Donnerstag, März 28, 2024

Chronisch venöse Insuffizienz: Therapie mittels Dreisäulenkonzept

Die Chronisch venöse Insuffizienz beeinträchtigt die Venen der Unterschenkel und Füße, die Therapie erfolgt mit Kompressionstherapie, Medikamente und chirurgisch.

Unter dem Strich sollten Ärzte Venenerkrankungen wie Krampfadern und die Chronisch venöse Insuffizienz keinesfalls bagatellisieren, denn ohne effektive Therapie kann ein verschlepptes Venenleiden über entzündliche Reaktionen zu massiven Beinödemen, Beingeschwüren sowie Thrombosen mit der konsekutiven Gefahr einer Lungenembolie führen.

Um die Jahrtausendwende wurde noch dogmenartig die Behandlungskaskade variköser Venen beschrieben. Radikaloperation – Minichirurgie – Sklerosierungstherapie – transdermaler Laser. Heute wird die Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) hingegen vor allem mit Endolaser und Schaumverödung behandelt. Die Euphorie um den transdermalen Laser hat allerdings sich gelegt. Schonende endoluminale Verfahren ersetzen zunehmend die sogenannte Radikaloperation mit Stripping der Stammvene.

 

Chronisch venöse Insuffizienz weit verbreitet

Allgemeine sind Chronische Venenerkrankungen weit verbreitete Erkrankungen, die sich mit zunehmendem Alter tendenziell verschlechtern. Die Patientinnen und Patienten suchen Hilfe gegen die Symptome wie Beinschmerzen, Beschwerden, Schweregefühl sowie Schwellungen. Alle diese Symptome belasten sehr die Lebensqualität.

Mit zunehmender Schwere der Erkrankung, einschließlich der Entstehung von Krampfadern, Hautveränderungen und venösen Geschwüren, steigt der Bedarf an Behandlungen, während die Lebensqualität weiter abnimmt.

Mit der Alterung der Weltbevölkerung wird die Prävalenz der Chronisch venösen Insuffizienz voraussichtlich erheblich zunehmen, was einen nicht nachhaltig starken Anstieg der Gesundheitsressourcen und Gesundheitskosten für die Therapie in den kommenden Jahrzehnten vermuten lässt.

Jedenfalls betrifft die Chronisch venöse Insuffizienz je nach Studie 40 bis 60% der westlichen Gesamtbevölkerung. Die Häufigkeit ist in westlichen Ländern am höchsten, dort ist jeder zweite Patient im Wartezimmer auch ein »Venenpatient«.

Im Grunde genommen sind Frauen sind häufiger von dieser Erkrankung betroffen (hormonelle Faktoren). Beziehungsweise suchen sie aus kosmetischen Gründen frühzeitiger einen Arzt auf. Dieser sollte die Erkrankung nicht bagatellisieren.

Ein verschlepptes Venenleiden kann über entzündliche Reaktionen zu massiven Beinödemen, Beingeschwüren und Thrombosen mit der konsekutiven Gefahr einer Lungenembolie führen. Eine wichtige Rolle könnte auch das Fibronektin spielen, das im Blut zirkuliert und von Zellen produziert wird.

 

Chronisch venöse Insuffizienz in der Arztpraxis

Wenn vom praktischen Arzt eine Chronisch venöse Insuffizienz vermutet wird, genügt vorerst eine einfache Anamnese und eine Untersuchung der Beine. Bei Beinödemen sollten kardiale, gynäkologische und andere Ursachen, bei Schmer­zen orthopädische und neurologische Ursachen ausgeschlossen werden. Müde, schwere teilweise juckende Beine weisen auf eine chronisch venöse Insuffizienz hin.

Welcher Grad auf eine Chronisch venöse Insuffizienz zutrifft. Ein Blick und ein Griff auf den Innenknöchel verraten ohne technischen Aufwand den Grad der Chronisch venösen Insuffizienz (I-III):

Erstens: Grad I: zarte Ödeme und zarte Besenreiser am Innenknöchel.

Zweitens: Grad II: Ausdehnung der Ödeme auf den gesamten Unterschenkel und ein vermehrter Hautglanz.

Drittens: Grad III: Manifestes Ulcus Cruris Venosum.

Chronisch venöse Insuffizienz

Erste Therapieschritte können schon jetzt auch vom »Nicht-Phlebologen« eingeleitet werden. Diese basieren auf den ersten zwei Säulen eines Drei-Säulen-Modells:

  • Kompressionstherapie
  • Pharmakotherapie
  • Operativ / interventionelle Therapie.

 

Mit der Kompressionstherapie behandeln

Der Kompressionstherapie eilt zu Unrecht ein schlechter Ruf voraus. Stütz- oder Kompressionsstrümpfe werden heutzu­tage aus modernen, farbfrohen weichen Materialien hergestellt. Ein Unterschenkelstrumpf erzielt 80% des Effektes eines Oberschenkelstrumpfes und ­viele Patienten sind dankbar, wenn sie sich einmal von dem angenehmen Stützeffekt überzeugen konnten.

 

Medikamentösen Therapie bei der Chronisch venösen Insuffizienz

Die medikamentöse Therapie bietet die ideale Ergänzung zur Linderung der Beschwerden der Chronisch venösen Insuffizienz. Dazu gibt es kontrollierte, prospektive Doppelblindstudien für Hydroxy­äthylrutoside aus dem japanischen Schnurbaum. Weiter belegen Diosmin aus Citrusschalen sowie Rosskastaniensamen belegen die ödemhemmende, gefäß­abdichtende Wirkung der Flavonoide. Und zwar wenn man solche natürlichen Präparate über mehrere Wochen in einer ausreichenden Dosierung einnimmt.

Ein weiterer bewährter Wirkstoff ist Oxerutin, der nicht nur gegen die Bildung von Ödemen wirkt. Die Substane erhöht auch den Venentonus sowie die venöse Wiederauffüllzeit erhöht und verbessert außerdem die Mikrozirkulation.

Die Behandlung mit Sulodexid hat ebenfalls Vorteile bei der Heilung von Venengeschwüren gezeigt. Auch Calciumdobesilat zeigt eine günstige Wirkung. Schließlich können auch Rutoside das Ödem und das Beinvolumen signifikant senken. Sie verringern auch die Schmerzen im Unterschenkel und wirken Beinkrämpfen sowie Juckreiz entgegen.

Jedenfalls bringen Wirkstoffe, die Venen und Gefäße unterstützen, signifikante Vorteile im Zusammenhang mit Ödemen, Beinvolumen sowie gegen die Schmerzen im unteren Beinbereich.

 

Weiter diagnostizieren

Vor allem bei sicht- und tast­baren Varizen sollte der Arzt weitere diagnostische Methoden einleiten. Weltweit Standard ist hier die Farbduplexsonographie. Bei dieser schmerzlosen und nicht invasiven Untersuchung wird mittels Farb­ultraschall das Venensystem untersucht gleichzeitig können markante Punkte wie Durchtrittsvenen markiert werden (Mapping).

In der Hand des geübten Praktikers kann aber auch schon ein Handdopplergerät Aufschluss über die Funktionstüchtigkeit der Venenklappen geben. Für gezieltere Fragestellungen existieren weitere Untersuchungen wie die Phlebografie, die Lichtreflexionsrheographie und die dynamische Dopplerdruckmessung.

 

Operativ-interventionelle Säule

Hier geht der Trend in Richtung minimal-invasiv. Endoluminale Verfahren wie Schaumverödung, Radiowellentherapie, Endolaser lösen zunehmend die klassischen Strippingoperation mit Leistenschnitt ab. Zukunftsweisend scheint hier die Endolasertherapie zu sein.

Ultraschallgezielt erfolgt eine Punktion der Stammvene. Mittels Seldingertechnik wird über einen Angiografiekatheter eine Lasersonde in die Stammvene eingebracht. Die abgegebene Laserenergie führt über einen Hitzeeffekt zu einer Schrumpfung der Venenwand.

Wobei es in weiterer Folge zu einer Resorption der krankhaften Vene kommt. Schließlich zeigten verschiedene Langzeitergebnisse vielversprechende Resultate. Und zwar insbesondere mit dem Laser mit einer Wellenlänge von 1320 Nanometer.

Die Rekanalisationsrate liegt um die 3%. Dies ist ein sehr befriedigendes Resultat. Denn man kann den Lasereingriff in der Ordination mit lokaler Betäubung durchführen. Es entfallen Lymphgefäß verletzende Leistenschnitte sowie die Bildung von Rezidivarizen aus der Leiste.

Im Bereich der Chirurgie variköser Seitenästen hat sich die Miniphlebektomie etabliert: über kleine Schnittchen von zwei bis fünf Millimeter werden die Venenanteile mittels »Häkchenmethode« gewebeschonend entfernt, die punktförmigen Inzisionen verblassen innerhalb einiger Monate.

Eine Renaissance erlebt derzeit die Verödungstherapie: ein Schaum wird duplexgezielt, bei zarten retikulären Venen mithilfe eines Auflichtes (Veinlite) in die Vene eingebracht.

Der Schaum vervielfacht die Benetzungsfläche, dadurch kommt es quasi zu einem »Turboeffekt«. Zarte Besenreiser werden jedenfalls weiterhin mittels klassischer Sklerotherapie verödet. Hingegen behandelt man zarteste Venengeflechte mittels eines transdermalen Lasers.

Weitere Methoden wie beispielsweise die endoskopische Perforansvenenligatur oder die transluminierte Miniphlebektomie ergänzen das therapeutische Spektrum. Welche Methode angewandt wird oder welche Methode mit welcher kombiniert wird, sollte eine individuelle Entscheidung nach präziser Diagnostik sein. Die gilt auch für die Anästhesieform wie Allgemeinarkose, Spinalanästhesie, Tumeszenzanästhesie sowie Lokalanästhesie, die man einsetzt.

 

Zusammenfassung

Schließlich muss der Spezialist immer wieder die Patientinnen und Patienten darauf hinweisen, dass sie die chronisch venöse Insuffizienz ernst nehmen müssen. Denn das individuelle Leid kann durch die Chronisch venösen Insuffizienz groß sein, wenn keine frühzeitige Therapie erfolgt. Auch der volkswirtschaftliche Schaden kann dann enorm sein.

Im Grunde genommen helfen auch eine rechtzeitige Vorsorge, eine Minimierung der Risikofaktoren sowie der frühe Beginn mit einer moderaten Kompressionstherapie. In Kombination mit einer regelmäßigen medikamentösen Therapie kann die Kombination von Maßnahmen schließlich der Entwicklung und der Entstehung unschöner Krampfadern sowie einer Chronisch venösen Insuffizienz entgegenwirken.


Literatur:

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Armando Mansilha, Joel Sousa. Pathophysiological Mechanisms of Chronic Venous Disease and Implications for Venoactive Drug Therapy. Int J Mol Sci. 2018 Jun; 19(6): 1669. Published online 2018 Jun 5. doi: 10.3390/ijms19061669

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Quellen:

Rainer Muller. Die Therapie der Chronisch venösen Insuffizienz. MEDMIX online 2018

Dr. Alexander Flor. Chronisch venöse Insuffizienz mit einem Dreisäulenkonzept behandeln. MEDMIX 7-8/2005

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