Freitag, April 19, 2024

Cannabis sativa, Hanf, enthält sehr viele Inhaltsstoffe

Cannabis sativa – der Hanf – enthält mehr als 100 Cannabinoide, insgesamt sind etwa 500 verschiedene Inhaltsstoffe bekannt.

Die Arzneipflanze des Jahres 2018, Cannabis sativa, Hanf, enthält in den weiblichen Blüten mehr als 100 Cannabinoide (Terpenphenole), welche bisher nur in Cannabis gefunden wurden. Daneben findet man in Cannabis sativa auch noch ätherisches Öl, sowie Flavonoide, Zucker – insgesamt sind bereits etwa 500 verschiedene Hanf-Inhaltsstoffe bekannt.

Das am besten untersuchte Cannabinoid ist Delta9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC). Dieser wichtigste psychoaktive Wirkstoff in Cannabis wurde 1964 von Yehiel Gaoni und Raphael Mechoulam am Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel entdeckt. Für Cannabidiol (CBD), ein nicht psychoaktives Cannabinoid, wurden u.a. entzündungshemmende, anti-psychotische und anti-konvulsive Wirkungen nachgewiesen.

THC und Cannabidiol besitzen ein unterschiedliches Wirkspektrum und sind daher auch für unterschiedliche medizinische Einsatzgebiete geeignet. Die wichtigsten pharmakologischen Effekte von THC und Cannabidiol sind in der Tabelle aufgelistet.

 

Variable Qualität der getrockneten Hanf-Pflanze

Die Zusammensetzung der Cannabis-Pflanze unterliegt großen Schwankungen, daher ist auch die Qualität hochvariabel. Tetrahydrocannabinol liegt in der Cannabis-Pflanze überwiegend als THC-Säure (THCA), einer Vorläufersubstanz von THC vor.

THCA findet sich in unterschiedlichen Mengen in frischem, ungetrocknetem Cannabis und wird während des Trocknungsprozesses teilweise zu THC dekarboxyliert, insbesondere bei starker Hitze, beispielsweise beim Rauchen oder bei der Herstellung von essbaren Cannabis-Produkten.

Daraus ergeben sich für Patienten Probleme bei der Dosierung. Dies ist insbesondere in Deutschland relevant, wo getrocknetes Cannabiskraut auch in der Apotheke bezogen werden kann. Die empfohlene Dosierung laut deutschem Arzneimittel-Codex (DAC) beträgt zweimal täglich 5-10 mg THC. 5 mg THC entsprechen beispielsweise bei einer THC-reichen Sorte (etwa 22 % THC) 22,7 mg der getrockneten Pflanze, bei einer THC-armen Sorte (etwa 6,3 % THC) jedoch 79,4 mg der getrockneten Hanf-Pflanze.

Aus diesen Gründen sind Zubereitungen der Reinsubstanzen der Vorzug zu geben, weil nur damit eine genaue Dosierung und eine rationale Arzneimitteltherapie möglich ist.

 

Endocannabinoid-System

In den 1990er-Jahren entdeckten Wissenschaftler im menschlichen Nervensystem spezielle Rezeptoren, an die THC bindet, die Cannabinoid-Rezeptoren. In der Folge fanden Mechoulam und sein Forschungsteam körpereigene, „endogene“ Liganden:

  • Anandamid (Arachidonoylethanolamid, AEA), angelehnt an den Begriff aus dem indischen Sanskrit „ananda“ für Glückseligkeit, und
  • 2-Arachidonoylglycerol (2-AG).

Die Entdeckung war der Startschuss für die bis heute anhaltende Erforschung des Endocannabinoid-Systems.

Das Endocannabinoid-System ist ein körpereigenes Regulationssystem, das neben der Funktion im Zentralnervensystem auch an der Steuerung des Immunsystems und des apoptotischen Zelltods beteiligt ist. Die Endocannabinoide Anandamid und 2-AG sind volle Agonisten an den Rezeptoren CB1 und CB2, während der Cannabis-Inhaltsstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol ein partieller Agonist an beiden Rezeptortypen ist.

Zwei Rezeptortypen – CB1 und CB2

  • CB1-Rezeptoren finden sich hauptsächlich auf Nervenzellen (Kleinhirn, Hippocampus), aber auch im Darm. Sie spielen im Hypothalamus für die Appetitregulierung eine Rolle, in der Amygdala für Gedächtnisleistung und emotionale Verarbeitung sowie in Nervenenden für die Schmerzempfindung eine Rolle.
  • CB2-Rezeptoren sind v.a. auf Zellen des Immunsystems (z.B. Mastzellen) und in der Peripherie lokalisiert.

Tierexperimentelle Studien haben vielversprechende Ergebnisse bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen des ZNS und des Magen-Darm-Traktes sowie in der Therapie von Gliomen geliefert. Daher besteht die Hoffnung, dass spezifische CB1- oder CB2-Rezeptoragonisten oder -antagonisten ganz neue therapeutische Perspektiven eröffnen.


Literatur:

Anisha R. Turner; Suneil Agrawal. Marijuana. StatPearls [Internet]. Last Update: October 9, 2019.

ElSohly MA, Radwan MM, Gul W, Chandra S, Galal A. Phytochemistry of Cannabis sativa L. Prog Chem Org Nat Prod. 2017;103:1-36. doi: 10.1007/978-3-319-45541-9_1.


Quelle:

Statement » Cannabis sativa: Inhaltsstoffe und pharmakologische Wirkung « von Univ.-Prof. Dr. Rudolf Bauer, Vizepräsident der HMPPA, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Karl-Franzens-Universität Graz.

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