Donnerstag, März 28, 2024

Mittelalterliches Rezept aus Ochsengalle, Knoblauch, Zwiebeln und Wein wirksam wie Antibiotika

Ein mittelalterliches Ochsengalle-Knoblauch-Zwiebeln-Wein-Rezept wirkt bei Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Infektionen (MRSA).

Pflanzliche Verbindungen und andere natürliche Substanzen können in der richtigen Rezeptur Bakterien abtöten oder abschwächen, die gegen aktuelle Antibiotika resistent sind. Die Ärzte und Heiler im Mittelalter verwendeten eine Reihe dieser natürlichen Substanzen, um mikrobielle Krankheiten zu behandeln. In der Gegenwart haben Wissenschaftler viel über die wahrscheinliche Wirksamkeit dieser Behandlungen diskutiert. Ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Wissenschaftlern und Geisteswissenschaften, identifizierte und rekonstruierte beispielsweise ein potenzielles Rezept gegen Staphylococcus aureus-Infektionen aus einem angelsächsischen Buch aus dem neunten und zehnten Jahrhundert – Ochsengalle, Knoblauch, Zwiebeln und Wein.

 

Antibiotisch wirksame Rezept aus Ochsengalle, Knoblauch, Zwiebeln und Wein im Bald’s Leechbook

Die Rezeptur Ochsengalle, Knoblauch, Zwiebel und Wein Bald’s Leechbook tötete wiederholt etablierte Staphylococcus aureus-Biofilme in einem In-vitro-Modell einer Weichteilinfektion und wirkte auch gegen MRSA-Infektionen (Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus) in einem Mausmodell zu chronischen Wunden. Einerseits erhielt das Mittel mehrere Inhaltsstoffe, von denen von allen bekannt ist, dass sie eine gewisse bakterizide Wirkung haben. Andererseits erforderte die Erstellung eines Rezepts mit voller Wirksamkeit die kombinierte Wirkung mehrerer Inhaltsstoffe in Ochsengalle, Knoblauch, Zwiebeln und Wein. Die moderne Forschung zeigt das Potenzial alter Texte als Quelle für neue antimikrobielle, bakterizide Wirkstoffe.


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Die pflanzlichen Senföle in Kapuzinerkresse und Meerettich entfalten zahlreiche gesunde Wirkungen. © Magdanatka / shutterstock.com
Die pflanzlichen Senföle in Kapuzinerkresse und Meerettich entfalten zahlreiche gesunde Wirkungen. © Magdanatka / shutterstock.com

Dr. Christina Lee, eine angelsächsische Expertin der School of English, hat unlängst mithilfe von Mikrobiologen des Zentrums für Biomolekulare Wissenschaften der Universität Nottingham einen Trank aus dem 10. Jahrhundert für Augeninfektionen aus Bald’s Leechbook hergestellt. Der alte angelsächsische Band, der in Leder gebunden in der British Library zu finden ist, enthält das Rezept einer antibakteriellen Salbe.

Die Salbe gegen einen Knoten im Auge ist jedenfalls für den modernen Mikrobiologen besonders interessant. Ihre Wirkung zielt darauf ab, einen durch Bakterien verursachten Zustand zu behandeln. Die mittelalterliche Mischung enthält Inhaltsstoffe mit dem Potenzial für antimikrobielle Aktivität. Das Rezept weist den Leser an, Knoblauch und eine zweite Allium-Art zu zerkleinern. Die zweite Art sind vermutlich Zwiebeln oder Lauchzwiebeln. Die Übersetzung ins moderne Englisch ist aber nicht eindeutig. Diese Mischung sollte man mit Wein und Ochsengalle (Rindergalle, Oxgall) kombinieren. Weiter sollte man die Mischung 9 Tage lang in einem Messing- oder Bronzegefäß ruhen lassen.

 

Balds Augensalbe

Das Rezept in Bald’s Leechbook empfahl gleiche Mengen Knoblauch und Zwiebeln sowie gleiche Mengen Wein und Ochsengalle. Es war für die Forscher aber nicht klar, ob die Mengenpaare einander gleich sind oder ob es sich um Zutaten handelt, gemessen nach Gewicht oder Volumen. Deswegen hat man sich beim Nachbau entschlossen, alle Rezeptzutaten zu gleichen Mengen zu kombinieren.

Bald's Leechbook (10. Jh.) enthält ein antiobiotisch wirkendes Ochsengalle-Knoblauch-Zwiebeln-Wein-Rezept.
Bald’s Leechbook (10. Jh.) enthält ein antiobiotisch wirkendes Ochsengalle-Knoblauch-Zwiebeln-Wein-Rezept.

Für die vollständigen Augensalben-Rezepte wurden 25 ml geschälte, fein gehackte Knoblauchknollen entweder mit 25 ml geschälten, fein gehackten gelben Zwiebeln oder 25 ml fein gehacktem Lauch (Blätter) gemischt. Diese Zutaten wurden 2 Minuten lang mit einem Mörser und einem Stößel zerkleinert. Das Rezept verlangt, dass man die Mischung gut schlägt und zubereitet.

Knoblauch und Zwiebeln haben die Wissenschaftler frisch von einem Gemüsehändler gekauft. Die 25 Milliliter Wein wurden zum zerkleinerten Gemüse gegeben. Dazu verwendete man einen organischen weißen englischen Wein von einem Weinberg – produziert 7 Meilen entfernt von dem Dorf Panborough in Somerset gelegen. Und zwar deswegen, weil Aufzeichnungen dokumentieren, dass das angelsächsische Kloster St. Marys Abbey in Glastonbury Landrechte zu einem Weinberg bei Panborough hatte.

Die Forscher fügten dann 25 ml in Wasser gelöste Ochsengalle hinzu. Die Mischung aus Knoblauch und Zwiebeln, Wein und Ochsengalle wurde schließlich in eine sterile 250-ml-Flasche gegeben, der Deckel wurde geschlossen und die Flasche in Folie eingewickelt. Denn das ursprüngliche Gefäß war vermutlich nicht transparent und die Forscher nicht wussten, ob irgendwelche Zutaten lichtempfindlich waren. Die Mischung wurde dann 9 Tage lang bei 4 ° C gekühlt. Das Rezept beschriebt, dass die Mischung abgesiebt und „gut gereinigt“ wird – vor Gebrauch oder weiterer Lagerung.

 

Fazit

Die Medizin im Mittelalter wurde im Allgemeinen als rückständig oder abergläubisch abgetan. Aber neuere Forschungen zeigen eben eindeutig, dass es unter den Mitteln auch Methoden und Rezepte gab, die auf eine wirksame Anwendung hinweisen.

Schließlich waren Ergebnisse des hergestellten mittelalterlichen Rezepts erstaunlich. Das Rezept mit Ochsengalle, Knoblauch, Zwiebeln und Wein als Lösung hatte bemerkenswerte Auswirkungen auf Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), einen der Antibiotika resistentesten Supererreger, die weltweit enorm Kosten verursacht.

Unter dem Strich gilt Bald’s Leechbook als eines der frühesten bekannten medizinischen Lehrbücher. Darin findet man angelsächsische Ratschläge zu medizinischen Fragen sowie Rezepte für Medikamente, Tinkturen, Tees, Salben und anderen Behandlungen.


Literatur:

Harrison F, Roberts AE, Gabrilska R, Rumbaugh KP, Lee C, Diggle SP. A 1,000-Year-Old Antimicrobial Remedy with Antistaphylococcal Activity. mBio. 2015 Aug 11;6(4):e01129. doi: 10.1128/mBio.01129-15. PMID: 26265721; PMCID: PMC4542191.

Sebbane F, Lemaître N. Antibiotic Therapy of Plague: A Review. Biomolecules. 2021 May 12;11(5):724. doi: 10.3390/biom11050724. PMID: 34065940; PMCID: PMC8151713.

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