Donnerstag, März 28, 2024

Harnikontinenz: was Frau bei Blasenschwäche tun kann

Was man bei Blasenschwäche tun kann: Harninkontinenz trägt zur Verschlechterung von Lebensqualität bei und ist bei Frauen in den Wechseljahren sehr häufig.

Frauen tragen hier ein etwa siebenmal höheres Risiko als Männer, an einer Blasenschwäche zu leiden. Etwa ein Viertel aller Frauen leidet ab den Wechseljahren an Blasenschwäche und/oder Harnverlust. Wobei die Blasenschwäche vor allem auch bei berufstätigen Frauen weit verbreitet ist. Bei betroffenen Frauen, bei denen schwere Harninkontinenz-Symptome auftreten, wirkt sich das auch sehr negativ auf die Arbeit aus. Hier könnte Aufklärung bei Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern die Situation sehr verbessern. Bei harmloser Ausprägung einer Blasenschwäche stehen Frauen hingegen zahlreiche Wirkstoffe aus der Naturmedizin zur Verfügung. Dazu zählen die Cranberry, Bärentraube, Kürbis und verschiedene andere pflanzliche Optionen.



 

Bei Harnikontinenz Dranginkontinenz und Belastungsinkontinenz unterscheiden

Ärztinnen und Ärzte müssen bei Blasenschwäche zwei große Gruppen an Ursachen zu unterscheiden. Die Dranginkontinenz (auch Urgeinkontinenz genannt): Trotz intaktem Schließmuskel der Harnröhre kommt es zu starkem Harndrang, obwohl die Blase noch nicht übermäßig gefüllt ist. Während eines Tages, aber auch in der Nacht, muss die Patientin bis zu 20 mal die Toilette aufsuchen, um einen Harnverlust zu vermeiden.

Die Belastungsinkontinenz (früher auch Stressinkontinenz genannt): Dabei verliert die Patientin, ohne Harndrang zu verspüren, bei alltäglichen Belastungen wie Husten, Niesen, Stiegensteigen oder anderen körperlichen Belastungen Harn.

 

Harn­inkontinenz oder Blasenschwäche häufig tabuisiert

In unseren breiten leiden Millionen Frauen zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens an Harn­inkontinenz oder Blasenschwäche. Leider wird dieses Problem häufig tabuisiert. Den Frauen ist es peinlich über ihr Problem zu sprechen, der Harnverlust wird somit immer stärker, die Frauen sind in ihrem Berufs- und Privatleben eingeschränkt und verzichten oft auf angenehme Tätigkeiten wie Sport, Reisen oder sogar soziale Beziehungen.

 

Behandlungsstrategien bei Dranginkontinenz

Die Urge/Dranginkontinenz wird fast nur konservativ behandelt. Dabei stehen ein Miktionstraining zur Verlängerung von zu kurzen Miktionsintervallen, Beckenbodentraining zur Umlernung eines falschen Miktionsmusters, eventuell eine Psychotherapie bei Verdacht auf psychosomatische Ursachen, die elektrische Neuromodulation und vor allem eine medikamentöse Therapie zur Hemmung der kontraktilen Blasenmuskulatur im Vordergrund. Bei diesen nicht invasiven Behandlungen ist bei der Hälfte aller Patientinnen eine Langzeittherapie mit einer individuellen Behandlungsfrequenz notwendig. Nach zweimonatiger Anwendung werden Erfolgsraten von 70% angegeben, wobei zwei Drittel der Frauen auch noch 6 Monate nach Behandlungsbeendigung einen Erfolg angeben.

Medikamentös lässt sich die Dranghyperaktivität mit Anticholinergika, Antidepressiva, Spasmolytika, Alphablocker und Antispastika gut behandeln. Besonders wichtig erscheint vor allem bei älteren Frauen die lokale Therapie mit dreiwertigen Östrogenpräparaten.

Bei ausgeprägter Symptomatik und absoluter Erfolglosigkeit der oben angeführten Therapiemöglichkeiten kann eine Neuro­mudulation (Elektrostimulation) zur Hemmung der Detrusorhyperaktivität versucht werden.



 

Behandlungsstrategien bei Belastungsinkontinenz

Wichtig ist eine Kenntnis der Ursachen einer Belastungsinkontinenz. Bei ausgeprägten anatomischen Veränderungen (starke Senkung oder Vorfall von Scheide und/oder Harnblase) ist meist eine operative Therapie notwendig. Eine urodynamische Abklärung ist dann sinnvoll. Bei zu hohem Operationsrisiko oder Operationsunwilligkeit der Patientin können diverse Scheidenringe oder -würfel versucht werden.

Ist die Organsenkung nur gering, so können zunächst kon­servative Maßnahmen gesetzt werden. Ältere Frauen ohne Hormonersatztherapie bekommen lokal dreiwertige Östrogene, eine Änderung der Lebensgewohnheiten und wenn notwendig eine Gewichtsreduktion werden empfohlen.

 

Beckenboden stärken

Wichtig ist, dass betroffene Frauen ein konsequentes Beckenboden-Trainings mit wirksamen Übungen gegen die Blasenschwäche beginnen. Dabei sollten Spezialisten Anleitungen zu den richtigen Übungen machen. Zudem können Biofeedback-Maßnahmen hilfreich sein. Dabei zeigen digitale, computergesteuerte Messeinheiten die Beckenboden-Kontraktionen den Frauen auf, was in Folgen den Trainingserfolg dokumentiert.

Auch Elektrostimulationen, bei denen die quergestreifte Muskulatur passiv durch elektrische Impulse gestärkt wird, können hilfreich sein. Weiter sind verschiedene Wirkstoffe zur medikamentösen Behandlung zugelassen beziehungsweise finden sich in Erprobung.

 

Wenn Frauen bei Blasenschwäche ein Operation brauchen

Wenn die konservativen Maßnahmen allerdings keinen Erfolg bringen, dann stehen zahlreiche etablierte aber auch neue operative Behandlungsmöglichkeiten zur Auswahl.

Wenngleich man früher fast alle Operationen mittels Bauchschnitt durchführte, so setzt man heute wesentlich patientenfreundlichere Methoden ein. Dazu sind endoskopische und/ oder vaginale Eingriffe möglich. Wichtig dabei ist wie schon oben erwähnt die präoperative urodynamische Abklärung, da die Wahl der Methode abhängig ist von der Ursache des Harnverlustes.

Die Therapie mit Incision Slings (Einzelschnittschlingen) konnten in jüngsten Studien beweisen, dass dieses Verfahren eine hohe Wirksamkeit und ein sehr gutes Sicherheitsprofil bei sehr langer Nachbeobachtungszeit hat.



 

Fazit

Da jede vierte Frau, vor allem ab den Wechseljahren, im Laufe ihres Lebens von Blasenschwäche Harnverlust beziehungsweise Harninkontinenz – betroffen ist, müssen Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonen dieses Problem aktiv ansprechen. Die Patientinnen sollten wissen, was man tun kann, um mit konsequenten konservativen Maßnahmen eine Blasenschwäche beziehungsweise Harninkontinenz selbst wirksam behandeln zu können.

Ein US-Studie zeigte beispielsweise dazu unlängst, dass eine von zehn Frauen mit Blasenschwäche andere Menschen pflegt, obwohl sie einen schlechteren Gesundheitszustand hatte, als die betreute Person mit Pflegebedarf aber ohne Harninkontinenz.

Auch jüngere Frauen die (noch) nicht betroffen sind, müssen in allen Lebenslagen, vor allem aber nach Geburten angehalten werden, Übungen zur Beckenboden-Gymnastik in den Alltag routinemäßig einzubauen. Wenn Medikamente notwendig sind, dann muss man das richtige Präparat finden. Allerdings sollten betroffene Frauen auch dann die physikalischen Maßnahmen gegen die Blasenschwäche unbedingt fortsetzen.

Wenn bei einer Frau eine Operation gegen die Blasenschwäche notwendig ist, dann kann man mit neuen einfachen Techniken das Risiko minimieren. Schließlich sind heute die Erfolgsraten sehr hoch.


Literatur:

Frigerio M, Milani R, Barba M, et al. Single-incision slings for the treatment of stress urinary incontinence. Efficacy and adverse effects at 10-year follow-up [published online ahead of print, 2020 Sep 9]. Int Urogynecol J. 2020;10.1007/s00192-020-04499-8. doi:10.1007/s00192-020-04499-8

Kranz J. Rezidivierende Belastungsinkontinenz: Interventionen zur Behandlung nach fehlgeschlagenem minimal-invasivem Einsatz eines synthetischen midurethralen Bandes bei Frauen [Recurrent stress urinary incontinence: Interventions for treatment after failed minimally invasive use of synthetic midurethral tape in women] [published online ahead of print, 2020 Sep 9]. Urologe A. 2020;10.1007/s00120-020-01324-4. doi:10.1007/s00120-020-01324-4

Yang E, Lisha NE, Walter L, Obedin-Maliver J, Huang AJ. Urinary Incontinence in a National Cohort of Older Women: Implications for Caregiving and Care Dependence. J Womens Health (Larchmt). 2018;27(9):1097-1103. doi:10.1089/jwh.2017.6891. PMCID: PMC6148721

Lawson S, Sacks A. Pelvic Floor Physical Therapy and Women’s Health Promotion. J Midwifery Womens Health. 2018;63(4):410-417. doi:10.1111/jmwh.12736

Urinary Incontinence in Women. Female Pelvic Med Reconstr Surg. 2015;21(6):304-314. doi:10.1097/SPV.0000000000000231


Quelle:

Behandlungsmethoden bei Inkontinenz. Prim. Univ. Prof. Dr. Werner Grünberger. MEDMIX 10 / 2005

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