Freitag, April 19, 2024

Antimikrobielle Oberflächentechnologie

Antimikrobielle Oberflächentechnologie kann in Kombination mit richtiger Hygiene das Risiko von Krankenhausinfektionen wesentlich verringern.

Oberflächen in Gesundheitseinrichtungen sind häufig mit multiresistenten Keimen flächendeckend besiedelt. Die Übertragung von Mikroorganismen in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel Krankenhäusern, auf Menschen mit beeinträchtigtem Wirtsabwehrmechnismus durch die Hände des Personals ist verantwortlich für den dramatischen Anstieg von Krankenhausinfektionen. Das Risiko an einer Krankenhausinfektion zu sterben, ist doppelt so hoch, wie bei einem Autounfall ums Leben zu kommen. Das Risiko einer Krankenhausinfektion korreliert mit der Anzahl an Mikroorganismen auf den Oberflächen. Zusätzlich steigt die Zahl multiresistenter Mikroorganismen dramatisch an. Die Entwicklung echter, keimfreier Oberflächen kann die Übertragung dieser Mikroorganismen vom Krankenhauspersonal zum Patienten reduzieren.

Inspiriert durch den körpereigenen Abwehrmechanismus (Säuremantel der Haut), werden saure Oberflächen durch die Einmischung von Molybdän(VI)-oxid (MoO3), Wolfram-Blauoxid oder Zinkmolybdat in Verbundwerkstoffe, wie zum Beispiel TPU, PE, PP, Silikon oder Melaminharz in Konzentrationen von zwei Prozent erreicht.

Der Wirkmechanismus basiert auf einer In-situ-Bildung von „gesäuertem Wasser“ aus der Luftfeuchtigkeit auf einer Oberfläche durch Elektronentransfer von der Übergangsmetallsäure zum Wasser:

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Der Oberflächen pH von zweiprozentiger Lewis-Säure in TPU beträgt 4,2. Die Protonen hemmen die Aktivität lebensnotwendiger Enzymsysteme. Die benötigten Konzentrationen bei Farben liegen im Bereich von 0,2 Prozent. Zinkmolybdat und Molybdentrioxid Submikropartikel werden durch Kristallsynthese erzeugt.

Diese Methode bietet antimikrobielle Aktivität gegen ein breites Spektrum an Mikroorganismen, einschließlich grampositiver und gramnegativer Mikroorganismen ungeachtet deren Antibiotikaresistenz, Pilzen und vieler Viren. Die Technik führt zur schnellen Vernichtung von Mikroorganismen auf Oberflächen von zum Beispiel 108 KBE/cm2 in weniger als drei Stunden. Außerdem wird die Anhaftung der Mikroorganismen an Oberflächen verhindert, eine Hemmung von Proliferation und Biofilmbildung konnte beobachtete werden. Als Wirkmechanismus wurde die Bildung von H+-Ionen, aber im Wesentlichen die Bildung von gesäuertem Wasser nachgewiesen, welches die BPR des Ausschusses für Biozidprodukte enthält. Zusätzlich konnte die Bildung freier Radikale auf Oberflächen, in situ erzeugt aus dem Umgebungswasser, und ein positives Zeta-Potenzial mit elektropositiven Oberflächenladungen nachgewiesen werden.

Die Additive sind unlöslich in Wasser und Alkohol; die Auswaschung dieser Additive aus Polymeren liegt unterhalb der Nachweisgrenze. Die Aktivität bleibt über die Produktlebensdauer erhalten. In Verbundwerkstoffe eingebettete Lewis-Säuren sind ungiftig und zeigen ausgezeichnete Biokompatibilität.

Molybdän und Zink sind essenzielle Spurenelemente. Die in Polymere eingebetteten Additive sind hitzestabil und beeinträchtigen die physikalischen Eigenschaften von zum Beispiel Polymeren nicht. Zahlreiche mit dieser Technologie ausgestattete Produkte wie beispielsweise Farben, Lacke und Kabel für Herz-Monitoring et cetera sind auf dem Markt erhältlich.

Die antimikrobielle Wirkung wird durch Schweiß oder Protein nicht inaktiviert; sie enthalten keine Nanopartikel oder organische Biozide. Antimikrobielle Aktivität, das Fehlen von Zytotoxizität, Hauttoxizität und Schleimhautverträglichkeit wurden durch akkreditierte Labore dokumentiert und bestätigt.

Übergangsmetalloxide gelten als Biozidprodukte zum Zweck der Produktzulassung. Die Übergangsregelung von Artikel 93 des BPR findet Anwendung für diese Technologie.

Schlussfolgerung: Antimikrobielle Oberflächentechnologie kann in Kombination mit richtiger Hygiene das Risiko von Krankenhausinfektionen wesentlich verringern.

Prof. Dr. Josef Peter Guggenbichler
Prof. Dr. Josef Peter Guggenbichler

Quelle:

Statement » Hygiene: Was leistet antimikrobielle Oberflächentechnologie? « von Prof. Dr. Josef Peter Guggenbichler, Geschäftsführer von AMiSTec, Kössen, Österreich anlässlich der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2016 in Düsseldorf.

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