Freitag, April 19, 2024

Aluminiumaufnahme über die Haut und aus der Nahrung reduzieren

Eine bedenkliche Aluminiumaufnahme, die dem Körper schadet, kann über die Haut und aus der Nahrung erfolgen. Eine Reduzierung minimiert die Gesundheitsrisiken.

Wir Menschen können aus verschiedenen Quellen gesundheitlich bedenkliche Aluminiummengen aufnehmen. Dies ist das Ergebnis einer neuen deutschen Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Die zeigt erstmals die gesamte Aluminiumaufnahme der Bevölkerung über die Haut und aus der Nahrung. Dabei bewerteten die Forscher auch die verschiedenen Aluminiumquellen bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit.



Aluminiumquellen

Aufnahmequellen sind unter anderem Lebensmittel, Kosmetika wie Antitranspirantien, aluminiumhaltige Zahncremes und Sonnencremes sowie Bedarfsgegenstände wie unbeschichtete Menüschalen und Aluminiumfolie. Die BfR-Studie zeigt, dass gesundheitlich tolerierbare wöchentliche Aufnahmemengen in allen Altersgruppen deutlich überschritten werden können.

Das BfR empfiehlt daher, die Aluminiumaufnahme über die Haut und aus der Nahrung aus allen vermeidbaren Quellen zu verringern. Damit kann man ein erhöhtes Gesundheitsrisiko vermeiden. „Es bestehen noch wissenschaftliche Unsicherheiten, besonders bei der Einschätzung der Langzeitfolgen sowie der tatsächlichen Aufnahmemengen von Aluminium über die Haut“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.

 

Maßnahmen, um seine Aluminiumaufnahme zu verringern

Wer seine Aluminiumaufnahme reduzieren will, sollte sparsam mit unbeschichteten Lebensmittelkontaktmaterialien, Antitranspirantien und aluminiumhaltigen kosmetischen Produkten umgehen. Von der Zubereitung und Lagerung von insbesondere sauren und salzigen Lebensmitteln aus unbeschichteten Aluminiumbehältnissen oder Alufolie rät das BfR generell ab.

Verbraucherinnen und Verbraucher können somit ihre Aluminiumaufnahme beeinflussen. Bei Reduzierung der genannten und vermeidbaren Einträge sind für die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten.

 

Abschätzung der Gesamt-Aluminiumaufnahme

Die BfR-Studie hat die Gesamt-Aluminiumaufnahme für die verschiedenen Altersgruppen – Säuglinge, Kleinkinder, Kinder, Jugendliche, Erwachsene – sowie von Normal- und Vielverzehrern abgeschätzt.

Das Institut stützt sich bei der Expositionsschätzung und gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln auf Gehalts- und Verzehrsdaten der deutschen Pilot-Total-Diet-Studie und der Nationalen Verzehrstudie II. Es zeigt sich, dass der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleitete gesundheitliche Richtwert, der einer wöchentlichen duldbaren Aufnahmemenge (TWI) von 1 mg je Kilogramm Körpergewicht entspricht, im Durchschnitt zu ca. 50 % durch Lebensmittel ausgeschöpft wird.



Aluminiumaufnahme vor allem über die Haut

Zur Bewertung der Gesamtbelastung mit Aluminium hat das BfR zudem noch abgeschätzt, wie viel Aluminium die Bevölkerung aus Lebensmittelkontaktmaterialien wie unbeschichteten Aluminiumschalen oder -backblechen, aus Kosmetika wie Lippenstift, Zahnpasta, Antitranspirantien, Sonnenschutzmitteln aufnimmt. Aber auch aus Impfstoffen und weiteren Medikamenten. Die so berechnete Gesamtaufnahmemenge kann den von der EFSA abgeleiteten TWI für alle Altersgruppen überschreiten.

 

Junge Risikogruppen

Als besondere Risikogruppen für eine hohe Aluminiumexposition bzw. damit verbundene Gesundheitsrisiken hat das BfR identifiziert:

– Säuglinge und Kleinkinder, die mit speziell adaptierter sojabasierter, lactosefreier oder hypoallergener Nahrung gefüttert werden. Das BfR empfiehlt daher, Säuglinge bis zum sechsten Monat ausschließlich zu stillen und anschließend mit normaler Kost zuzufüttern.

– Kinder (zwischen 3 und 10 Jahren), die sich sehr häufig von Lebensmitteln ernähren, die in Gegenständen aus unbeschichtetem Aluminium verpackt, erhitzt oder warmgehalten wurden (Aluminiumfolie, -menüschalen). Sie können gesundheitlich bedenkliche Aluminiumgehalte aufnehmen.

– Jugendliche (11 bis 14-Jährige) und Erwachsene (älter als 14 Jahre), die häufig Antitranspirantien sowie aluminiumhaltige weißende Zahncreme nutzen und sehr häufig Lebensmitteln verzehren, die in Gegenständen aus unbeschichtetem Aluminium verpackt, erhitzt oder warmgehalten wurden (Aluminiumfolie, -menüschalen).

– Da Aluminium sehr lange im Körper gespeichert wird, ist eine hohe Aluminiumexposition insbesondere für junge Menschen kritisch zu sehen. Aluminium ist plazentagängig. Wenn junge Frauen bspw. über Kosmetikprodukte hohe Mengen an Aluminium aufnehmen, könnten bei einer Schwangerschaft die ungeborenen Kinder ebenfalls einer erhöhten Konzentration an Aluminium ausgesetzt sein. Jede Aluminiumaufnahme aus einer vermeidbaren Expositionsquelle über einen längeren Zeitraum sollten insbesondere junge Frauen aus Sicht des BfR daher kritisch abwägen.



 

Aluminiumaufnahme in der Nahrung

Zu den besonders aluminiumhaltigen Lebensmitteln gehören Tee, Kaffee, Gewürze und kakaohaltige Lebensmittel wie Schokolade. Doch auch Hülsenfrüchte, Gemüse und Getreide können größere Mengen an Aluminium enthalten. Zusätzlich können Lebensmittel durch den Übergang von Aluminium aus Lebensmittelkontaktmaterialien belastet sein. Das BfR hat in diesem Zusammenhang auf die hohen Aluminiumgehalte in Laugenbrezeln, die auf Aluminiumblechen gebacken wurden, oder Apfelsaft, der in unbeschichteten Aluminiumtanks gelagert wurde, hingewiesen.

 

Gesundheitliche Risiken

Bei einer zu hohen Aluminiumaufnahme über einen längeren Zeitraum hinweg ist ein erhöhtes Gesundheitsrisiko möglich. Eine hohe Aufnahme von Aluminiumverbindungen kann Entwicklungsstörungen des Gehirns und der Motorik sowie Schäden an Nieren, Leber und Knochen verursachen. Denn Aluminiumverbindungen können entzündliche Effekte oder oxidativen Stress in Zellen auslösen, wodurch die Zellen geschädigt werden.

Zudem ist der Stoffwechsel der Zelle beeinflusst und die Zellen können sich nicht mehr ausreichend mit Energie versorgen, was zum Absterben der Zelle führen kann (Apoptose).

Die EFSA hat als empfindlichsten Endpunkt zur Ableitung ihres gesundheitlichen Richtwertes entwicklungsneurotoxische Effekte (Entwicklung des Gehirns im Hinblick auf Lernverhalten und Motorik) zugrunde gelegt.

Als empfindlichster Endpunkt wird der gesundheitsschädliche Effekt bezeichnet, der von allen beobachteten Effekten bei der niedrigsten Dosis auftritt.




Literatur:

Thomas Tiet, Ariane Lenzner, Anna Elena Kolbaum, Sebastian Zellmer, Christian Riebeling, Rainer Gürtler, Christian Jung, Oliver Kappenstein, Jutta Tentschert, Michael Giulbudagian, Stefan Merkel, Ralph Pirow, Oliver Lindtner, Tewes Tralau, Bernd Schäfer, Peter Laux, Matthias Greiner, Alfonso Lampen, Andreas Luch, Reiner Wittkowski, Andreas Hensel.
Aggregated aluminium exposure: risk assessment for the general population. First Online: 28 October 2019. Archives of Toxicology, pp 1–19.


Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

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