Sonntag, März 17, 2024

Chronische Pankreatitis und chronische Pankreasinsuffizienz

Eine chronische Pankreatitis zeigt oft typische Symptome und strukturelle Veränderungen, die exokrine Pankreasinsuffizienz ist Teil des Krankheitsbildes.

Die Symptome einer chronischen exokrinen Pankreasinsuffizienz sind Teil des Krankheitsbildes einer chronische Pankreatitis. Für die Diagnose Chronische Pankreatitis muss zumindest ein typisches Symptom vorliegen. Und zwar Gewichtsverlust, Mal­nutrition, Bauchschmerzen oder Meteorismus sowie Durchfall, fettiger Stuhl und Diabetes mellitus. Zudem müssen sonographische oder radiologische Hinweise auf eine chronische Pankreatitis vorliegen. Beispielsweise sind das Verkalkungen, Gangdilatation oder Pseudozyste. Alternativ kann der Nachweis einer erniedrigten Konzentration von Chymotrypsin oder Elastase im Stuhl die Diagnose stützen.

Für das Erkennen von Komplikationen und zur Differentialdiagnose beispielsweise einem Karzinom sollte man eine ERCP (endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie), Endosonographie, CT oder Magnetresonanzuntersuchung (MRCP) durchführen. Bei Verdacht auf Vorliegen eines Karzinoms in einer dieser Methoden kann eine Tumormarkerbestimmung (CA 19-9, CEA) hilfreich sein.

Alternativer Diagnoseweg

Bei klinischem Verdacht, dass eine chronische Pankreatitis ohne die oben angeführten Diagnostik-Kriterien vorliegt, sollte eine Diagnose ex juvantibus einer chronischen Pankreasinsuffizienz nebst Probetherapie angestrebt werden.

  • Beispielsweise sollten zumindest 2 typische Symptome vorliegen. Und zwar im Zusammenhang mit Gewichtsverlust, Mangelernährung (Malnutrition), Bauchschmerzen und Blähungen (Meteorismus), Durchfall, fettiger Stuhl oder Diabetes mellitus.
  • Die Diagnose kann erfolgen in Verbindung mit einem anamnestischen Hinweis auf einen Zustand nach einer akuten Pankreatitis, oder nach einem endoskopisch-interventionellen oder einem operativen Eingriff am Pankreas oder an den Gallenwegen, Gallensteinerkrankung, regelmäßigem hohen Alkoholkonsum, Hypertriglyzeridämie oder Hyperkalzämie.
  • Die Diagnose ex juvantibus kann nach einer 8 Wochen langen Behandlung mit einer Tagesdosis von 100.000 Einheiten Lipase, aufgeteilt je nach Größe der Mahlzeiten, geschehen.
  • Schließlich beweist auch die Symptomkontrolle nach der erfolgreichen Behandlung der chronischen Pankreasinsuffizienz nach 8 Wochen dass eine chronische Pankreatitis vorliegt. Und zwar bei Besserung der subjektiven Symptome Gewichtszunahme, Abnahme des Durchfalls sowie auch einem verbesserten Ernährungszustandes.

Gummibauch – eines der typischen Symptome bei Pankreatitis

Der Gummibauch ist ein typisches Pankreatitis-Symptom: der Bauch reagiert beim händischen Abtasten wie ein Gummischlauch. © Drendan / shutterstock.com
Der Gummibauch ist ein typisches Pankreatitis-Symptom: der Bauch reagiert beim händischen Abtasten wie ein Gummischlauch. © Drendan / shutterstock.com

Der Gummibauch – beim Abtasten wie ein Gummischlauch – ist eines der wichtigen Symptome bei akuter und chronischer Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung). Mehr dazu unter https://medmix.at/gummibauch-symptom-pankreatitis/


Chronische exokrine Pankreasinsuffizienz und ihre Symptome

Untern dem Strich gehört die exokrine Pankreasinsuffizienz und ihre Symptome zum Krankheitsbild einer chronischen Pankreatitis. Typische Ursachen sind zuviel Alkohol und Nikotin, wobei aber nicht immer Beschwerden auftreten müssen. Im Grunde genommen kommt es zu einem Mangel an den Hormonen, die einerseits den Blutzuckerspiegel regulieren. Andererseits bildet der Körper bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz auch nicht mehr genügend Verdauungssekrete, was vor allem zu Problemen bei der Fettverdauung führt.

Eine schwere chronische Pankreasinsuffizienz verursacht jedenfalls immer Symptome, da beispielsweise die gestörte Aufschlüsselung der Nahrungsinhalte zu einem Mangel an Kalorien und damit zu Gewichtsverlust führt. Typische Symptome sind Meteorismus, Diarrhö, Steatorrhö und Gewichtsverlust. Die Folge sind also Blähungen, Völlegefühl und volumenreiche, gärende und stinkende Malabsorptionsstühle. Außerdem verursacht die gestörte Fettverdauung Mangelerscheinungen an fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K.

 

Chronische Pankreatitis therapieren

Die Zielparameter der Therapie der chronischen Pankreatitis und der chronischen Pankreasinsuffizienz sind neben der so weit als möglichen Beseitigung kausaler Faktoren (Gallenwegserkrankung, Alkoholabusus) die Wiederherstellung oder der Erhalt eines normalen Ernährungszustandes und die weitestgehende Reduktion der subjektiv als unangenehm empfundenen Symptome, wie beispielsweise die Schmerzen. Die analgetische Behandlung orientiert sich an der dreistufigen WHO-Empfehlung zur Schmerztherapie bei Karzinomschmerzen.

Die angemessene Schmerztherapie muss titriert werden, bis eine ausreichende Schmerzerleichterung erzielt wird. Wenn die Therapeutika der 1. Stufe (Nicht-opiode) nicht ausreichen, müssen Therapeutika der zweiten Stufe (leichte Opioide) hinzugegeben werden. Bei schweren Schmerzen müssen Opiate (3. Stufe) eingesetzt werden.

Adjuvante Medikamente wie trizyklische Antidepressiva, Antikonvulsiva und Steroide können unterstützend bei jeder Therapiestufe eingesetzt werden. Wenn zur ausreichenden Schmerztherapie der langfristige Einsatz von Opiaten der 3. Therapiestufe notwendig ist, muss als Alternative eine endoskopische oder chirurgische Intervention in Erwägung gezogen werden, bevor es zu einer Abhängigkeit kommt.

Die regelmäßige Einnahme von Analgetika sollte einer Bedarfstherapie vorgezogen werden, um eine ununterbrochene Analgesie zu gewährleisten. Eine Überbehandlung muss vermieden werden.

Atglistatin zur Behandlung von Fettleibigkeit und Stoffwechselstörungen

Hochdosierte Pankreasenzyme

Der Einsatz hochdosierter Pankreasenzyme reduziert die bei chronischer Pankreatitis auftretende Erhöhung des Cholezystokininspiegel, welche ihrerseits für eine Anregung der exokrinen Pankreassekretion verantwortlich ist. Dadurch kann es zu einer Schmerzlinderung kommen.

Da eine hochdosierte Enzymsubstitution keine wesentlichen Risiken birgt, sollte in jedem Falle eine 6- bis 8-wöchige Therapie zur Schmerzlinderung versucht werden.

 

Vorsicht Magen-Darm

Eine Hemmung der Magensäuresekretion mit Hilfe von Protonenpumpenhemmern erhöht den pH im Duodenum und kann dadurch den Anreiz für die exokrine Pankreas­sekretion herabsetzen. Chronische Pankreatitis erhöht das Risiko der Entwicklung eines Ulcus duodeni. Als Cotherapie bei NSAR Therapie sind PPIs bei diesen Patienten unverzichtbar.

 

Behandlung der Maldigestion

Alle Patienten, bei denen die chronische Pankreatitis Gewichtsverlust und Symptome der Steatorrhoe (Fettstuhl, abdominelle Krämpfe, Meteorismus) verursacht, müssen die Ernährung ändern und eine Enzymsubstitution bekommen. Allerdings kann es schon sehr frühzeitig zu einen Mikronährstoffmangel und einen Vitaminmangel kommen. Und zwar auch bei Patienten ohne offensichtliche Malabsorptionssymptome. Jedenfalls sollte man eine Enzymsubstitution bei erhöhtem Stuhlfettgehalt im Rahmen einer chronischen Pankreatitis, auch unabhängig von den Symptomen, durchführen.

 

Chronische Pankreatitis und Ernährung

Die in der Vergangenheit geübte strenge Fettrestriktion wird aufgrund der daraus resultierenden Nährstoffdefizite nicht mehr empfohlen.

Eine individualisierte Ernährung kann helfen, die subjektiven Symptome der Malabsorption, die die chronische Pankreatitis verursacht, zu verringern. Dazu gehören vor allem Bauchschmerzen, Blähungen sowie Übelkeit.

Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass es nicht in Folge des Ausschlusses verschiedener Nahrungsmittel, zu einer Reduktion der Kalorien- und Nährstoffzufuhr kommt. Auf eine ausreichende Zufuhr an essentiellen Fettsäuren (Linolsäure, Linolensäure) ist zu achten. Obwohl es keine spezielle Pankreasdiät gibt, soll sich der Patient möglichst kohlehydratreich ernähren.

Bei einer täglichen Gesamtkalorienzufuhr von 2.500-3.000 kcal sollte der Fettanteil bei etwa 70 bis 100g/d liegen. Eiweiß (60-120g/d) und Kohlehydrate (300-400g/d) kann man durch Medium Chain Triglyceride (MCT) ergänzen. MCT-Fette werden ohne Lipasewirkung über den Dünndarm resorbiert.

Man sollte jedenfalls die Nahrung möglichst auf mehrere kleine Mahlzeiten verteilen. Bei starkem Gewichtsverlust kann die Nahrung mit dem kalorienreichen Maltodextrin (100g = 380kcal) angereichert werden.

Bei Pankreasinsuffizienz ist die Aufnahme von Mineralstoffen oder Vitaminen indirekt gestört. Fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) lösen sich im Stuhlfett und gehen so vermehrt verloren. Auch kationische Mineralien, wie Calcium oder Magnesium können vermehrt verloren gehen wenn sie mit Fettsäuren, die durch die Lipolyse freigesetzt wurden, unlösliche Seifen bilden. Der wichtigste Therapieschritt ist die Verbesserung der Verdauung durch die Substitution von Pankreasenzymen.

Die zusätzliche Vitamin- oder Mineralzufuhr bringt erst dann etwas, wenn die Absorptionsfähigkeit wieder optimiert wurde.

Orale Enzymersatztherapie

Ziel der Enzymsubstitution ist eine ausreichende Lipaseak­tivität im Duodenum. Verwendet werden Enzympräparate, die Lipasen für die Fettverdauung, Amylasen für die Kohlenhy­drat­verdauung und Proteasen für die Eiweißverdauung enthalten. Die Präparate sind auf die Aktivität der Lipase standardisiert. Um eine effektive Vermischung mit dem Speisebrei zu gewährleisten, sollte die Enzymsubstitution gleichzeitig oder, bei höherem Substitutionsbedarf, fraktioniert mit der Nahrung erfolgen.

Die funktionelle Reserve des gesunden Pankreas ist so hoch, dass erst eine Reduktion der Enzymsekretion auf 10% zu einer klinisch erkennbaren exokrinen Pankreasinsuffizienz führt. Grundsätzlich unterstützen 2.000 Einheiten Lipaseaktivität im Duodenum pro Gramm zugeführtem Fett eine gut funktionierende Verdauung.

Da meist aber noch eine Restaktivität des Pankreas vorhanden ist, kommt man in frühen Krankheitsstadien in der Praxis häufig mit 20.000 bis 40.000 Einheiten pro Hauptmahlzeit und 5.000 bis 25.000 Einheiten pro Zwischenmahlzeit aus. Im Rahmen einer am klinischen Erfolg orientierten Dosistitrierung kann sich allerdings herausstellen, dass manche Patienten bis zu 80.000 Einheiten Lipase pro Hauptmahlzeit brauchen.

Die Enzymsubstitution pro Mahlzeit hat sich somit an der Fettzufuhr, sowie dem Ausmaß der Einschränkung der Pankreasfunktion zu orientieren. Dies gilt sowohl für Hauptmahlzeiten als auch für Zwischenmahlzeiten.

Faktoren, welche die Aktivität oral zugeführter Lipase im Duodenum beeinträchtigen können, sind die Empfindlichkeit von Lipase gegenüber Inaktivierung durch Säure oder proteolytischen Enzymen sowie eine mit der Entleerung der Nahrung aus dem Magen nicht koordinierte Entleerung der Lipase.

 

Modernen Darreichungsformen und Compliance

Bei den modernen Darreichungsformen nehmen die Patienten die Enzyme in Form von mit einem säureresistenten Überzug versehenen Granula ein. Ein Schlüsselfaktor in der Enzymtherapie ist die Compliance und das Therapieverständnis der Patienten. Schließlich sollten die Betroffenen den Zweck der Therapie grundlegend verstehen.

Im Rahmen der Aufklärung ist es sinnvoll, die Patienten darüber zu informieren, dass die Enzymsubstitution dazu dient, um für jene Menge an Fett, die zugeführt wird die Funktion der Bauchspeicheldrüse zu ergänzen oder ganz zu ersetzen.

 

Chirurgische Therapie

Eine Operation wird bei chronischer Pankreatitis notwendig, wenn der Verdacht auf das Vorliegen von Krebs anstatt einer chronischen Pankreatitis beziehungsweise Pankreasinsuffizienz besteht. Weiter sollte die chirurgische Therapie zum Einsatz kkommen, wenn eine symptomatische Duodenalstenose vorliegt, oder bei Abszessen und Zysten mit Sequester.

Zudem sollte ein Operation erfolgen bei primärem oder sekundärem Versagen der Endotherapie, wenn Gangdrainage, Steinentfernung oder Zystendrainage technisch erfolglos waren, sofern man mittels Drainage die Schmerzen nicht in den Griff bekommt. Zudem wenn nach der abgeschlossenen Endotherapie wie erneut Schmerzen auftreten.

Auch bei einem symptomatischen Rezidiv der Gallengangstenose nach endoskopischer Therapie macht eine chirurgische Therapie notwendig.

Operative resezierende Verfahren vertreiben übrigens bei neun von zehn Patientinnen und Patienten die Schmerzen. Bei der Drainage sind es hingegen nur 60 bis 80 %. Dennoch sollte man die Präferenz der Betroffenen für die jeweilige Behandlung berücksichtigen.


Literatur:

Tan C, Xiao Y, Huang X, Wu L, Huang Y. Alterations of Asymmetric Dimethylarginine (ADMA)-Containing Protein Profiles Associated with Chronic Pancreatitis Pathogenesis. J Inflamm Res. 2021 Dec 24;14:7381-7392. doi: 10.2147/JIR.S346575. PMID: 34992424; PMCID: PMC8714020.

Onecia Benjamin; Sarah L. Lappin. Pancreatitis, Chronic. StatPearls [Internet]. Last Update: June 26, 2020.

Rebelo A, Büdeyri I, Heckler M, et al. Systematic review and meta-analysis of contemporary pancreas surgery with arterial resection [published online ahead of print, 2020 Sep 7]. Langenbecks Arch Surg. 2020;10.1007/s00423-020-01972-2. doi:10.1007/s00423-020-01972-2

Julia Mayerle, Albrecht Hoffmeister, Jens Werner, Heiko Witt, Markus M Lerch, Joachim Mössner. Chronic Pancreatitis – Definition, Etiology, Investigation and treatment. Dtsch Arztebl Int. 2013 May; 110(22): 387–393.


Quelle:

Empfehlung zur Diagnosestellung und Therapie in der Praxis – Chronische Pankreatitis und Pankreasinsuffizienz. Univ.-Prof. Dr. Heinz Hammer. MEDMIX 6/2006.

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