Donnerstag, April 18, 2024

Zerebrale Mikrozirkulation und kognitive Beeinträchtigung

Zerebrale Mikrozirkulation und kognitive Leistung hängen bei Vorhofflimmern zusammen. Denn zerebrale Mikrozirkulationsstörungen können die Patienten kognitiv beeinträchtigen.

Verschiedene epidemiologische Daten lassen einen Zusammenhang von Vorhofflimmern (VHF) und kognitiver Einschränkung vermuten. Kognitive Defizite treten dabei auch unabhängig vom Vorliegen einer zerebralen Ischämie auf. Perfusionsdefizite werden als zugrundeliegender Mechanismus diskutiert, allerdings gibt es bislang wenige Daten hierzu. Mehrere klinische Studien konnten zeigen, dass die zerebrale Mikrozirkulation durch die Kardioversion von Vorhofflimmern verbessert wird. Allerdings lagen bislang keine Daten zur zerebralen Mikrozirkulation im direkten Vergleich zwischen Patienten mit Vorhofflimmern und Patienten ohne Vorhofflimmern vor. Zudem hatte man die zerebrale Mikrozirkulation und die kognitive Leistung bei Patienten mit und ohne Vorhofflimmern zuvor nicht untersucht.

 

Vorhofflimmern und Demenz

Mehrere Studien in den letzten Jahren zeigten, dass Menschen mit Vorhofflimmern früher kognitive Beeinträchtigungen oder Demenz entwickeln. Und zwar im Vergleich zu Menschen ohne Vorhofflimmern in der Anamnese. Im Grunde genommen sind Vorhofflimmern und Demenz sind klinische Zustände mit ähnlichen Risikofaktoren. die mit steigendem Alter größer werden. Welche Mechanismen dafür verantwortlich sind, ist noch nicht geklärt. Hierzu stehen die zerebrale Hypoperfusion, Entzündungen, genetische Faktoren, zerebrale Mikroblutungen sowie wiederkehrende stille zerebrale Ischämien im Blickpunkt der Forschung. Orale Antikoagulation könnten möglicherweise das Risiko eines kognitiven Rückgangs und einer Demenz minimieren helfen. Denn chronische Mikroembolien (Verschluss kleiner Blutgefäße) sowie Mikrobluten können Hirnschädigungen nebst kognitive Beeinträchtigung verursachen.

 

Zerebrale Mikrozirkulation und kognitive Beeinträchtigung bei Patienten mit Vorhofflimmern untersucht

Ein deutsche Studie untersuchte nun unlängst die zerebrale Mikrozirkulation und die kognitive Leistung bei Patienten mit Vorhofflimmern. Und zwar im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Vorhofflimmern zu untersuchen. Hierzu wurden Patienten mit persistierendem VHF und Probanden, welche nach Alter, Ausbildungsstand und Begleiterkrankungen gemachted waren, prospektiv untersucht. In beiden Gruppen wurde die regionale zerebrale Oxygenierung (rSO2) als Marker der zerebralen Mikrozirkulation mittels Nah-infrarot-Spektrometrie (NIRS) bestimmt. Zudem wurde die kognitive Leistung mittels Trail Making Test (TMT) untersucht. Ausschlusskriterien waren eine schwere strukturelle Herzerkrankung (eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, höhergradiges Klappenvitium), sowie eine neurologische oder psychiatrische Vorerkrankung.

Insgesamt wurden 27 Patienten untersucht, davon 17 VHF-Patienten und 10 Kontrollpatienten ohne VHF, aber mit gleichen kardiovaskulären Erkrankungen. Bei den VHF-Patienten war die bilateral gemessene zerebrale Sauerstoffsättigung signifikant niedriger, als bei den Kontrollpatienten ohne VHF (rSO2 rechtsseitig 67.6±5.7 vs. 73.1±5.5%, p=0.04; rSO2 linksseitig 65.9±4.8 vs. 71.5±4.7%, p=0.007). Zudem war die Leistung im TMT-A bei den VHF-Patienten signifikant schlechter, als bei den Kontrollpatienten (60.4±17 vs. 47.9± 2.6 Sekunden, p=0.03).

 

Fazit

Die Ergebnisse der Studie zeigen erstmals zerebrale Mikrozirkulationsstörungen und kognitive Defizite bei VHF-Patienten im Vergleich mit einer Kontrollgruppe. Zerebrale Perfusionsdefizite könnten also zu der verminderten kognitiven Leistung bei VHF Patienten beitragen. NIRS und einfache kognitive Tests wie der TMT erscheinen als vielversprechende, nicht-invasive Screening-Instrumente. Sie könnten künftig in der klinischen Praxis zur Früherkennung kognitiver Einschränkung und zur Therapieoptimierung bei VHF-Patienten zum Einsatz kommen.

Literatur:

Rose Mary Ferreira Lisboa Da Silva, Cláudia Madeira Miranda, Tong Liu, Gary Tse, Leonardo Roever. Atrial Fibrillation and Risk of Dementia: Epidemiology, Mechanisms, and Effect of Anticoagulation. Front Neurosci. 2019; 13: 18. Published online 2019 Jan 31. doi: 10.3389/fnins.2019.00018.

Evan L. Thacker, Barbara McKnight, Bruce M. Psaty, W.T. Longstreth, Colleen M. Sitlani, Sascha Dublin, Alice M. Arnold, Annette L. Fitzpatrick, Rebecca F. Gottesman, Susan R. Heckbert. Atrial fibrillation and cognitive decline. A longitudinal cohort study. Neurology. 2013 Jul 9; 81(2): 119–125. doi: 10.1212/WNL.0b013e31829a33d1.


Quelle: » Zerebrale Mikrozirkulation und kognitive Einschränkung bei Patienten mit Vorhofflimmern «.
Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Wutzler, M. A., Bochum – Pressetext DGK 10/2017

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