Donnerstag, April 18, 2024

Chronische Schmerzen mit regelmässig Alkohol behandeln, um eine Behinderung zu verhindern

Patienten, die chronische Schmerzen haben, können mit dem regelmäßigen Konsum von Alkohol die Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung senken.

Viele Menschen leiden an Schmerzen und konsumieren auch Alkohol. Deswegen sind die Wechselbeziehungen zwischen Schmerzen und Alkohol von zunehmendem Interesse für die Forschung. Denn beide haben beträchtlichen Einfluss auf das soziale Leben der Betroffenen sowie deren Psyche. Wobei die Sucht nach Alkohol und chronische Schmerzen als weit verbreitete Erkrankungen auch die öffentlichen Gesundheitsausgaben sehr belasten.

Eine unlängst durchgeführte britische Untersuchung zeigte jedoch auch Vorteile von Alkohol bei Schmerzen. Wissenschaftler untersuchten dazu 13.574 Personen. Dabei hatten die Studienteilnehmer ein Durchschnittsalter von 55 Jahren bei den Männern und 57 Jahren bei den Frauen. Schließlich identifizierten die Forscher aus der Gesamtgruppe 2.239 Patienten mit chronischen Schmerzen. Die meisten Studienprobanden litten an Fibromyalgie.

 

21 bis 35 Wocheneinheiten Alkohol brachten Vorteile

Jene Patienten mit chronischen Schmerzen, die regelmäßig Alkohol konsumierten, waren zumeist wesentlich moderater beeinträchtigt. Und zwar verglichen mit jenen, die nie oder nur selten tranken. Die Einzelergebnisse zeigten, dass jene Patienten mit Schmerzen, die 21 bis 35 Einheiten Alkohol pro Woche tranken, eine 67 % geringere Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung hatten. Eine Einheit Alkohol war etwa ein halber Liter Bier mit durchschnittlicher Stärke. Ein kleines Glas Wein oder ein Drink mit Spirituosen galten ebenfalls als eine Alkoholeinheit.

 



 

Alkohol bei chronischen Schmerzen nützlich

„Wir wollen zwar nicht allgemein sagen, dass bei Patienten mit chronischen Schmerzen regelmäßiger Alkoholkonsum weniger Behinderungen verursacht. Doch unsere beobachteten Zusammenhänge rechtfertigen aber weitere Untersuchungen“, sagte Dr. Gary Macfarlane, Co-Autor der Studie.

Die Forscher fordern deswegen, dass man hierzu weitere Untersuchungen zum Wirkmechanismus erforschen sollte. Keinesfalls sollten Patienten nun damit beginnen, sich in Selbsttherapie dem Alkohol hinzugeben. Denn allgemein gilt ein Konsum von 21 bis 35 Alkoholeinheiten pro Woche keineswegs als empfehlenswert.

 

Chronische Schmerzen weit verbreitet

Zu den häufigsten Krankheitsbildern chronischer Schmerzen gehören Rücken- und Kopfschmerzen, gefolgt von Nervenschmerzen. Bei solchen Patienten liegt ein schwer behandelbares Schmerzsyndrom vor. Wobei sich der Schmerz verselbständigt hat und eben zu einer eigenständigen Krankheit mutierte. Man spricht von der chronischen Schmerzkrankheit. Im Englischen nennt man die Chronic Widespread Pain (CWP).

Es ist nicht leicht, chronische Schmerzen effektiv zu behandeln. Die Situation ist bis heute ungenügend. Menschen mit chronischen Schmerzen leiden im Durchschnitt sieben Jahre lang an den Beschwerden. Bei 21 Prozent der Betroffenen dauert das Leiden sogar 20 Jahre oder länger.

Der Missbrauch von Alkohol kann allerdings allgemein auch starke psychosoziale Probleme verursachen!

Chronische Schmerzen können zu Behinderung und starken Bewegungseinschränkungen führen. In vielen Fällen können die betroffenen Menschen ihren Beruf nicht mehr ausüben. Doch der Einfluss belastet auch die Freizeitaktivitäten. Oft vernachlässigen die Patienten ihre sozialen Kontakte und sogar ihre Partner. Letztendlich führen die Schmerzen zur Isolation und zur Resignation. Es kommt zum Verlust der Lebensfreude, zu Depressionen und eben auch zum Missbrauch von Alkohol und anderen Drogen.

Im Grunde genommen sind Menschen mit chronischen Schmerzen natürlich aber auch sehr teuer für das Gesundheitssystem. Denn die Kosten für medizinische Leistungen und Arbeitsausfälle sowie krankheitsbedingte Frührenten sind zu einem echten volkswirtschaftlichen Faktor geworden.

Grundsätzlich wechseln Menschen mit chronischen Schmerzen verständlicherweise häufig den Arzt. Leider stellen Therapeuten oft falsche Diagnosen und leiten unzureichend wirkende Behandlungen ein. Dies ist verbunden mit wiederholten, langen, kostenintensiven Krankenhausaufenthalten und unnötigen Operationen.




Literatur:

Maleki N, Tahaney K, Thompson BL, Oscar-Berman M. At the intersection of alcohol use disorder and chronic pain. Neuropsychology. 2019 Sep;33(6):795-807. doi: 10.1037/neu0000558.

Emily L. Zale,a Stephen A. Maisto, Joseph W. Ditrea. Interrelations between Pain and Alcohol: An Integrative Review. Clin Psychol Rev. 2015 Apr; 37: 57–71. Published online 2015 Feb 25. doi: 10.1016/j.cpr.2015.02.005

Gary J. Macfarlane Marcus Beasley. Alcohol Consumption in Relation to Risk and Severity of Chronic Widespread Pain. Results From a UK Population‐Based Study. Pain Open Access. First published: 20 July 2015 https://doi.org/10.1002/acr.22604 Cited by: 11

Latest Articles

Folgt uns auf Facebook!

Gesundheit im höheren Lebensalter

Resilienz: die Kunst, psychische Widerstandsfähigkeit zu stärken

Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit, die uns auch ermöglicht, aus Krisen zu lernen und daraus gestärkt hervorzugehen. In einer idealen Welt wären wir vor Schicksalsschlägen,...
- Advertisement -

Related Articles

Depressive Störung im Alter rechtzeitig erkennen und wirksam behandeln

Eine depressive Störung im Alter kann man durchaus erfolgreich behandeln. Bedeutend ist eine rechtzeitige Diagnose und das Erkennen der Ursachen. Laut demoskopischer Voraussagen sind wir eine Bevölkerung,...

­Plattenepithelkarzinom: Aktinische Keratosen effektiv lokal behandeln

Aktinische Keratose – lokales Plattenepithelkarzinom – muss man unbedingt behandeln. Fast jeder zweite Über-60-Jährige ist davon betroffen. Unter dem Strich treten Aktinische Keratosen vor allem...

MEDMIX-E-Publikation Natürlich gesund: Gesundheit, Urlaub und Erholung

Unsere neue E-Publikation »Natürlich gesund: Gesundheit, Urlaub und Erholung« – eine neue MEDMIX-Sonderausgabe – wird Sie in den kommenden Wochen umfassend zu Urlaub, Erholung...