Freitag, April 19, 2024

Bauch-Sonografie – angemessene finanzielle Vergütung gefordert

Trotz unbestrittener Effizienz bleibt der hoch qualifizierten spezialisierten Bauch-Sonografie eine angemessene finanzielle Vergütung seit drei Jahrzehnten verwehrt.

In einer Umfrage des Berufsverbandes Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V. (BNG) antworteten 99 Prozent der Teilnehmer, dass sie Ultraschalluntersuchungen des Bauchraumes durchführen, 96 Prozent auch die aufwendige Bauch-Sonografie bzw. Magen-Darm-Sonografie. Nur 26 Prozent setzen die Kontrastmittel-Sonografie (CEUS) und neun Prozent die flexible Endo-Sonografie ein. 89 Prozent der sonografisch tätigen Gastroenterologen schätzen die Finanzierung der Sonografie in der gesetzlichen Krankenversicherung als unterdeckt (defizitär) und 6,5 Prozent als gerade kostendeckend ein, das heißt ohne Erwirtschaftung eines ärztlichen Honorars.

Trotz der defizitären betriebswirtschaftlichen Situation der abdominellen Sonografie messen die niedergelassenen Gastroenterologen dieser eine so hohe diagnostische Bedeutung bei, dass sie die Methode routinemäßig anwenden. Untersucht werden typischerweise mehrere Bauchorgane oder es erfolgt eine umfassende Untersuchung des Bauchraumes. Eingesetzt werden überwiegend Ultraschallgeräte der mittleren bis höheren Preisklassen bis zu High-End-Geräten und der weitaus größte Teil verwendet moderne Gerätetechnik. Die Bereitschaft, wichtige diagnostische Verfahren trotz hoch defizitärer Kostensituation in der gesetzlichen Krankenversorgung bereitzustellen und auszuführen, lässt auf eine hohe soziale Verantwortung schließen. Dennoch kann aus den Zahlen auch gefolgert werden, dass die Bereitschaft neue technische Entwicklungen einzusetzen, ihre Grenze findet, wenn die wirtschaftliche Situation dabei desolat ist oder gar keine Vergütung erfolgt wie bei der Kontrastmittel-Sonografie, Endo-Sonografie und Elastografie.

Trotz der unbestrittenen Effizienz der Methode bleibt der hoch qualifizierten spezialisierten Bauch-Sonografie eine angemessene finanzielle Vergütung seitens der gesetzlichen Krankenkassen seit drei Jahrzehnten verwehrt. Ihre Vergütung entspricht nach wie vor nur der Basissonografie, die flächendeckend ihre Aufgaben in der Grundversorgung erfüllt. Die hoch qualifizierte Sonografie mit teuren hoch entwickelten, leistungsstarken Ultraschallgeräten in der Hand von Spezialisten generiert mit etwa 14 Euro/Sitzung (Bayern 2016), modifiziert durch die Höhe der Regelleistungsvolumina, nicht annähernd die entstehenden Unkosten für die Praxis. In der Klinik wurden für die Basissonografie des Abdomens je nach Auslastung und Gerätegüte Kosten zwischen 32 und 52 Euro errechnet (siehe Literatur).

Die Anforderungen an die abdominelle Sonografie der Spezialisten – also die fachspezifisch erhöhte Qualität insbesondere der Gastroenterologen, aber auch Onkologen et cetera – unterscheiden sich von der Basis-Sonografie durch umfassende beziehungsweise differenzierte Fragestellungen, höhere Anforderungen an die Untersucher- und Gerätequalität, hohe Anzahl der untersuchten Organe einschließlich Darm und Lymphknoten mit erhöhtem Zeitaufwand sowie Berichterstattung im Arztbrief.

Die Kontrastmittel-Sonografie (CEUS) wird zur Tumordifferenzierung und Metastasensuche in der Leber sowie in der Diagnostik von Pankreas, Milz, Darm und so weiter eingesetzt. Es handelt sich um ein etabliertes Verfahren, dessen Einsatz in den deutschen S3-Leitlinien und europäischen Ultraschall-Leitlinien gefordert wird. Die Untersuchung benötigt einen hohen Zeitaufwand, die Vorhaltung von qualifiziertem Assistenzpersonal und teurer technischer Geräteausstattung sowie Qualifizierungsmaßnahmen des Arztes. Diese Methode wird nicht vergütet.

Endoskopische Ultraschallsonden, die in das Körperinnere eingebracht werden, ermöglichen unter Ausschaltung von Sichtbehinderungen durch Luft und Knochen und mit großer Nähe zum Zielorgan optimale hochauflösende Abbildungen. Kostenfaktoren der Endo-Sonografie sind Zeitaufwand, Gerätetechnik, Reparaturanfälligkeit, Gerätedesinfektion und Assistenzpersonal. Bisher gibt es ebenfalls keine Vergütung.

Qualitätssicherungsmaßnahmen

  • Die DEGUM bietet seit Jahrzehnten deutschlandweit ein zertifiziertes Kurssystem mit Grund-, Aufbau- und Abschlusskursen beziehungsweise themenbezogenen Modulen an. Mit den Modulen steht eine zielgenau intensivierte Ultraschallausbildung für den jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkt zur Verfügung. Ein dreistufiges System von Tutoren, Ausbildern und Kursleitern mit hohen Qualitätsanforderungen wurde als Lehrpersonal etabliert.
  • Die Ultraschallvereinbarung regelt detailliert die qualifikatorischen Voraussetzungen für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, die technischen Anforderungen an die Geräte sowie die Modalitäten zur Durchführung der Qualitätssicherung für alle Anwendungsbereiche. Vertragspartner sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherer (GKV). Im aktuellen Qualitätsbericht der KBV wurde mitgeteilt, dass die Abnahmeprüfung aller gemeldeten Ultraschallsysteme der niedergelassenen Ärzte mit KV-Zulassung abgeschlossen ist und die 141 000 in den Praxen derzeit zugelassenen Geräte erfolgreich geprüft wurden. Eine Konstanzprüfung der technischen Bildqualität erfolgt sechs Jahre nach der Genehmigungserteilung eines Gerätes. Die Stichprobenprüfung der ärztlichen Dokumentation wird künftig jährlich bei mindestens sechs Prozent der Ultraschallanwender anstelle von bisher drei Prozent durchgeführt. Bei den zusätzlichen drei Prozent werden schwerpunktmäßig neu genehmigte Ärzte geprüft.
  • Auf Wunsch der KBV wird die DEGUM ein Kurs-Modul „Technik, Geräteeinstellung und Bildoptimierung“ als allgemeine Qualifizierungsmaßnahme im Rahmen der Fortbildung bereitstellen. Dies ermöglicht den Länder-KVen einen Arzt zur Teilnahme aufzufordern, wenn in der Stichprobenprüfung wiederholt Auffälligkeiten in der technischen Durchführung der Bilddokumentation festgestellt werden.
  • Auf die konsequente und strukturierte Ultraschallausbildung im Rahmen der Weiterbildung der Internisten in den Kliniken muss zunehmend geachtet werden. Die Effizienz der Untersuchung korreliert mit einer hochwertigen Ausbildung und laufender Übung, das heißt hoher Untersuchungszahl und breitem Spektrum pathologischer Befunde.
  • Zur Qualitätssicherung der fachspezifisch erhöhten Qualität könnten erhöhte Anforderungen an die Gerätetechnik und die Dokumentation gestellt werden – mit jährlichen Stichprobenprüfungen von Abbildungen und schriftlichen Befunden. Zur Fortbildung sind spezialisierte Kursmodule beispielsweise der DEGUM geeignet.

Die fehlende Vergütung sowohl für die hoch qualifizierte Bauch-Sonografie als auch für Spezialuntersuchungen wie Kontrastmittel- und Endo-Sonografie hat der hochwertigen internistischen Sonografie die wirtschaftliche Basis entzogen. Um kostendeckend zu arbeiten, müsste die Vergütung der hoch qualifizierten Abdominal-Sonografie in der GKV um den Faktor drei angehoben werden. Außerdem muss dringend eine Vergütung für die Kontrastmittel- und Endo-Sonografie bereitgestellt werden. Andernfalls, befürchte ich, könnte die hoch qualifizierte Bauch-Sonografie auf Dauer flächendeckend nicht zur Verfügung stehen.

Dr. med. Hans Worlicek
Dr. med. Hans Worlicek

Quelle:

Statement  » Sonografie der Bauchorgane: Wie kann eine hohe Qualität besser vergütet werden? « von Dr. med. Hans Worlicek, Leiter der Kommission für Ultraschall in der Praxis der DEGUM, ehemals Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis Facharztzentrum Regensburg, DEGUM-Kursleiter (Stufe III) anlässlich der Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) „Rheuma, Nierensteine, Darmbeschwerden – wie qualifizierter Ultraschall Erkrankungen sichtbar macht“, Donnerstag, 20. April 2017, 11.00 bis 12.00 Uhr in Berlin.

Literatur

  • Nürnberg D, Jung A, Schmieder C et al. Was kostet die Sonografie? – Ergebnisse einer Kosten- und Prozessanalyse an einem Versorgungskrankenhaus. Ultraschall in Med 2008; 29(4):405-417.
  • Schuler A et al. Kosten von Ultraschalluntersuchungen im Krankenhaus – das Modell einer Deckungsbeitragsrechnung. Ultraschall in Med 2010; 31(4):379-386.

 

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