Donnerstag, April 18, 2024

Wertvolle Fettsäuren mit Hefe aus Bier herstellen

Mithilfe von Hefe aus Bier kann man kurzkettige Fettsäuren einfach und in großen Mengen aus Zucker oder zuckerhaltigen Abfällen herstellen.

Kurzkettige Fettsäuren sind wertvolle Bestandteile von Kosmetika, pharmazeutischen Wirkstoffen, antimikrobiellen Substanzen, Aromastoffen oder Seifen. Bisher sind sie nur durch aufwändige Extraktion aus bestimmten Pflanzen wie der Kokosnuss oder chemisch aus Erdöl zu gewinnen. Den Arbeitsgruppen von Prof. Martin Grininger und Prof. Eckhard Boles von der Goethe-Universität Frankfurt ist es unlängst gelungen, solche Fettsäuren mithilfe von Hefe aus Bier einfach und in großen Mengen aus Zucker oder zuckerhaltigen Abfällen in einem dem Bierbrauen ähnlichen Prozess herzustellen.

 

Kurzkettige Fettsäuren auch als Vorstufe von Treibstoffen begehrt

Die neue Technologie zur Produktion kurzkettiger Fettsäuren kann ein Schlüsselschritt sein, um über Hefen einen alternativen Zugang zu neuartigen Biokraftstoffen zu finden. Und zwar zu solche, deren Eigenschaften denen fossiler Kraftstoffe nahezu entsprechen.

Die von Pflanzen und Tieren produzierten Fettsäuren bestehen zu einem großen Anteil aus Ketten von 18 Kohlenstoffatomen. Sie sind also länger als die gewünschten kurzkettigen Verbindungen. In lebenden Zellen stellen große Proteinkomplexe, die Fettsäuresynthasen, Fettsäuren her. Dabei fügen sie 9 Bausteine aus jeweils 2 Kohlenstoffatomen in einem Prozess aus 8 Zyklen zusammen.

Die Forscher haben zunächst untersucht, wie die Fettsäuresynthase Zyklen zählt, um zu entscheiden, wann die Kette fertig ist. Hierzu konnten sie eine Art Lineal, das die Länge der Fettsäure misst, finden.  Dieses Lineal haben die Wissenschaftler dann so verändert, dass die Fettsäuresynthase sich vermisst und kürzere Ketten frei setzt. Das alles geschah zunächst am Computer und im Reagenzglas.

 

Veränderte Fettsäuren-Synthase in Hefe aus Bier

Erst später entstand dann die Idee, veränderte Fettsäuren-Synthase in Hefe aus Bier einzusetzen. Diese Hefen schieden auf einmal die kurzkettigen Fettsäuren in beachtlichen Mengen aus. Allerdings steht diese Entwicklung erst der Anfang. Denn die Forscher wollen außerdem durch ähnliche Veränderungen an anderen großen Enzymkomplexen, den Polyketidsynthasen, weitere neuartige Moleküle für die chemische und pharmazeutische Industrie synthetisieren, die sonst nur schwer zugänglich sind. Unter dem Strich hat die Universität Frankfurt die Entwicklungen durch zwei europäische und internationale Patentanmeldungen schützen lassen. Schließlich sollten Lizenznehmern dazu kommerzielle Anwendungen entwickeln.

Jedenfalls geht die Entwicklung der Technologie in verschiedene Richtungen weiter. In dem von der Europäischen Union geförderten Projekt „Chassy“ soll die Technologie zur Industriereife gebracht werden. Zudem sollen in dem vom Land Hessen finanzierten LOEWE-Projekt „MegaSyn“ über die Veränderung von Polyketidsynthasen weitere chemische Verbindungen hergestellt werden. Und in dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekt „Alk2Bio“ werden die Hefen so weiterentwickelt, dass sie aus den kurzkettigen Fettsäuren die Biokraftstoffe Oktanol und Heptan produzieren.


Literatur:

Gajewski J, Pavlovic R, Fischer M, Boles E, Grininger M. Engineering fungal de novo fatty acid synthesis for short chain fatty acid production. Nat Commun. 2017 Mar 10;8:14650. doi: 10.1038/ncomms14650. PMID: 28281527; PMCID: PMC5353594.

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