Montag, März 18, 2024

Alkoholismus bei ­Frauen kommt heute deutlich häufiger vor

Alkoholismus bei Frauen nimmt deutlich zu, das Verhältnis trinkender Männer zu trinkenden Frauen veränderte sich in den letzten Jahrzehnten auf 3:1.

Unter dem Strich nimmt der Alkoholismus bei ­Frauen deutlich messbar zu, denn das Verhältnis trinkender Männer zu trinkenden Frauen hat sich im vergangenen Jahrzehnt von 4:1 auf 3:1 verschoben. Damit kam es also bei Frauen bezüglich Alkoholismus zu einer starken Zunahme. Allerdings hat aber auch die Behandlungsbereitschaft alkoholkranker Frauen zugenommen. Übrigens gilt Alkoholismus allgemein als Familienkrankheit.

 

Alkoholismus bei ­Frauen und Männer im Vergleich

Alkoholismus bei Frauen und Männern zeigt eine Reihe von Unterschieden. Die alkoholkranke Frau ist durchschnittlich 34 Jahre alt und damit durchschnittlich 7 Jahre älter als der alkohol­kranke Mann. Sie ist häufiger geschieden, und ihr Bildungsniveau ist signifikant höher als das des alkohol­kranken Mannes.

Weiters beträgt die pathologische Trinkdauer bei Frauen 10 Jahre und bei Männern 15 Jahre. Als pathologische Trinkdauer bezeichnet man übrigens die Zeitspanne vom Beginn des problematischen Trinkens mit durchschnittlich 34 Jahren bis zum ersten professionell bereuten Alkoholentzug.



 

Psychische Belastungen und Schmerzen als wichtige Ursachen von Alkoholismus bei ­Frauen

Für Alkoholismus bei ­Frauen sind mehrere Gründe verantwortlich. Sowohl jüngere als auch ältere Frauen setzen Alkohol häufiger als Therapie ein, um Ängsten, Verstimmungen, Kindheits-Traumen und Schmerzen besser zu begegnen. Deswegen spricht man hier von sekundärem Alkoholismus, da die primären Ursachen psychische Konflikte oder eben Schmerzen sind.

Frauen trinken schneller größere Mengen – es kommt bei ihnen deswegen früher zu einem problematischen Konsum und zur Alkohol­krankheit. Problematisch sind in diesem Zusammenhang auch physiologische Gegebenheiten wie langsamerer Alkoholabbau und die raschere Reaktion der Organe.

Auch soziale rollenspezifische Unterschiede sind von Bedeutung. Trotz vielfacher Veränderung in den geschlechtsspezifischen Rollenbildern ist Alkoholismus bei ­Frauen stärker stigmatisiert als bei Männern, bei denen – bis schwerwiegende Probleme auftauchen – viel Trinken in aller Regel mit einem positiven männlichen Image besetzt ist.

Meist ist jedenfalls ein sekundärer Alkoholismus bei ­Frauen zu beobachten. Denn nur ein geringer Prozentsatz der Frauen gehört der Gruppe der primären Alkoholkranken an. Typisch für primären Alkoholismus ist das Trinkmuster des langsam und stetig ansteigenden Alkoholkonsums.

Die Betroffenen rutschen dabei über traditionelles soziales Trinkverhalten in die Alkoholkrankheit. In dieser Gruppe finden sich insofern hauptsächlich Männer, weil diese Trinkgewohnheiten auch eng verbunden sind mit spezifisch männerdominierten Berufssparten und Freizeitaktivitäten. Und zwar sind das beispielsweise das Bau- und Gastgewerbe sowie Mitgliedschaften in einem Fußball-, Musik- oder Schützenverein. Es gibt aber noch viele weitere Beispiele für dazugehörige Trinkkulturen.



 

Alkoholismus ist eine Familienkrankheit

Von besonderer Bedeutung für die Therapie von Alkoholismus bei ­Frauen ist die Tatsache, dass Suchterkrankung eine Familienkrankheit ist, wobei das aber auch für Männer gilt. Denn es ist praktisch immer die ganze Familie davon betroffen.

  • 43 Prozent der Patientinnen und Patienten haben alkoholkranke Eltern.
  • Knapp ein Fünftel der alkoholkranken Frauen haben einen alkoholkranken Partner.
  • 22 Prozent der Kinder aus Suchtfami­lien übernehmen die Suchterkrankung der Eltern. Das heißt es besteht in einer Familie mit alkoholkranken Eltern ein 8-fach höheres Risiko, alkoholkrank zu werden.
  • Sehr viele Kinder beziehungsweise später Betroffene haben Eltern mit einem problematischen Umgang mit Alkohol. Mehrere Faktoren spielen für Kinder aus Familien mit alkoholkranken Eltern eine besondere Rolle. Diese Kinder lernen an einem »Modell«, dass Alkohol nicht als Genussmittel konsumiert wird, sondern als Medikament eingesetzt wird. Es besteht eine hohe positive Erwartung an den Alkohol, in kritischen Lebenssituationen als Problemlöser zu fungieren. Die hohe positive Erwartung hängt eng mit einer späteren Suchtentwicklung zusammen.



Literatur:

North CS. Alcoholism in women. More common–and serious–than you might think. Postgrad Med. 1996 Oct;100(4):221-4, 230, 232-3. doi: 10.3810/pgm.1996.10.103. PMID: 8858093.


Quelle:

Anton Proksch-Institut Kalksburg www.api.or.at

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