Dienstag, April 23, 2024

Bluthochdruck bei Frauen sollte man nicht unterschätzen

Bluthochdruck bei Frauen wird oft gar nicht in Betracht gezogen oder zu spät erkannt, obwohl sie mit steigendem Alter stärker gefährdet sind als Männer.

Im Grunde genommen galten früher Bluthochdruck und Herzinfarkt als typisch männliche Leiden. Der Patient – so das landläufige Bild – hat sich seinen Hochdruck durch beruflichen Stress quasi „erarbeitet“. Und dann hat Mann durch Alkohol und Nikotin noch eine Verschlechterung gefördert. Hingegen haben viel Ärzte Bluthochdruck bei Frauen oft gar nicht in Erwägung gezogen oder zu spät erkannt. Dabei sind Frauen mit steigendem Alter sogar stärker gefährdet als Männer.

 

65 plus: Bluthochdruck bei Frauen häufiger als bei Männern

Unter dem Strich wird ab einem Alter von 65 Jahren Bluthochdruck bei Frauen sogar häufiger diagnostiziert als bei Männern. Mittlerweile sind sogar einige Risikofaktoren bekannt, die als typisch weiblich gelten müssen. So steigt beispielsweise das Risiko für Bluthochdruck auf das Zwei- bis Dreifache an, wenn Frauen die Pille einnehmen und zusätzlich beispielsweise übergewichtig sind.

Außerdem erhöhen eine Schwangerschaftshypertonie sowie eine Präklampsie das Risiko, binnen zehn Jahren einen manifesten Bluthochdruck zu entwickeln. Diese betroffenen Frauen muss man jedenfalls dringend als Risikogruppe wahrnehmen. Hierzu können das Aufklärungskampagnen gezielt ansprechen werden. Daraufhin solllten Frauen an Untersuchungen zur kardiovaskulären Risikoeinschätzung teilnehmen.

Ein Grund dafür, dass Frauen lange Zeit als Zielgruppe vernachlässigt wurden, ist der durch weibliche Östrogene vermittelte Schutz der Gefäße. Denn in mittleren Jahren ist Bluthochdruck bei Frauen deswegen tatsächlich seltener als Hypertonie bei Männer. Doch man sollte die hormonelle Schutzwirkung nicht überschätzen. Denn 77 Prozent der Hypertonie-Patientinnen die Menopause bereits hinter sich. Dementsprechend bedeutet das zugleich, dass 23 Prozent noch vor der Menopause betroffen sind.

 

Berliner BEFRI-Studie

Für die rezente BEFRI-Studie haben Forschende über 1000 Berliner Frauen zwischen 25 und 75 Jahren befragt und untersucht. Dabei zeigte sich, dass 45 Prozent der weiblichen Allgemeinbevölkerung Störungen der arteriellen Gefäßfunktion aufweisen. Zudem ist auch eine erhöhte Steifigkeit der Gefäßwände häufig. Solche Veränderungen können einer Hypertonie um Jahre vorausgehen und bleiben oft unentdeckt.

Die Störungen sind jedenfalls oft noch reversibel. Deswegen können gesundheitsfördernde Maßnahmen sehr gut greifen. Dazu zählten die Forscher etwa ein Rauchstopp, ausreichend Bewegung sowie die Vermeidung von Übergewicht. Außerdem sollte man eine salzarme Ernährung vermeiden. Dementsprechend nach Empfehlung der DHL 5-6 g Kochsalz pro Tag.

Heute stehen jedenfalls mit der Messung des sogenannten Augmentationsindex und der Pulswellengeschwindigkeit Methoden zur Verfügung, die die Elastizität der Gefäßwand bereits früh diagnostizieren können. Eine solche Untersuchung sollte man Männern und Frauen bereits ab 40 Jahren anbieten, wenn zusätzliche Risikofaktoren bestehen.

 

Fazit

Im Grunde genommen leben Frauen jedenfalls im Durchschnitt länger als Männer. Allerdings ist deshalb auch die Phase der Folgekrankheiten auf die Lebenszeit gesehen bei Frauen meistens länger als bei Männern. Das bedeutet wiederum aus gendermedizinischer Sicht, dass neben den berechtigten „harten Endpunkten“ wie dem kardiovaskulären Tod oder der Gesamtmortalität auch die Lebensqualität als ein weiterer Endpunkt in den Studien seine Berechtigung hat. Dies sollte man in Zukunft stärker als Outcome Variable mit berücksichtigen. Dementsprechend sind Einschränkungen der Lebensqualität stärker zu berücksichtigen. Schließlich wäre das ein wichtiger Schritt hin zur Entwicklung einer adäquaten Therapie für Männer und Frauen.


Literatur:

Oertelt-Prigione S, Seeland U, Kendel F, Rücke M, Flöel A, Gaissmaier W, Heim C, Schnabel R, Stangl V, Regitz-Zagrosek V. Cardiovascular risk factor distribution and subjective risk estimation in urban women–the BEFRI study. A randomized cross-sectional study. BMC Med. 2015 Mar 16;13:52. doi: 10.1186/s12916-015-0304-9. PMID: 25857677; PMCID: PMC4373038.

Lee MT, Mahtta D, Ramsey DJ, Liu J, Misra A, Nasir K, Samad Z, Itchhaporia D, Khan SU, Schofield RS, Ballantyne CM, Petersen LA, Virani SS. Sex-Related Disparities in Cardiovascular Health Care Among Patients With Premature Atherosclerotic Cardiovascular Disease. JAMA Cardiol. 2021 Jul 1;6(7):782-790. doi: 10.1001/jamacardio.2021.0683. PMID: 33881448; PMCID: PMC8060887.

Saeed A, Kampangkaew J, Nambi V. Prevention of Cardiovascular Disease in Women. Methodist Debakey Cardiovasc J. 2017 Oct-Dec;13(4):185-192. doi: 10.14797/mdcj-13-4-185. PMID: 29744010; PMCID: PMC5935277.

Seeland U, Brecht A, Nauman AT, Oertelt-Prigione S, Ruecke M, Knebel F, Stangl V, Regitz-Zagrosek V. Prevalence of arterial stiffness and the risk of myocardial diastolic dysfunction in women. Biosci Rep. 2016 Oct 27;36(5):e00400. doi: 10.1042/BSR20160276. PMID: 27653526; PMCID: PMC5091468.


Quelle:

Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL® https://www.hochdruckliga.de/

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