Samstag, April 20, 2024

Antidepressiva zur Linderung von Schmerzen nach einer Operation

Antidepressiva können bekanntlich bei Fibromyalgie-Schmerzen helfen, zudem nutzen sie auch bei akuten oder chronischen Schmerzen nach einer Operation.

Antidepressiva bei Schmerzen sollen die drei unterschiedliche Symptome einer Schlafstörung, von Schmerzen sowie der Stimmungsbeeinträchtigung positiv beeinflussen können. Bekanntes Beispiel ist der Einsatz von Antidepressiva bei Fibromyalgie.

Der Einsatz dieser sogenannten trizyklischen Antidepressiva bei Schmerzen zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Wirkung eine Anhebung der Konzentration der Botensubstanz Serotonin im Gehirn erzielt.

Ursprünglich sind trizyklische Antidepressiva zur StimmungsaufheIlung bei depressiven Patienten gedacht. Wobei man dabei erheblich höhere Dosen als in der Schmerztherapie einsetzen sollte. Die Antidepressiva sollen hingegen einerseits eine müde machende, schlafanstoßende Wirkung haben. Und andererseits sollen sie auch eine eigenständige schmerzlindernde Wirkung erreichen.

Die müde machende Wirkung tritt sofort ein, wenn man Antidepressiva bei Schmerzen anwendet. Sie werden individuell sehr unterschiedlich vom Darm aufgenommen. Und die Leber verstoffwechselt sie, was zu unterschiedlichen Effekten bei einzelnen Patienten führt.

Bei fehlender Wirkung oder bei zu starken Nebenwirkungen kann der Arzt die Konzentration der Mittel im Blut bestimmen, um die Dosis entsprechend anpassen zu können.

Einsatz von Antidepressiva im Alter beleuchtet

Antidepressiva bei Schmerzen nach einer Operation

Narkosefachärzte der Queens Universität analysierten aktuell die Ergebnisse diverser Studien, bei denen die Wirkung von Antidepressiva bei Schmerzen – und hier speziell zur Linderung von postoperativen Schmerzen nach einer Operation – getestet wurde.

Sie wollten die Frage klären, ob Antidepressiva neben ihrer vorgesehenen, stimmungsaufhellenden Wirkung auch zusätzliche Eigenschaften besitzen, die einen Einsatz bei postoperativen Schmerzen rechtfertigt. Dieses Thema ist nach wie vor unter Experten Nährboden für Diskussionen.

 

Nutzen bei postoperativen Schmerzen

Im Zuge ihrer Untersuchungen analysierten unlängst Dr. Ian Gilron, Professor für klinische Schmerzen, und sein Team 15 passende Studien. Die Studien hatten das Ziel, den Nutzen von Antidepressiva bei Schmerzen nach einer Operation gegenüber anderen Schmerzmedikationen – beispielsweise Opioide oder lokale Anästhetika – zu evaluieren.

Klinische Studien dienen häufig dazu, die Effektivität bestimmter Arzneien in anderen, ursprünglich nicht indizierten Gebieten zu erforschen. Im Falle der Antidepressiva bei Schmerzen bildet die eventuell dadurch hervorgerufene Schmerzlinderung bei postoperativen Schmerzen nach wie vor ein interessantes Forschungsgebiet.

„In den letzten 50 Jahren konnten wir immer wieder beobachten, dass Antidepressiva – unabhängig von ihrer antidepressiven Wirkung – zur Schmerzlinderung der Beschwerden beitragen, “ erklärt Dr. Gilron.

„Denn trotz der besten verfügbaren Medikamente gibt es nach wie vor Patienten, die unter starken postoperativen Schmerzen leiden. Der potenziellen Nutzen der Antidepressiva bei Schmerzen dieser Art gilt unter Experten nach wie vor als ‚Hot-Topic‘.“

Antidepressiva gegen chronische Schmerzen als Co-Analgetika

Postoperative Schmerzen beeinflussen Lebensqualität, Wohlbefinden aber auch die Heilungsphase

Postoperative Schmerzen können nicht nur Lebensqualität und Wohlbefinden massiv beeinflussen. Hingegen können sie auch die Heilungsphase nach der Operation negativ beeinflussen bzw. verlängern.

Im Zuge der aktuellen Untersuchung, konnten die Wissenschafter in etwa der Hälfte der untersuchten Studien eine Reduktion der Schmerzen nach der Operation – bedingt durch die Einnahme von Antidepressiva – feststellen.

„Das ist mehr als nur Zufall,“ erklärt Dr. Gilron. „Es ist momentan noch zu früh für eine allgemeine Empfehlung. Dennoch sollte die Wissenschaft in punkto Antidepressiva bei Schmerzen beziehungsweise deren potenziellen Nutzen zur Linderung von postoperativen Schmerzen weiterhin intensiv erforschen.“

Die Experten analysierten die Ergebnisse mehrerer klinischer Studien. Und zwar befassten sich alle mit dem Nutzen von Antidepressiva bei akuten oder chronischen Schmerzen nach einer Operation.

 

Antidepressiva bei Fibromyalgie

Im Grunde genommen haben Antidepressiva wie eingangs erwähnt ein große Bedeutung in der medikamentösen Behandlung von Fibromyalgie-Patienten. Sie helfen zwar nur jedem dritten, meist weiblichen Patienten. Jedoch, da es keine vernünftigen Alternativen gibt, sind Antidepressiva bei Fibromyalgie nach wie vor erste Wahl.

In Studien konnte gezeigt werden, dass Antidepressiva bei Fibromyalgie die Schmerzen auch bei Patienten lindert, die nicht unter depressiven Verstimmungen leiden. Denn in niedriger Dosierung können Antidepressiva auch in die Schmerzverarbeitung eingreifen.

Eine langfristige Wirksamkeit von Antidepresiva ist allerdings nicht zu erwarten, daher sollten sie nur zeitlich begrenzt angewendet werden – während akuter Schmerzschübe.

Eine Dauerbehandlung mit Antidepressiva bei Fibromyalgie sollte vor allem dann erwogen werden, wenn der eingesetzte Wirkstoff die Schmerzen lindern helfen wosie die Schlafqualität verbessern – und die Nebenwirkungen erträglich sind.

Antidepressiva zur Linderung von Schmerzen


Literatur:

Sheline YI, Yu M. Linking antidepressant performance with pain network connectivity. Lancet Psychiatry. 2019 Aug;6(8):635-636. doi: 10.1016/S2215-0366(19)30250-0. Epub 2019 Jun 24. PMID: 31248838.

Gilron I. Antidepressant Drugs for Postsurgical Pain: Current Status and Future Directions. Drugs. 2016 Feb;76(2):159-67. doi: 10.1007/s40265-015-0517-4. PMID: 26732724.


Bildtext. Wirkung der Antidepressiva bei Schmerzen zur Linderung von postoperativen Beschwerden weiter untersuchen. © Alexander Raths / shutterstock.com

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