Sonntag, März 17, 2024

Cannabis gegen Schmerzen bei Rheuma im Fokus

Der Einsatz von Cannabis gegen chronische Schmerzen bei Rheuma wird intensiv diskutiert, Experten warnen aber vor der Selbstmedikation.

Viele Erwachsene mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen leiden unter anhaltenden Schmerzen. Derzeit wird viel über den therapeutischen Nutzen von Cannabis intensiv diskutiert. Allerdings fehlen für die Behandlung gegen chronische Schmerzen bei Rheuma-Erkrankungen mit künstlich hergestellten Cannabis jedoch bislang aussagekräftige Studien. Dementsprechend wurde unlängst der Einsatz von Cannabis gegen Schmerzen bei Rheuma in einer Metaanalyse untersucht. Es ergaben sich nur geringe positive Effekte, aber auch bedenkliche Nebenwirkungen. Derzeit untersuchen dänische Forscher die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabidiol zur Behandlung chronischer Schmerzen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis oder Spondylitis ankylosans.

 

Gegen die Schmerzen und zur Entzündungshemmung

Im Grunde genommen ist Cannabis sativa, so der lateinische Name der Hanfpflanze, eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Lange schon gibt es Anzeichen für ihre medizinische Wirksamkeit, um Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu hemmen. Dass Cannabisprodukte bei einigen Erkrankungen einen positiven Effekt haben, konnten in den vergangenen Jahren auch zahlreiche klinische Studien zeigen.

Die Datenlage zu Cannabis gegen Schmerzen bei Rheuma-Erkrankungen ist sehr spärlich.

So können beispielsweise bei Tumorpatienten Cannabinoide während der Chemotherapie den Appetit anregen. Und zugleich kann Cannabis Übelkeit und Erbrechen eindämmen. Zudem können Cannabinoide auch helfen, schmerzhafte Muskelverspannungen bei Patienten mit Multipler Sklerose zu unterdrücken. Einige chronische Schmerzpatienten (auch mit Rheuma) berichteten zudem über gute Erfahrungen mit Cannabis gegen Schmerzen.

 

Cannabis bei Rheuma in der Literatur

Jedenfalls haben Wissenschaftler unlängst eine Literatursuche zu Cannabis gegen Schmerzen, speziell auch bei Rheuma-Patienten, durchgeführt. Sie wollten herausfinden, bei welchen rheumatischen Erkrankungen, die chronische Schmerzen verursachen, Cannabis wirkt. Zudem wollten sie wissen, ob der Medizinalhanf verträglich und sicher ist.

Die Forscher haben jedenfalls darauf geachtet, dass nur Studien in die Metaanalyse eingeschlossen wurden, die aussagekräftig genug waren. Das waren dann eben randomisierte doppelblinde Studien.

Das heißt, dass das Cannabisprodukt mit Placebo verglichen wurde. Und weiter wussten weder Arzt noch Patient, welches von beiden jeweils im Einsatz war. Bei der Sichtung der Studien stellten die Forscher schnell fest, dass die Datenlage zu Rheumaerkrankungen und Cannabis spärlich ist.

Beispielsweise fanden die Forscher zwei Studien über die Dauer von zwei beziehungsweise sechs Wochen mit 71 Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom. Weiter war eine vierwöchige Studie mit 30 Patienten mit Rückenschmerzen relevant. Schließlich kam auch eine fünfwöchige Studie mit Tetrahydrocannabinol/Cannabidiol mit 58 Patienten mit rheumatoider Arthritis in die Analyse.

 

Keine bessere Wirksamkeit

Die ausgewählten Studien zeigten keine bessere Wirksamkeit der untersuchten synthetischen Cannabisprodukte gegenüber Kontrollsubstanzen wie Placebo bzw. einem schmerzlindernden Antidepressivum. Die Patienten berichteten, die Cannabisprodukte trotz einiger unangenehmer Nebenwirkungen wie beispielsweise Konzentrationsstörungen, Sedierungen oder Müdigkeit gut vertragen zu haben.

 

Keine Empfehlung aufgrund der schwachen Datenlage

Zu Cannabis gegen Schmerzen bei Rheuma geben die Forscher aufgrund der schwachen Datenlage deshalb keine Empfehlung ab. Das schließt jedoch nicht aus, dass Ärzte ihre Patienten, die als austherapiert gelten, mit Cannabinoide behandeln.

Im Grunde genommen sollte man Schmerzpatienten die Therapie mit Cannabinoiden nicht vorenthalten. Allerdings fordern Experten dazu auch weitere Studien. Hingegen riskieren Patienten, die sich mit Medizinalhanf oder Cannabis aus Eigenanbau selbst behandeln, doch belastende Nebenwirkungen.

Schließlich ist eine große RCT-Studie mit Tetrahydrocannabinol (THC) zur Behandlung chronischer Schmerzen bei Rheumatoider Arthritis und Morbus Bechterew noch nicht abgeschlossen. Wobei die Ergebnisse auch im Zusammenhang mit Schmerzen und Müdigkeit, Fatigue, im Fokus stehen. Das Design ist innovativ, da bei Nicht-Respondern mit Cannabidiol (CBD) nach 12 Wochen THC zur Behandlung hinzugefügt wird.


Literatur:

Pope JE. Management of Fatigue in Rheumatoid Arthritis. RMD Open. 2020 May;6(1):e001084. doi: 10.1136/rmdopen-2019-001084. PMID: 32385141; PMCID: PMC7299512.

Oliver Hendricks, Tonny Elmose Andersen, Afshin Ashouri Christiansen, Jette Primdahl, Ellen Margrethe Hauge. Torkell Ellingsen, Tina Ingrid Horsted, Anja Godske Bachmann, Anne Gitte Loft, Anders Bo Bojesen, Mikkel Østergaard. Merete Lund Hetland, Niels Steen Krogh, Kirsten Kaya Roessler, Kim Hørslev Petersen. Efficacy and safety of cannabidiol followed by an open label add-on of tetrahydrocannabinol for the treatment of chronic pain in patients with rheumatoid arthritis or ankylosing spondylitis. Protocol for a multicentre, randomised, placebo-controlled study. BMJ Open. 2019; 9(6): e028197. Published online 2019 Jun 4. doi: 10.1136/bmjopen-2018-028197.

Fitzcharles M.-A., Ste-Marie P. A., Häuser, W. et al. Efficacy, tolerability and safety of Cannabinoid Treatments in the Rheumatic Diseases. A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. Arthritis Care & Research, 2015


Quelle: PD Dr. med. Winfrid Häuser, Redemanuskript, Pressekonferenz Deutscher Schmerzkongress 2015

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