Ciao Corona» der Universität Zürich erforscht mit einem Langzeit-Monitoring der Antikörper-Entwicklung, wie sich SARS-CoV-2 unter Schülerinnen und Schülern ausbreitet. Die Forschenden untersuchen, inwiefern Strukturen von Schulen und präventive Massnahmen die Verbreitung von Coronavirus-Infektionen beeinflussen. Und zwar ob nach einer Infektion ein Schutz vor einer erneuten Ansteckung besteht und, falls ja, wie lange dieser anhält. Sie erwarten neue Erkenntnisse über die Symptome der SARS-CoV-2-betroffenen Kinder sowie darüber, ob sich Schüler untereinander anstecken oder ob die Ansteckungswege eher über die Erwachsenen (Schulpersonal oder Eltern) laufen.

Bei den Tests werden Venenblut und/oder Speichel von über 2’500 Schulkindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 16 Jahren an 55 zufällig ausgewählten Schulen im Kanton Zürich in drei Phasen auf Antikörper getestet: Im Juni/Juli 2020, im Oktober/November 2020 und im März/April 2021. Via Online-Fragebogen beantworten die getesteten Personen zudem alle zwei Monate Fragen zu Symptomen, Gesundheitszustand, präventivem Verhalten, Lebensstil und Lebensqualität. Die Teilnahme ist freiwillig. Im Herbst 2020 und Frühjahr 2021 werden auch die Eltern der getesteten Kinder sowie das Schulpersonal der ausgewählten Schulen getestet. www.ciao-corona.ch

 

Corona Immunitas: Schweizweites Forschungsprogramm der Swiss School of Public Health

«Ciao Corona» ist Teil des schweizweiten Forschungsprogramms Corona Immunitas der Swiss School of Public Health (SSPH+). Corona Immunitas ist ein wissenschaftliches Programm zur Bestimmung der SARS-CoV-2-Immunität. Es liefert verlässliche epidemiologische Daten als Entscheidungsgrundlage für verhältnismässige und wirkungsvolle Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Und es leistet einen wichtigen Beitrag, weitere Ansteckungswellen und einen erneuten Lockdown zu verhindern.


Quelle: www.corona-immunitas.ch I  www.ssphplus.ch

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