Freitag, April 19, 2024

Wissenschafter entdecken Migräne-Biomarker

Wissenschafter entdecken Migräne-Biomarker und erwarten dadurch weitreichende, positive Auswirkungen für die Diagnose und Behandlung von Migräne.

Weltweit leiden mehr als 300 Millionen Menschen an wiederkehrenden Kopfschmerz-Attacken, die sich häufig als Migräne entpuppen. Dass das Gehirn eines Migräne-Patienten auch zwischen den Schmerzattacken Veränderungen aufweist, ist bereits seit längerem bekannt. Doch laut einer unlängst im Fachmagazin Neurology veröffentlichten Studie, könnten im Blut befindliche Membranproteine die Migräne-Diagnose erleichtern. So stellte sich heraus, dass die Konzentration mehrerer Membranlipide bei Migränepatienten von den Normalwerten abweicht. Je ausgeprägter diese Abweichung, desto höher sei auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Person unter Migräne leidet, berichten die Forscher.

Bis dato bietet die moderne Medizin keinerlei Möglichkeiten, Migräne in der symptomfreien Phase, also zwischen den Attacken, zu diagnostizieren. Die aktuelle Untersuchung könnte jedoch ein derartiges Hilfsmittel bereitstellen. Denn wie John HopkinsWissenschafter Lee Peterlin nun berichtet, gibt es einen neuen Migräne-Biomarker, der Migränepatienten von nicht betroffenen Personen unterscheidet.

Im Zuge der Studie untersuchten die Forscher Blutproben von 56 weiblichen Probanden mit episodischer Migräne sowie von 36 gesunden Frauen, die als Kontrollgruppe dienten. Verglichen wurden im speziellen der Gehalt sogenannter Sphingolipide. Letztere gelten als Lipidbestandteile der menschlichen Zellmembran, die in der Haut den Feuchtigkeits- und Fettgehalt gewährleisten und im Gehirn eine wichtige Rolle in der Signalübertragung und bei Entzündungsprozessen spielen.

Dabei stellte sich heraus, dass sich die Konzentrationen dieser Lipide bei Migräne-Betroffenen tatsächlich von jenen gesunder Probanden unterscheiden. Im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe, wiesen Frauen mit Migräne nur etwa halb so viel von dem Sphingolipid Ceramid auf. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe, die über etwa 10.500 ng/ml des Lipids verfügten, wiesen Migräne-Patientinnen lediglich 6.000 ng/ml auf. Die Forscher sprechen von einem Dosis-Wirkungs-Zusammenhang. Für jede einer Standardabweichung entsprechende Zunahme des Ceramids im Blut sank das Migränerisiko der Probandinnen um 92 Prozent. Neben dem Sphingolipid Ceramid waren auch zwei weitere Membranlipide aus der Gruppe der Sphingomyeline bei Migräne Patienten verändert. Konkret wiesen die Frauen höhere Konzentrationen der Membranlipide auf. Mit jeder Steigerung um eine Standardabweichung erhöhte sich das Risiko um das Zweieinhalbfache, wie die Forscher berichten.

Im Zuge einer weiterführenden Blindstudie untersuchten die Forscher das Blut von 14 weiteren Personen, von denen sie nicht wussten, ob diese an Migräne litten. Allein die Analyse der Ceramid- und Sphingomyelin-Konzentrationen im Blut, ermöglichte es den Wissenschaftern jedoch festzustellen, ob es sich um einen Migräne-Patienten handelte oder nicht. Interessant ist nun, ob diese Veränderungen auch bei männlichen Migräne-Patienten auftreten und ob es anhand dieser Biomarker tatsächlich möglich ist, Migräne sicher von Clusterkopfschmerzen und anderen Kopfschmerztypen zu unterscheiden.

Quelle: B. L. Peterlin, M. M. Mielke, A. M. Dickens, S. Chatterjee, P. Dash, G. Alexander, R. V. A. Vieira, V. V. R. Bandaru, J. M. Dorskind, G. E. Tietjen, N. H. Haughey. Interictal, circulating sphingolipids in women with episodic migraine: A case-control study. Neurology, 2015; DOI: 10.1212/WNL.0000000000002004

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