Sonntag, März 17, 2024

Belimumab gegen Lupus Erythematodes

Belimumab bringt bei Patienten mit systemischem Lupus Erythematodes (SLE) eine höhere Reduktion der Krankheitsaktivität und eine Verzögerung der Zeit bis zu schweren Schüben.

Systemischer Lupus Erythematodes – abgekürzt SLE – ist eine chronische, unheilbare Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper produziert werden, die fast jedes System im Körper angreifen. Systemischer Lupus Erythematodes die häufigste Form des Lupus, welche  etwa 70 Prozent der schätzungsweise fünf Millionen Menschen mit Lupus weltweit betrifft. Beim Lupus richtet sich das körpereigene Immunsystem fehlreguliert auch gegen gesunde Körperzellen, was zur Schädigung der Organe und Organsysteme führt. Viele der aktuellen SLE-Therapien sind nicht spezifisch auf das Krankheitsgeschehen ausgerichtet. zur Anwendung kommen NSAR, Glucocorticoide, Antimalariamittel sowie Immunsuppressiva. Wobei die Immunsuppressiva vor allem bei anhaltend starker Krankheitsaktivität beziehungsweise einem anhaltend hohem Glucocorticoid-Bedarf zum Einsatz kommen. Allerdings sind insbesondere ddie Immunsuppressiva mit teils schweren unerwünschten Wirkungen verbunden. Die zentrale Rolle der B-Lymphozyten bei Systemischer Lupus Erythematodes hat in den letzten Jahren insbesondere spezifischere, B-Zell gerichtete Therapien ins >Blicklicht gerückt. Demenstprechend bekam Belimumab, der monoklonale Antikörper gegen den B-Lymphozytenstimulator BLyS, im jahr 2011 die europäische Zulassung als „Zusatztherapie bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit aktivem, Autoantikörper-positiven systemischen Lupus erythematodes, die trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen.

Belimumab zeigte in Phase-3-Studie signifikante Vorteile

Auf dem “American College of Rheumatology / Association for Rheumatology Health Professionals Annual Meeting“, das gestern in San Francisco zu Ende gegangen ist ( und inklusive der Pre-Session vom 6.11. bis 16.11. stattfand), wurden neue Daten zu Belimumab präsentiert, wobei 200 mg Belimubab wöchentlich als subkutane Injektion plus Standardtherapie (SoC) verabreicht eine signifikant höhere Reduktion der Krankheitsaktivität zeigte – verglichen mit Placebo plus Standardtherapie.

Trotz Verwendung der aktuellen Standardtherapie, wie Glucocorticoide und Immunsuppressiva, leiden etwa 60% der Lupus-Patienten weiterhin an anhaltenden Beschwerden und schweren Krankheitsschüben. Dazu betont Paul-Peter Tak, Senior Vice-President und Leiter der sogenannten Immuno-Inflammation-Therapy-Abteilung des Herstellers GSK: „Die BLISS-SC-Phase-3-Zulassungsstudie war die dritte erfolgreiche Phase-III-Studie mit Belimumab bei Patienten mit Lupus.

Die Ergebnisse der Studie verstärken unseren Glauben an den „BLyS pathway“ zur Verringerung der zugrunde liegenden Krankheitsaktivität. Basierend auf diesen Daten erwarten wir einen Fortschritt hinsichtlich des globalen regulatory filings für eine subkutane Belimumab-Formulierung. Diese wird, wenn zugelassen, für die geeigneten Patienten einen neuen Zugang zur Verabreichung der Behandlung bieten.“

 

Die BLISS-SC-Studie

Für den primären Wirksamkeitsendpunkt (Systemischer Lupus Erythematodes Responder Index (SRI) in Woche 52) zeigten signifikant mehr Patienten, die mit subkutan verabreichten Belimumab und der SoC (60,8%) behandelt wurden, dass sich die Krankheitsaktivität verringert – im Vergleich zum Placebo zusätzlich zu SoC (48,47%, p = 0,0011). Der SRI ist eine umfassend zusammengesetzte Endpunktmessung des klinischen Phase-III-BLISS Studienprogramms für intravenös verabreichtes Belimumab. Die SRI-Komponenten messen die Reduktion der Krankheitsaktivität, definiert als klinische Verbesserung (SELENA-SLEDAI), ohne wesentliche Verschlechterung in jedem Organsystem (BILAG), und keine Verschlechterung des Gesamtpatientenzustandes (PGA).

Für die beiden vorgegebenen sekundären Wirksamkeitsendpunkte zeigte die Studie, dass die Zeit bis zu schweren Schüben bei Patienten mit subkutan verabreichten Belimumab zuzüglich der SoC signifikant verzögert war (170 Tage, p = 0,0003) – im Vergleich zu denen mit dem Placebo zuzüglich der SoC  (116,5 Tage). Im Studienarm, in dem Belimumab zuzüglich der SoC verabreicht wurde, konnten darüber hinaus während der Wochen 40 bis 52 aus der Gruppe der Patienten, die mehr als 7,5 mg/Tag Prednison (n=503) erhielten, 18,2% der Patienten ihre Steroiddosis um 25% oder mehr reduzieren, womit die Dosis bei ≤ 7,5mg/Tag liegt (verglichen mit 11,9% im Arm mit Placebo zugüglich der SoC, was aber keine statistische Signifikanz (p=0,0732) erreichte).

Das Gesamtvertäglichkeitsprofil von Belimumab in BLISS-SC stimmte mit der in den beiden vorangegangenen beobachteten BLISS Studien (BLISS-52 und BLISS-76) überein. Die Häufigkeit von mit der Behandlung verbundenen Nebenwirkungen (AEs) bei subkutanen Belimumab zzgl. SoC. lag bei 31,3% – im Vergleich dazu 26,1% mit dem Placebo zuzüglich der SoC. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Infektionen/Befall (subkutanes Belimumab zzgl. SoC. 18,7% vs. Placebo zzgl. SoC 18,9%), allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort. Auf die Injektionsstelle bezogene Ereignisse lagen bei subkutanen Belimumab zzgl. der SoC bei 6,3% – im Vergleich zum Placebo zzgl. der SoC. bei 3,6%.

Die Inzidenz der unerwünschten Ereignisse, die zum Abbruch von subkutan verabreichten Belimumab zuzüglich der SoC-Gruppe führten, betrug 7,2% verglichen mit 8,9% bei Placebo zzgl. SoC. Der Anteil der Patienten, bei denen eine ernsthafte Nebenwirkung auftrat, betrug mit subkutan verabreichten Belimumab zuzüglich der SoC. 10,8%. Im Vergleich dazu 15,7% mit dem Placebo zuzüglich der SoC. Insgesamt wurden fünf Todesfälle gemeldet; drei Todesfälle (0,5%) mit subkutan verabreichtem Belimumab zuzüglich der SoC und zwei Todesfälle (0,7%) mit dem Placebo zuzüglich der SoC. Die Sterbehäufigkeit in allen randomisiert kontrollierten Studien von Belimumab bei Lupus betrug 0,7% in der Belimumab-Gruppe, welche ähnlich der Placebo-Gruppe (0,5%) ist.

Der Einsatz der subkutanen Belimumab-Formulierung ist derzeit weltweit nicht zugelassen.

Die BLISS-SC-Studie baut auf einem robusten klinischen Studienprogramm für Belimumab auf, welches das aktuell größte durchgeführte Studienprogramm bei SLE ist.1-3 Die BLISS-SC ist eine Phase-III, multizentrische, randomisierte doppelblinde, Placebo-kontrollierte, 52-Wochen Studie, zur Untersuchung der Wirksamkeit und Verträglichkeit, bei subkutan verabreichten Belimumab an Patienten mit aktiven Autoantikörper-positiven SLE, die eine Standardtherapie erhalten. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt ist die „SRI Ansprechrate“ in Woche 52. Das ist ein zusammengesetzter Maßstab, der eine Reihe von Elementen umfasst, einschließlich:

  • ≥ 4 Punkte-Reduktion vom Ausgangswert in SELENA SLEDAI Wert und
  • keine Verschlechterung (Anstieg von <0,30 Punkte) in dem „Physician’s Global Assessment“ (PGA) und
  • keine Verschlechterung in der Krankheitsaktivität, gemessen durch die „British Isles Lupus Assessment Group of SLE Clinics (BILAG)“ Organ-Domain-Werte (keine neuen A oder 2 neuen BILAG B Organ-Domain Werte, vergleichen mit dem Ausgangswert)
  • Ausfälle und Therapieversagen wurden als „Non-Responder“ in der primären Analyse einbezogen.

Die beiden wichtigsten sekundären Wirksamkeitsendpunkte waren der Zeitpunkt bis zum ersten schweren Schub (gemessen durch den modifizierten SLE Schub-Index (SFI)) und der Anteil der Patienten mit mehr als 7,5mg Prednison pro Tag zum Startzeitpunkt, deren durchschnittliche Prednison-Dosis während der Wochen 40-52 um ≥ 25% vom Ausgangswert auf ≤  7,5 mg/Tag reduziert wurde.

Von den 836 in der Studie registrierten Patienten wurden 556 randomisiert und erhielten Belimumab zzgl. SoC. und 280 Patienten wurden randomisiert, um das Placebo zuzüglich der SoC zu erhalten. 94% der gesamten Studienteilnehmer waren weiblich.

 

Belimumab nur zur intravenösen Anwendung

Belimumab (Benlysta) ist das erste Medikament seit mehr als 50 Jahren, das ausdrücklich für die Erkrankung „Systemischer Lupus Erythematodes“ entwickelt und zugelassen wurde. Es handelt sich dabei um einen humanen monoklonaler Antikörper, der selektiv auf B-Lymphozyten Stimulator (BLyS) abzielt, welcher ein wichtiger Faktor für das Überleben der B-Zellen ist.

Belimumab ist als 120 mg in einer 5-ml Durchstechflasche und 400 mg in einer 20-ml Durchstechflasche zur Injektion verfügbar und ist derzeit nur zur intravenöse Anwendung zugelassen. Belimumab wird als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit aktivem Autoantikörper-positiven systemischen Lupus erythematodes (SLE) eingesetzt, wenn trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität (z. B. positiver Test auf Anti-dsDNA-Antikörper und niedriges Komplement) besteht.

Anwendungsbeschränkung

Es liegen keine oder unzureichende Erfahrungen zur Wirkung von Belimumab bei Patienten mit schwerer aktiver Lupusnephritis oder schwerem aktiven Lupus des Zentralnervensystems vor. Daher kann Belimumab nicht für die Behandlung dieser Erkrankungen empfohlen werden.

Sehr häufige Nebenwirkungen von Belimumab (beobachtet bei mehr als 1 von 10 Patienten) sind bakterielle Infektionen wie Bronchitis (Entzündung der Atemwege in der Lunge) und Zystitis (Blasenentzündung) sowie Durchfall und Übelkeit.

Benlysta darf nicht bei Patienten angewendet werden, die überempfindlich (allergisch) gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile sind, und ist bei Patienten kontraindiziert, die mit Belimumab eine Anaphylaxie gehabt haben.


Literatur:

Urowitz MB, Ohsfeldt RL, Wielage RC, Dever JJ, Zakerifar M, Asukai Y, Ramachandran S, Joshi AV. Comparative analysis of long-term organ damage in patients with systemic lupus erythematosus using belimumab versus standard therapy: a post hoc longitudinal study. Lupus Sci Med. 2020 Oct;7(1):e000412. doi: 10.1136/lupus-2020-000412. PMID: 33051264; PMCID: PMC7555104.

Navarra SV, Guzmán RM, Gallacher AE, et al. Efficacy and safety of belimumab in patients with active systemic lupus erythematosus: a randomised, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet. 2011;377:722-24.

Furie R, Petri M, Zamani O, et al. A Phase III, randomized, placebo-controlled study of belimumab, a monoclonal antibody that inhibits B lymphocyte stimulator, in patients with systemic lupus erythematosus. Arthritis Rheum. 2011;63:3922.

Cancro MP et al. The role of B lymphocyte stimulator (BLyS) in systemic lupus erythematosus. J Clin Invest. 2009;119: 1066–73

Baker KP et al. Generation and Characterization of LymphoStat-B, a Human Monoclonal Antibody That Antagonizes the Bioactivities of B Lymphocyte Stimulator. (0413) Arthritis & Rheumatism 2003;48(11): 3253–3265

Petri M, Stohl W, Chatham W, McCune WJ, Chevrier M, Ryel J, Recta V, Zhong J, Freimuth W. Association of plasma B lymphocyte stimulator levels and disease activity in systemic lupus erythematosus. Arthritis & Rheumatism 2008;58(8): 2453–2459

Petri M, et al. Baseline predictors of systemic lupus erythematosus flares: data from the combined placebo groups in the Phase 3 belimumab trials. Arthritis Rheum 2013;Epub: na

McElhone K, Abbott J, Gray J, et al. Patient perspective of systemic lupus erythematosus in relation to health-related quality of life concepts: a qualitative study. Lupus 2010;19:1640–8.

Danchenko N, Satia JA, Anthony MS. Epidemiology of systemic lupus erythematosus: a comparison of worldwide disease burden. Lupus 2006;15:308–18.

Lerang K, Gilboe I, Garen T, et al. High incidence and prevalence of systemic lupus erythematosus in Norway. Lupus 2012;21:1362-9.


Quellen:

Lupus Foundation of America. Statistics on lupus. Available at:http://www.lupus.org/about/statistics-on-lupus Last accessed October 2015.

American College of Rheumatology Ad Hoc Committee on Systemic Lupus Erythematosus Guidelines. Guidelines for referral and management of systemic lupus erythematosus in adults. Arthritis Rheum 1999;42:1785–96.

GlaxoSmithKline. BENLYSTA Summary of Product Characteristics. May 2014.

http://www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Product_Information/human/002015/WC500110150.pdf

Related Articles

Aktuell

Depressive Störung im Alter rechtzeitig erkennen und wirksam behandeln

Eine depressive Störung im Alter kann man durchaus erfolgreich behandeln. Bedeutend ist eine rechtzeitige Diagnose und das Erkennen der Ursachen. Laut demoskopischer Voraussagen sind wir eine Bevölkerung,...
- Advertisement -

Latest Articles

Intermittierendes Fasten gegen Diabetes und Fettleibigkeit

Intermittierendes Fasten ist vielversprechend gegen Diabetes und Fettleibigkeit. Wobei man trotz Schummeltagen von den Vorteilen profitieren kann. Aktuelle Forschungen beleuchten die positiven Effekte, die Intermittierendes...

Zervikale Bandscheibenprothese: zukunftsweisende Behandlung für Bandscheibenvorfälle

Die Behandlung mit einer zervikalen Bandscheibenprothese ist eine zukunftsweisende Therapie für Bandscheibenvorfälle. In Europa ist die anteriore Diskektomie und Fusion, oft durchgeführt mit einem Cage,...

Gesunde Wirkungen der Katzenkralle: gegen Rheumatoide Arthritis, Entzündungen bei vielen anderen Erkrankungen

Die südamerikanische Heilpflanze Katzenkralle, Uncaria tomentosa, zeigt Wirkung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und verbessert die eingeschränkte Beweglichkeit. Die Katzenkralle – auch als Krallendorn oder...