Donnerstag, April 18, 2024

Vermeidungsverhalten versus Annäherungsverhalten

Die Macht der Gewohnheiten machen gute Vorsätze schwerer umsetzbar, denn Vermeidungsverhalten lässt sich leichter ändern als Annäherungsverhalten.

Immer wieder nehmen sich viele Menschen vor, mit ihren Gewohnheiten zu brechen. Dass sie sich zum Beispiel die Smartphone-Nutzung im Schlafzimmer abzugewöhnen. Oder dass sie die Routineuntersuchung beim Zahnarzt nicht immer wieder aufschieben, sondern aktiv einen Termin zu vereinbaren. Aber so leicht lassen sich solche alten Gewohnheiten nicht verändern. Fällt es uns leichter, ab sofort Dinge zu tun, die wir bisher vermieden haben? Einer rezente Studie zeigte dazu, dass man ein Vermeidungsverhalten leichter verändern kann als ein Annäherungsverhalten.

 

Welche Gewohnheiten leichter zu durchbrechen sind. Solche mit Annäherungsverhalten oder mit Vermeidungsverhalten?

Im Grunde genommen sind Gewohnheiten schwierig zu ändern. Der automatische Griff nach dem Smartphone auf dem Nachttisch und das automatische Verschieben des Zahnarzttermins von Monat zu Monat sind eben solche alltäglichen Gewohnheiten.

Allerdings besteht zwischen den Beispielen ein wichtiger Unterschied. Das Smartphone zu nutzen ist eine Form des Annäherungsverhaltens, denn mit dem Griff zum Smartphone wird aktiv ein positiver Zustand aufgesucht. Den Zahnarzttermin zu verhindern hingegen ist eine Form des Vermeidungsverhaltens. Indem man Monat für Monat wieder keinen Termin vereinbart, vermeidet man einen Zustand, den man sich als unangenehm vorstellt.

Um diese Frage zu beantworten, untersuchten Forschende in zwei Experimenten das Entstehen und anschließende Verändern von Gewohnheiten bei Annäherungs- und Vermeidungsverhalten.

Dazu sahen Versuchspersonen auf einem Bildschirm eine kleine Figur (die Versuchspersonen selbst repräsentieren sollte). Weiter sahen sie das Foto eines bestimmten Objekts. Ihre Aufgabe war es nun, sich ‒ also die Figur ‒ über entsprechende Tasten auf der Computertastatur zu manchen Objekten hinzubewegen und von anderen Objekten wegzubewegen.

Im ersten Experiment wurden dabei Fotos von Alltagsobjekten gezeigt (z.B. Möbelstücke oder Fortbewegungsmittel), im zweiten Experiment Fotos von Personen, die entweder freundlich oder wütend dreinschauten.

Die Versuchspersonen trainierten dann zunächst in einer ersten Phase, sich wiederholt bestimmten Objekten beziehungsweise Personen anzunähern oder aber diese zu vermeiden, bis eine starke Verhaltensgewohnheit geformt war. In einer zweiten Phase sollten sie dann genau dieses Vermeidungsverhalten verändern. Anstatt mit Annäherung mussten sie jetzt mit Vermeidung reagieren und umgekehrt.

 

Beim Verändern von Gewohnheiten deutlich mehr Fehler gemacht

Das Forscherteam analysierte die Leistung der Versuchspersonen in beiden Phasen des Experiments. Dabei zeigte sich, dass beim Verändern von Gewohnheiten deutlich mehr Fehler gemacht wurden, wenn Annäherungsreaktionen verändert werden sollten.

Beim Wechsel von Vermeidungs- zu Annäherungsreaktionen hingegen unterliefen den Versuchspersonen insgesamt weniger Fehler. In der ersten Phase des Gewohnheitserwerbs zeigte sich außerdem, dass die Probanden selbst nach sehr intensivem Training Annäherungsreaktionen deutlich schneller zeigten als Vermeidungsreaktionen.

Das Forscherteam sieht hier eine mögliche Erklärung für die Unterschiede in der Leichtigkeit der Gewohnheitsveränderung. Da Annäherungsverhalten offenbar sehr schnell ausgelöst wird, fällt es schwerer, entsprechende Impulse durch gezielte Kontrolle zurückzuhalten.


Literatur:

Kuhbandner C, Haager JS. Overcoming approach and withdrawal habits: Approaching former enemies is easier than withdrawing from former friends. J Exp Psychol Gen. 2016 Nov;145(11):1438-1447. doi: 10.1037/xge0000216. Epub 2016 Aug 11. PMID: 27513305.


Quelle: www.dgps.de

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