Donnerstag, März 28, 2024

Chandipura-Virus – selten aber gefährlich

Das Chandipura-Virus kann eine grippeartige Erkrankung – das grippeähnliche Chandipura-Fieber – und in seltenen Fällen Hirnhautentzündung auslösen.

Das Chandipura-Virus (CHPV) ist ein neu auftretender Erreger, der für das akute enzephalitische Syndrom (AES) in der pädiatrischen Bevölkerung in Indien verantwortlich ist. Seit dem Jahr 2003 wurden mehrere Chandipura-Virus-Ausbrüche aus verschiedenen Bundesstaaten Indiens gemeldet. Seitdem trägt es in Indien zur steigenden Zahl vorzeitiger Todesfälle aufgrund des akuten Enzephalitis-Syndroms bei. Derzeit sind keine Impfstoffe oder therapeutischen Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit verfügbar.

Übrigens werden Bisse von Sandmücken, die in Risse der Wände oder Teilen von Häusern aus Sand oder Schlamm hausen, für die Chandipura-Virus-Erkrankung verantwortlich gemacht.

 

Erster Chandipura-Virus-Ausbruch

In der Fachzeitung »The Lancet« wurde im Herbst des Jahres 2004 über Details eines Ausbruchs von Fällen akuter Enzephalitis bei Kindern im Südosten Indiens berichtet, die damals für Aufsehen und Verwirrung gesorgt (Rao et al., »The Lancet«, vol. 364, 869–874, 2004). Diese Epidemie begann im Juni 2003, dauerte knapp vier Monate und betraf 329 Kinder im Alter von 9 Monaten bis 14 Jahren. Davon verstarben schließlich 183 der jungen Patienten. Der übliche Verdächtige, nämlich das Japanische Enzephalitis-Virus, konnte bald als Ursache ausgeschlossen werden. Der mysteriöse Erreger war bald identifiziert. Es war das Chandipura-Virus, das eine grippeartige Erkrankung und in seltenen Fällen Hirnhautentzündung auslösen kann. Es war damals das erste Mal, dass Menschen am Chandipura-Virus gestorben waren.

 

Chandipura-Virus als so genanntes Rhabdovirus mit dem Tollwuterreger verwandt

Das Chandipura-Virus gehört zur Familie der Rhabdoviridae und ist ein (etwas entfernter) Verwandter des Tollwut-Virus. Es wird genauso wie das Pappataci-Fieber – der Erreger gehört zur Gruppe der Bunya-Viren – durch Sandmücken übertragen. Wobei das Chandipura-Virus verschiedenste Säugetiere infizieren kann und mittlerweile nicht nur in Indien sondern auch in Afrika isoliert wurde.

Mit etablierten spezifischen virologischen Tests stehen jene Mittel zur Verfügung, die zur Erfassung des wahren Ausmaßes der Verbreitung des Chandipura-Virus und seiner Bedeutung als Krankheitserreger beim Menschen erforderlich sind. Neben den allseits bekannten Beispielen von HIV, SARS, West Nil, Nipah etc. handelt es sich auch hier um ein – vorläufig noch etwas stilleres – Beispiel für ein so genanntes »emerging virus«. Also einen Erreger, der durch bestimmte Veränderungen in seinem Ökosystem eine neue Bedeutung erlangt, oder dessen Bedeutung erst durch die Verfügbarkeit neuer Testsysteme in seinem vollen Ausmaß erfasst wird.

Ein anderer aufgezeichneter Ausbruch im indischen Gujarat und Panchmahal kosteten im Jahr 2010 17 Personen das Leben. Die Neuropathogenese bei Chandipura-Virus-Infektionen ist gut etabliert, aber der genaue Eintrittsweg des Virus in das Zentralnervensystem (ZNS) und der auslösende Faktor für den neuronalen Tod sind noch unbekannt.


Literatur:

Kavathekar VK, Dhanavade MJ, Sonawane KD, Balakrishnan A. Role of cell surface vimentin in Chandipura virus replication in Neuro-2a cells. Virus Res. 2020 Aug;285:198014. doi: 10.1016/j.virusres.2020.198014. Epub 2020 May 8. PMID: 32418904; PMCID: PMC7270567.

Rao BL, Basu A, Wairagkar NS, Gore MM, Arankalle VA, Thakare JP, Jadi RS, Rao KA, Mishra AC. A large outbreak of acute encephalitis with high fatality rate in children in Andhra Pradesh, India, in 2003, associated with Chandipura virus. Lancet. 2004 Sep 4-10;364(9437):869-74. doi: 10.1016/S0140-6736(04)16982-1. PMID: 15351194; PMCID: PMC7137741.


Quellen:

Das Chandipura-Virus. MEDMIX 06/2004

Virusepidemiologische Information Nr. 19/04

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