Montag, April 22, 2024

Adipositas-Paradoxon ist eigentlich widerlegt, es gilt nur für wenige Fettleibige

Das Adipositas-Paradoxon besagt, dass Fettleibigkeit sogar schützend wirken könnte, wenn Fettleibige sehr Fitness bewusst leben, doch neue Daten zeigen ein anderes Bild.

Die Ergebnisse einer sehr großen Studie mit etwa 300.000 Studienteilnehmern bestätigt, dass Übergewicht das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen signifikant erhöht. Das umstrittene Adipositas-Paradoxon – auch als Fettleibigkeits-Paradoxon bekannt – gilt nur für eine sehr geringe Zahl der fettleibigen Patienten. Dementsprechend haben bei nur 5-15 Prozent der Übergewichtigen kein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

 

Ab einem Body-Mass-Index von 22 steigt das Herzrisiko

Nur bei fünf bis maximal 15 Prozent fettleibigen Personen verursacht vermehrtes Körperfett nicht gleichzeitig auch ein höheres Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Grundsätzlich bedeutet ein erhöhter Body-Mass-Index auch ein größeres Risiko für Herz und Kreislauf, wie die eingangs zitierte und nun im European Heart Journal erschienene Studie mit beinahe 300.000 Europäern zeigte.

Die Studienteilnehmer waren weiße Europäer mit einem Durchschnittsalter von rund 55 Jahren, die zwischen 2006 und 2010 rekrutiert wurden und sich 2015 einer abschließenden Untersuchung stellen mussten, wobei alle Probanden zu Studienbeginn keine Herz-Kreislauferkrankungen hatten.

Das Ergebnis zeigte, dass bei 3,3 Prozent der Frauen und 5,7 Prozent der Männer im Untersuchungszeitraum ein kardiovaskuläres Ereignis auftrat. Mit einem Body-Mass-Index zwischen 22 und 23 kg/m2 war das Risiko am geringsten, pro 5,2 kg/m2 stieg es um jeweils 13 Prozent an. Sogar innerhalb der bislang als gesund erachteten BMI-Spanne von 18-25 kg/m2 (Body-Mass-Index) scheint ein Risikoanstieg zu bestehen.

Dass auch mehr Bauchfett das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen erhöht, spiegelte sich ebenfalls in messbaren Größen wider: Verglichen mit einem Umfang von 74 und 83 Zentimetern, stieg das Risiko bei Frauen pro 12,6 weiterer Zentimeter um zehn Prozent, bei Männern sogar um 16 Prozent pro zusätzlicher 11,4 Zentimeter an.

 

 

Umstrittenes Adipositas-Paradoxon

Zum umstrittenen Adipositas-Paradoxon haben in jüngster Zeit einige wissenschaftliche Studien suggeriert, dass Fettleibigkeit insbesondere bei älteren Menschen keinen Effekt auf kardiovaskulär bedingte Todesfälle hätten. Manche Ergebnisse unterstellten sogar, dass Fettleibige sogar geschützt sein könnten, wenn sie zusätzlich einen Fitness-fördernden Lebensstil pflegten. Doch die neuen Daten der publizierten Großstudie sprechen dagegen. Positive Effekte wurden nur bei wenigen Patienten beobachtet, die Ursache für dieses Adipositas-Paradoxon ist noch völlig ungeklärt. Grundsätzlich sollten übergewichtige beziehungsweise fettleibige Menschen rechtzeitig einen Arzt aufsuchen, um sich auf weitere mögliche Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen vorliegen. Grundsätzlich sollten Fettleibige eine Lebensstil-Umstellung anstreben, denn die zusätzliche Leibesfülle belastet nicht nur Herz und Kreislauf.


Literatur:

Iliodromiti S, Celis-Morales CA, Lyall DM, Anderson J, Gray SR, Mackay DF, Nelson SM, Welsh P, Pell JP, Gill JMR, Sattar N. The impact of confounding on the associations of different adiposity measures with the incidence of cardiovascular disease. A cohort study of 296 535 adults of white European descent. Eur Heart J. 2018 May 1;39(17):1514-1520. doi: 10.1093/eurheartj/ehy057. PMID: 29718151; PMCID: PMC5930252.


Quellen:

84. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)

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