Freitag, April 19, 2024

Clostridium ramosum: Darmbakterium könnte Übergewicht fördern

Durch das Darmbakterium Clostridium ramosum schütteten Mäuse mehr Serotonin aus, was die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) förderte.

Bekanntlich beeinflussen bestimmte Darmbakterien das Gewicht. Allerdings weiss man bislang kaum, wie dieser Effekt entsteht. Potsdamer Forscher vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) zeigten unlängst in der Fachzeitschrift Scientific Reports, dass Clostridium ramosum Einfluss auf die Darmzellen von Mäusen ausübt. Diese schütten in Folge vermehrt den Botenstoff Serotonin aus, wodurch das Serotonin die Fettaufnahme aus dem Darm begünstigt. Dadurch wachsen wiederum die Fettpolster schneller. Somit könnten Darmbakterien auch die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas, Fettleibigkeit, fördern.

 

Darmbakterium Clostridium ramosum

Clostridium ramosum ist zehn Mikrometer groß und somit rund 100 Mal kleiner als ein Sandkorn. Die sporenbildende Mikrobenart kommt verstärkt als Darmbakterium bei Menschen mit Übergewicht und Adipositas vor.

Unklar ist, ob die Betroffenen durch das Bakterium an Gewicht zunehmen. Im Tierversuch ist die Datenlage eindeutiger. „In früheren Studien mit Mäusen beobachteten wir, dass Clostridium ramosum Übergewicht fördert, indem es die Zahl der Fettsäuretransporter im Darm erhöht“, sagt Professor Michael Blaut, Leiter der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie am DIfE.

Dieser Spur gingen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun weiter nach. Dafür untersuchten sie Mäuse und Darm-Organoide. Darm-Organoide werden aus Stammzellen gewonnen und weisen ähnliche Eigenschaften wie normales Darmgewebe auf. Sie werden deshalb auch als „Mini-Därme“ bezeichnet.

Das Forscherteam beobachtete, dass Clostridium ramosum den Darm der Tiere dazu bringt, vermehrt enterochromaffine Zellen zu bilden. Diese spezialisierten Zellen produzieren den Botenstoff Serotonin. Somit kann das Bakterium die Konzentration von Serotonin im Darm erhöhen und die Anzahl der Fettsäuretransporter steigern. Eine mögliche Folge für Maus und Mensch: Übergewicht. „Die Studie zeigt einmal mehr, wie stark der Einfluss einer einzelnen Bakterienspezies im Darm sein kann“, betont Blaut.

 

Eine fettreiche Ernährung fördert das Wachstum von Clostridium ramosum

Insbesondere eine Ernährung mit viel Fett könnte problematisch sein. Denn Clostridium ramosum vermehrt sich gerade unter einer fettreichen Diät optimal. „Unsere Ergebnisse liefern einen wichtigen Hinweis auf das Zusammenspiel zwischen Ernährung, Stoffwechsel des Wirts und Darmbakterien“, sagt Dr. Ana Mandic, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung, die seit fast drei Jahren an dem Projekt arbeitet.

Im nächsten Schritt sei es wichtig zu prüfen, in welchem Maße Clostridium ramosum beim Menschen zu Übergewicht und Adipositas beiträgt. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, ob das Bakterium durch eine bestimmte Ernährung und andere Mikroorganismen ausgebremst werden könnte.


Literatur

Mandić AD,  Woting A, Jaenicke T, Sander A, Sabrowksi W, Rolle-Kampcyk U, v. Bergen M, Blaut M. Clostridium ramosum regulates enterochromaffin cell development and serotonin release. Scientific Reports (2019) 9:1177

Woting A, Pfeiffer N, Loh G, Klaus S, Blaut M. Clostridium ramosum promotes high-fat diet-induced obesity in gnotobiotic mouse models. mBio® 2014


Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) – www.dife.de 

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