Bluter – Patienten mit Bluterkrankheit (Hämophilie A) – bekommen als Behandlung den fehlenden Blutgerinnungsfaktor VIII intravenös. Doch das hilft nicht immer.
Im Grunde genommen ist die Behandlung der Bluter mit der intravenösen Gabe des fehlende Blutgerinnungsfaktor VIII effektiv und gut etabliert gegen die Bluterkrankheit. Manche Bluter entwickeln aber Antikörper (Inhibitoren) gegen Faktor VIII. Was im schlimmsten Fall zu unkontrollierbaren Blutungen führen kann. Forscher konnten dazu unlängst nachweisen, dass es nur in Gegenwart von Gefahrensignalen zu den unerwünschten Immunreaktionen kommt. Vor allem Gedächtnis-T-Zellen werden in der Folge über ein Antigen-Prozessierungsverfahren aktiviert.
Hämophilie A
Die Hämophilie A (Bluterkrankheit) ist die häufigste vererbbare Blutgerinnungsstörung. Sie wird durch verschiedene Mutationen im sogenannten Faktor VIII (F8)-Gen verursacht. Abhängig von der Art der Mutation wird der Gerinnungsfaktor VIII in nicht ausreichender Menge und Funktion gebildet oder er fehlt völlig.
Der fehlende Gerinnungsfaktor wird durch intravenöse Gabe von sogenannten Faktor-VIII-Konzentraten ersetzt. Allerdings entwickelt rund ein Viertel der behandelten Bluter mit schwerer Hämophilie Antikörper (Inhibitoren) gegen Faktor VIII – der Körper behandelt den Gerinnungsfaktor wie einen Fremdkörper und inaktiviert ihn mit seinem Immunsystem.
Entdeckung der Blutgruppen durch Nobelpreis-Träger Karl Landsteiner
Das AB0- und das Rhesus-System sind die wichtigsten Blutgruppen-Eigenschaften für Bluttransfusionen, die beide von Professor Karl Landsteiner entdeckt wurden. Mehr dazu unter https://medmix.at/entdeckung-der-blutgruppen-karl-landsteiner/
Antikörper, Inhibitoren, gegen Faktor-VIII
Ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung dieser Inhibitoren ist eine ausgeprägte F8-Mutation. Allerdings entwickeln nicht alle Patienten, die eine solche Mutation aufweisen, Inhibitoren und umgekehrt finden sich Inhibitoren auch bei einem Teil der Patienten mit nur geringen Veränderungen des F8-Gens. Noch komplizierter wird die Aufklärung der zugrundeliegenden Mechanismen dadurch, dass auch bei einem Teil gesunder Menschen Antikörper gegen Faktor VIII nachgewiesen werden können.
Inhibitoren gegen die Faktor-VIII-Konzentrate machen die Behandlung der betroffenen Bluter teilweise sehr schwierig und können im Extremfall zu unkontrollierbaren Blutungen führen. Aus dem Grund erforschen Wissenschaftler die zugrundliegenden Mechanismen auf der Suche nach einer Möglichkeit, die Bildung der Inhibitoren zu verhindern.
In vorausgegangenen Studien konnte die Forschung zeigen, dass bestimmte „Gefahrensignale“ im Blut, wie z.B. bestimmte Oberflächenmoleküle von Bakterien (LPS, Lipopolysaccharide), die den Körper auf einen Erreger hinweisen, die Immunogenität der Faktor-VIII-Präparate steigern. Mit Immunogenität wird die Fähigkeit von Molekülen bezeichnet, eine Immunreaktion hervorzurufen. Auch beispielsweise Zellstress infolge chirurgischer Eingriffe sendet über die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe Gefahrensignale aus.
Aktivierung der T-Helferzellen
Die gesteigerte Immunogenität der Faktor-VIII-Präparate sorgt dafür, dass vermehrt sogenannte dendritische Zellen (DC, „dendritic cells“) aktiviert werden. Diese Immunzellen präsentieren auf ihrer Oberfläche Antigene, d.h. Molekülstrukturen, gegen die eine Immunantwort vermittelt werden soll. Sie gehören zum angeborenen Immunsystem. Im Verbund mit weiteren Molekülen führt dies zur Bildung einer Subgruppe von Immunzellen des erworbenen Immunsystems, den CD4-positiven T-Zellen, die auch als T-Helferzellen bezeichnet werden.
Jedenfalls konnten Forschende jetzt zeigen, dass DC, die durch Faktor-VIII-Konzentrat und das Gefahrensignal LPS synergistisch aktiviert wurden, eine sehr viel stärkere T-Helferzell-Aktivierung vermitteln als DC, die jeweils nur mit Faktor VIII oder LPS alleine vorbehandelt wurden. Darüber hinaus konnte man die Abhängigkeit der T-Zell-Aktivierung von weiteren immunologischen Prozessierungsschritten aufklären.
T-Zellen und B-Zellen zur Bekämpfung von einem Tumor
Wie man Tumorzellen spezifischer erkennen kann und wie T-Zellen und B-Zellen einen bösartigen Tumor mittels gezielten Immunabwehr effektiv bekämpfen können. Mehr dazu unter https://medmix.at/b-t-zellen-bekaempfung-tumoren/
Literatur:
Miller L, Weissmüller S, Ringler E, Crauwels P, van Zandbergen G, Seitz R, Waibler Z; ABIRISK consortium. Danger signal-dependent activation of human dendritic cells by plasma-derived factor VIII products. Thromb Haemost. 2015 Aug;114(2):268-76. doi: 10.1160/TH14-09-0789. Epub 2015 May 7. PMID: 25947149.
Miller L, Ringler E, Kistner KM, Waibler Z; ABIRISK Consortium. Human Dendritic Cells Synergistically Activated by FVIII Plus LPS Induce Activation of Autologous CD4+ T Cells. Thromb Haemost. 2018 Apr;118(4):688-699. doi: 10.1055/s-0038-1637734. Epub 2018 Mar 19. PMID: 29554701.
Quelle: