Donnerstag, April 25, 2024

Weißbuch Alterstraumatologie: Fraktur-Therapie bei Älteren

Das neue, online verfügbare Weißbuch Alterstraumatologie fasst Empfehlungen für die optimale Versorgung von Frakturen bei Älteren zusammen.

Sehr viele ältere Menschen erleiden Oberschenkelhalsbrüche, der Wirbel oder Arme. Diese Tendenz steigt stetig und stark an. Altersbrüche zählen aufgrund des demografischen Wandels mittlerweile zu den häufigsten Ursachen für eine Krankenhauseinweisung und spätere Pflegebedürftigkeit. Menschliches Leid und Immobilität aber auch hohe Kosten für das Sozialwesen gehen damit einher. Um die Behandlung von älteren Patienten zu verbessern, hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, nationale Empfehlungen für die optimale Versorgung erarbeitet. Das Weißbuch Alterstraumatologie fast diese erstmalig zusammen.

 

Behandlung ganzheitlich und altersangepasst durchführen

Unfallchirurgen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Brüche bei den betagten Patienten in den kommenden Jahren verdoppeln oder gar verdreifachen könnte. So hat beispielsweise die Anzahl der Oberschenkelhalsbrüche in den vergangenen 15 Jahren um 20 Prozent zugenommen. Damit ist die Fraktur am Hüftgelenk der häufigste Grund für eine Klinikeinweisung bei über 85-jährigen Frauen.

Bis zu 50 Prozent der Patienten sind anschließend hilfsbedürftig oder können nicht mehr in ihr häusliches Umfeld zurück. Das ist für die Patienten ein dramatischer Einschnitt und belastet die Sozialkassen in steigendem Maße.

„Durch den dramatischen Anstieg der Brüche wird es in Zukunft sowohl an Geld als auch an Personal fehlen, um alle Patienten, die nach einem Unfall auf Hilfe angewiesen sind, ausreichend zu versorgen“, sagt Professor Dr. med. Ulrich Liener, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Die Behandlung von Knochenbrüchen bei Älteren ist durch ihr hohes Alter und die damit einhergehenden Begleiterkrankungen erschwert.

„Die betagten Patienten sind häufig gebrechlich, haben kognitive Einschränkungen und leiden an Herz- oder Niereninsuffizienz“, so Professor Liener. Dieser komplexen Gesamtsituation der Patienten könne man nur durch einen ganzheitlichen Behandlungsansatz gerecht werden.

 

Spezielle Zentren mit Alterstraumatologie

Ähnlich den „Stroke Units“ für die Schlaganfallbehandlung haben Unfallchirurgen jetzt spezielle Zentren etabliert, in denen in einem interprofessionellen Team Patienten ganzheitlich versorgt werden. SChließlich sollen die älteren Patienten in ihr altes soziales Umfeld reintegriert werden.

Mehreren großen wissenschaftlichen Untersuchungen konnten zeigen, dass eine interprofessionelle Behandlung der Patienten durch ein Team – bestehend aus Unfallchirurgen, Altersmedizinern, Physiotherapie, Sozialdienst und Pflege – zu einer deutlichen Verbesserung der Ergebnisse in Bezug auf die Rückkehr in das alte soziale Umfeld, Verringerung der Komplikationen und vor allem zu einer Verringerung der Sterblichkeit führt.

 

Alterstraumazentren: Verbesserung der Versorgung und Kostensenkung

Ebenfalls ist zu erwarten, dass mit der Verbesserung der Versorgung eine Kostensenkung verbunden sein wird. Aufgrund der Problematik war es notwendig, wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für die Behandlung von Verletzungen im Alter aufzuzeigen. Diese finden sich jetzt erstmalig im Weißbuch Alterstraumatologie zusammengefasst.

Nur durch eine strukturierte Versorgung können Patienten rasch operiert, gefährliche Wechselwirkungen vermieden und die Delir-Rate gesenkt werden. Dieser interprofessionelle Ansatz wird in den Alterstraumazentren umgesetzt. Aktuell sind deutschlandweit fast 80 dieser Alterstraumazentren zertifiziert; über 180 haben sich bereits zur Zertifizierung angemeldet. In diesen Zentren steht den Patienten ein orthogeriatrisches Behandlungsteam zur Verfügung und entsprechende Strukturen werden vorgehalten.

 

AltersTraumaRegister

Alle AltersTraumaZentrum DGU® verpflichten sich außerdem zur Teilnahme am AltersTraumaRegister® – einer Datenbank. Diese flächendeckende Erfassung der Prozess- und Ergebnisqualität ist essenziell, um den Therapieerfolg darzustellen. Nur ein unabhängiges nationales Register erlaubt die Weiterentwicklung der Behandlungsverfahren und den Vergleich der Behandlungsergebnisse auf der Basis von wissenschaftlichen Daten. „Wir hoffen, dass auf diese Weise immer mehr alte Menschen nach dem Unfall wieder in ein selbstständiges Leben zurückkehren können.“

Das Weißbuch Alterstraumatologie ist zum kostenlosen Download verfügbar: http://www.dgu-online.de/qualitaet-sicherheit/alterstraumatologie/weissbuch-alterstraumatologie.html


Quelle:

Statement » Empfehlungen zur Behandlung älterer Menschen mit Frakturen: Das Weißbuch Alterstraumatologie der DGU « – Professor Dr. med. Ulrich Liener Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Alterstraumatologie der DGU, Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Marienhospital Stuttgart beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU), Oktober 2018, Berlin

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