Donnerstag, April 25, 2024

Offener Brief zu den Ansteckungsgefahren in der Corona-Pandemie aus Sicht der Aerosolforschung

Experten der Aerosolforschung betonen, dass die Politik bislang wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse der Corona-Pandemie nicht berücksichtigte. Stattdessen setzt man auf symbolische Maßnahmen wie Maskenpflicht beim Joggen, die keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen erwarten lassen.

Mitglieder der Gesellschaft für Aerosolforschung haben an die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Angela Merkel, und die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Länder sowie an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und die Gesundheitsminister und Gesundheitsministerinnen der Länder einen Offenen Brief zu den Ansteckungsgefahren aus Aerosolwissenschaftlicher Perspektive geschrieben. Sie betonen dabei den Konsens in der Aerosolforschung, dass in der Corona-Pandemie die Übertragung der SARS-CoV-2 Viren fast ausnahmslos in Innenräumen stattfindet. Unterzeichnet haben den Offenen Brief Dr. Christof Asbach, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF), Dr. Birgit Wehner, Generalsekretärin der Gesellschaft für Aerosol- forschung (GAeF), Dr. Gerhard Scheuch, Ehemaliger Präsident der ISAM (International Society for Aerosols in Medicine), Dr. Andreas Held, Stellvertretender Präsident der GAeF, Dr. Sebastian Schmitt, Kassenwart der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF).

 

Übertragung der SARS-CoV-2 Viren findet fast ausnahmslos in Innenräumen statt

Die Corona Pandemie lässt uns auch nach mehr als zwölf Monaten nicht los. Sie ist zu einer schweren Belastung für Bürgerinnen und Bürger geworden. Deren Gefühlslage schwankt zwischen Hoffnung und Verzweiflung, wie jeder aus seinem persönlichen Umfeld zu berichten weiß. Hoffnung macht die Wissenschaft. Experten aus der Aerosolforschung sind vielfältige Erkenntnisse zur Übertragung der SARS -CoV-2 Viren in der Corona-Pandemie über den Luftweg publiziert worden. Experten aus der Aerosolforschung haben diese Studien der Corona-Pandemie zusammengefasst und aufbereitet und in einem im Winter 2020 erschienenen Positionspapier der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF, s. Anhang) veröffentlicht.

Doch die Experten aus der Aerosolforschung bedauern, dass bis heute wesentliche Erkenntnisse ihrer Forschungsarbeit nicht in praktisches Handeln für die Corona-Pandemie übersetzt wurden. Stattdessen werden eher symbolische Maßnahmen wie die Maskenpflicht beim Joggen erlassen, die keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen erwarten lassen.

Dabei ist deren zentraler Baustein mittlerweile Konsens in der Wissenschaft: Die Übertragung der SARS-CoV-2 Viren findet fast ausnahmslos in Innenräumen statt. Übertragungen im Freien sind äußerst selten und führen nie zu ‚Clusterinfektionen‘, wie das in Innenräumen zu beobachten ist. Zu diesen Gruppeninfektionen gehören bevorzugt Altenheime, Wohnheime, Schulen, Veranstaltungen, Chorproben oder Busfahrten.

 

Die Experten aus der Aerosolforschung mussten die Erfahrung machen, dass die öffentliche Corona-Debatte immer noch nicht den wissenschaftlichen Erkenntnisstand abbildet.

Viele Bürgerinnen und Bürger haben falsche Vorstellungen über das mit dem Virus verbundene Ansteckungspotential. „Draußen ist es gefährlich“, so deren Eindruck nicht zuletzt aus der Berichterstattung über die von der Politik getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung.

Es werden Treffen in Parks verboten, Rhein- und Mainufer gesperrt, Innenstädte und Ausflugsziele für den Publikumsverkehr abgeriegelt. Auch die aktuell diskutierten Ausgangssperren müssen in diese Aufzählung irreführender Kommunikation aufgenommen werden. Die Experten der Aerosolforschung teilen das Ziel einer Reduzierung problematischer Kontakte in Innenräumen, aber die Ausgangssperren versprechen in der Corona-Pandemie mehr als sie halten können.

Die heimlichen Treffen in Innenräumen werden damit nicht verhindert. Sondern lediglich die Motivation erhöht man damit, sich den staatlichen Anordnungen noch mehr zu entziehen. Die Reduzierung problematischer Kontakte in Innenräumen gelingt deshalb nur mit überzeugenden Argumenten für einen gelingenden Selbstschutz.

 

Um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, muss man aus Sicht der Experten aus der Aerosolforschung die Menschen sensibilisieren, dass DRINNEN die Gefahr lauert.

In den Wohnungen, in den Büros, in den Klassenräumen, in Wohnanlagen und in Betreuungseinrichtungen müssen Maßnahmen ergriffen werden. Die andauernden Debatten über das Flanieren auf Flusspromenaden, den Aufenthalt in Biergärten, das Joggen oder das Radfahren haben sich längst als kontraproduktiv erwiesen.

Wenn den Bürgerinnen und Bürgern alle Formen zwischenmenschlicher Kontakte als gefährlich vermittelt werden, verstärkt man damit paradoxerweise die überall erkennbare Pandemie-Müdigkeit. Nichts stumpft uns Menschen bekanntlich mehr ab als ein permanenter Alarmzustand.

Die Forscher betonen, dass man sich deshalb um die Orte kümmern, wo die mit Abstand allermeisten Infektionen passieren. Und man sollte nicht begrenzten Ressourcen auf die wenigen Promille der Ansteckungen im Freien verschwenden.

 

Mit klugen Maßnahmen Übertragungen effektiv reduzieren

Dabei lassen sich durch die kluge Koordinierung von Maßnahmen die Übertragungen effektiv reduzieren. Diese sind auch ohne eine naturwissenschaftliche Ausbildung nachvollziehbar: Es sind unsere goldenen Regeln zur Infektionsvermeidung.

  1. Infektionen finden in Innenräumen statt, deshalb sollten sich möglichst wenige Menschen außerhalb ihres Haushaltes dort treffen. Zusätzlich muss man beachten, dass in Innenräumen auch dann eine Ansteckung stattfindet, wenn man sich nicht direkt mit jemandem trifft, sich aber ein Infektiöser vorher in einem schlecht belüfteten Raum aufgehalten hat!
  2. Man sollte die Zeiten der Treffen und die Aufenthaltszeiten in Innenräumen so kurz wie möglich gestalten.
  3. Man sollte durch häufiges Stoß- oder Querlüften Bedingungen wie im Freien schaffen.
  4. Das Tragen von effektiven Masken ist in Innenräumen nötig. In der Fußgängerzone eine Maske zu tragen, um anschließend im eigenen Wohnzimmer eine Kaffeetafel ohne Maske zu veranstalten, trägt praktisch nicht zur Infektionsvermeidung bei. Dabei ist zu beachten, dass der Dichtsitz der Maske für ihre Effektivität mindestens genauso wichtig ist, wie die Abscheideeffizienz des Materials.
  5. Raumluftreiniger und Filter sind überall dort zu installieren, wo Menschen sich länger in geschlossenen Räumen aufhalten müssen. Das sind Wohnheime, Schulen, Alten- und Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, Büros sowie andere Arbeitsplätze.
  6. In großen Hallen und Räumen ist die Ansteckungsgefahr viel geringer als in kleinen Versammlungsräumen. Wenn man also wieder Theater, Konzerte, und Gottesdienste stattfinden lassen will, sollte das in großen gut gelüfteten Hallen stattfinden oder wenn möglich ins Freie ausgewichen werden.

 

Die Kombination dieser Maßnahmen führt zum Erfolg

Wenn man die Maßnahmen entsprechend kommuniziert, gewinnen damit die Menschen in dieser schweren Zeit zugleich ein Stück ihrer Bewegungsfreiheit zurück. Wer sich zum Kaffee in der Fußgängerzone trifft, muss niemanden in sein Wohnzimmer einladen. Dort ist die Einhaltung der bekannten Hygieneregeln zu erwarten, zu Hause dagegen nicht.


Quelle:

Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF): www.info.gaef.de

 

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