Freitag, März 29, 2024

Bei chronischem, entzündlichen Rheuma weniger Cortison einsetzen

Es sollte im Einzelfall beurteilt werden, ob eine weitere Rheuma-Therapie mit Cortison sinnvoll ist oder man ein Absetzen versuchen sollte.

Im Grunde genommen müssen Menschen mit chronischen Entzündungskrankheiten wie Rheuma Präparate mit Cortison nicht langfristig einnehmen. Hingegen kann man Cortison zur Rheuma- Therapie frühzeitig absetzen, um typische Nebenwirkungen zu vermeiden. Dabei ist es wichtig, dass kein Entzugssyndrom auftritt. Der groß angelegten europäischen SEMIRA-Studie zur Folge zeigte zwar die Fortsetzung der Cortison-Gabe einen etwas besseren Erfolg bei der Behandlung von Rheuma. Allerdings war der Erfolg auch nach Absetzen von Cortison in den meisten Fällen erfolgreich, was langfristige Nebenwirkungen der Rheuma-Behandlung vermeiden hilft.

 

Schwere Nebenwirkungen bei der Behandlung von Rheuma mit langzeitiger Gabe von Cortison

Unter dem Strich Glucocorticoide wie Kortison sind hochwirksame Präparate zur Behandlung von Entzündungskrankheiten. Allerdingsverursachen sie bei langzeitiger Gabe schwere Nebenwirkungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose und Infektionen. Darüber hinaus unterdrücken diese Präparate langfristig die Produktion von körpereigenem Kortison in der Nebenniere. Dadurch kommt es zu Müdigkeit, Übelkeit bis hin zum Blutdruckabfall. Die Nebenwirkungen können sogar lebensbedrohlich werden.

Zur Vermeidung solcher Nebenwirkungen ist eine rechtzeitige Reduktion – das sogenannte Ausschleichen – von Kortisonpräparaten notwendig. Diese erfolgt schrittweise, um den Körper langsam an die veränderte Dosierung zu gewöhnen. Damit kann man ein Entzugssyndrom verhindern. Glucocorticoide auszuschleichen, ohne dass die Entzündung wiederkehrt, ist jedoch in vielen Bereichen der Medizin ein häufiges Problem.

In der SEMIRA-Studie hat man niedrig dosiertes Prednison –  das gängigste Kortisonpräparat – in einem Absetz-Schema mit gleichbleibend dosiertem Prednison verglichen. Die Forschenden haben dies beispielhaft bei dem Krankheitsbild der rheumatoiden Arthritis analysiert. Denn diese Rheuma-Erkrankung behandelt man besonders häufig mit Cortison (Glucocorticoiden).

 

Gute Erfolge ohne Glucocorticoide

Alle Patientinnen und Patienten hatten mindestens über sechs Monate hinweg Glucocorticoide erhalten und damit ihre Entzündungserkrankung weitgehend unter Kontrolle. In der Kontrollgruppe wurde die Behandlung mit einer niedrigen Prednisondosis über sechs Monate fortgesetzt. Im Absetz-Schema hingegen hat man die Therapie schrittweise reduziert und schließlich nach vier Monaten ganz abgesetzt. Beide Gruppen erhielten darüber hinaus eine Begleittherapie mit dem Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab.

Bei 77 Prozent der Probanden, die eine gleichbleibende Prednisondosis erhielten, gelang es, ein Wiederaufflammen der Entzündungen zu verhindern. Ein solcher Behandlungserfolg stellte sich auch bei 65 Prozent der Betroffenen ein, deren Therapie heruntergefahren wurde. Erfreulicherweise blieben beide Gruppen von klinisch relevanten Veränderungen ihrer Laborwerte, Entzugserscheinungen oder schwerwiegenden Problemen verschont.

Die Erfolgsrate der Behandlung von 65 Prozent beim Ausschleichen der Präparate mit Cortison ist für eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit den Patienten mit Rheuma von großer Bedeutung. Man muss im Einzelfall beurteilen, ob eine weitere Therapie mit Glucocorticoiden sinnvoll ist oder man ein Absetzen versuchen sollte.

Die Ergebnisse könnten auch im Zusammenhang mit einem Absetzen von Glucocorticoiden auch in anderen Therapiesituationen wie etwa in der Allergologie, Neurologie oder Dermatologie relevant sein.


Literatur:

Burmester GR, Buttgereit F et al. Continuing versus tapering glucocorticoids after achievement of low disease activity or remission in rheumatoid arthritis (SEMIRA): a double-blind, multicentre, randomised controlled trial. Lancet (2020), DOI: 10.1016/S1040-6736(20)30636-X


Quelle:

Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Campus Charité Mitte, Charité – Universitätsmedizin Berlin

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