Donnerstag, April 18, 2024

Mutation des TP53-Gen beeinflusst bei Krebs die Wirksamkeit der Therapie

Das spezielle TP53-Gen im Tumor beeinflusst die Wirksamkeit der Therapie bei Krebs, Mutationen im TP53-Gen können schädliche Folgen haben.

Der technologische Fortschritt in den letzten 15 bis 20 Jahren hat unser Wissen über die molekularen Grundlagen der Krebsentstehung, des Fortschreitens des Tumors und des Ansprechens auf die Behandlung erheblich erweitert. Im Grunde genommen kann eine Krebstherapie jedenfalls nicht nur wirksam sein, sondern auch negative Folgen haben. Bislang war es schwer nicht möglich, bereits vor der Therapie festzustellen, ob der/die PatientIn von der Standard-Krebsbehandlung profitieren wird, oder nicht. Ein spezielles Gen, das bei Krebs sehr häufig veränderte TP53-Gen, scheint die Wirksamkeit der Therapie aber entscheidend zu beeinflussen, bei spezieller Mutation kann die Therapie sehr schädliche Folgen haben.

Jedenfalls kommt es in menschlichen Tumoren beim TP53-Gen am häufigsten zur Mutation. Es finden sich hierzu einerseits angeborene Mutationen sowie andererseits somatische Mutationen, die an Nachkommen weitergegeben werden.

Das Tumorsuppressorprotein TP53 ist ein Transkriptionsfaktor, der die Reparaturmechanismen der DNA sowie den programmierten Zelltods, die Apoptose, aktiviert und reguliert. Wenn nun die TP53-Mutation diese für die Tumorabwehr wichtigen Abläufe im Körper inaktiviert, dann können die Krebszellen der Apoptose entgehen.

 

TP53-Gen-Status und Therapie

Dass das TP53-Gen maßgeblich zur Wirksamkeit einer Therapie beiträgt, konnte unlängst auch die Forschungsgruppe der Krebschirurgin Daniela Kandioler von der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien in einer großen Studie mit Dickdarmkrebs-PatientInnen zeigen. Das zentrale Ergebnis war, dass die Wirkung der Standardchemotherapie davon abhängig war, ob beim TP53-Gen im Tumor eine Mutation vorlag.

Unter dem Strich zeigte sich, dass sich Mutationen im TP53-Gen gravierend positiv oder negativ auf das Überleben der PatientInnen auswirken. Mit einem Gentest will man zukünftig feststellen, welche Therapie bei den jeweiligen Patientinnen beziehungsweise Patienten wirksam oder auch schädlich sein kann.

 

Chemotherapien sind wirksam, wenn keine TP53-Gen-Mutation besteht

In den vergangenen 15 Jahren untersuchte die Forschungsgruppe p53Research über 1.000 KrebspatientInnen mit unterschiedlichen Krebsarten wie Lungenkrebs, Brustkrebs, Speiseröhrenkrebs, Lebermetastasen und Dickdarmkrebs.

Dabei stellte sich heraus, dass bestimmte gebräuchliche Chemotherapien nur dann wirksam waren, wenn das TP53-Gen im Tumor unverändert (normal) war. Andere Substanzen hingegen scheinen dann wirksamer zu sein, wenn das TP53-Gen verändert ist.

Wenn die verabreichte Chemotherapie zum TP53-Genstatus des jeweiligen Tumors passte, dann war eine überdeutliche Verlängerung des Überlebens der PatientInnen festzustellen. Wenn die Chemotherapie hingegen nicht passend zum TP53-Gen-Status war, dann stellte sich die Therapie sogar schädlich für das Überleben der PatientInnen heraus.

 

p53-Hype

„Die theoretische Möglichkeit, dass ein einziges Gen der Schlüssel im Kampf gegen Krebs sein könnte, hat schon vor 25 Jahren für einen regelrechten Hype um dieses Gen gesorgt, der bis heute anhält“, erklärte die MedUni Wien-Krebsexpertin.

Allerdings lieferten die verschiedenen p53-Analyse-Methoden bisher ebenso unterschiedliche Ergebnisse. Nun ist es einem hoch sensitiven Test zu verdanken, den die Wiener Forschungsgruppe entwickelt hat, dass aufgeklärt werden konnte, wie und unter welchen Umständen sich das TP53-Gen entscheidend auf das Überleben der KrebspatientInnen auswirkt (MARK53®Analyse).

Wie sich der MARK53-Befund auf die Wirksamkeit der sehr gebräuchlichen Chemotherapie mit Fluorouracil (5-FU) auswirkt, wurde in einer großen klinischen Studie mit 400 DickdarmkrebspatientInnen demonstriert.

Wenn der MARK53-Befund normal war, war das Überleben wesentlich länger als man es für PatientInnen mit entsprechendem Tumorstadium erwartete. Sofern der MARK53-Befund jedoch mutiert war, so verkürzte das das Überleben der PatientInnen deutlicher als erwartet. Kandioler: „Wesentlich war auch die Erkenntnis, dass der Marker ausschließlich prädiktiv ist, das heißt der Marker kann den Effekt einer Therapie vorhersagen. Ist keine oder eine unwirksame Therapie im Spiel, wird auch kein Effekt vorhergesagt.“

Im Grunde genommen besteht ein Hauptproblem der aktuellen Biomarkerforschung darin, nicht zu berücksichtigen, ob der Biomarker prognostisch oder prädiktiv ist. Als Beispiel zeigte eine rezente Arbeit, dass TP53 kein prognostischer Marker, sondern ein rein prädiktiver Marker ist. Und die Missachtung dieser Tatsache kann dazu führen, dass dieser ansonsten starke Biomarker bislang als klinisch nicht nützlich erscheint.

 

Wie das p53-Gen funktioniert

Die Wirkung vieler Standard-Chemotherapeutika wie zum Beispiel Fluorouracil beruht auf einer Schädigung der Erbinformation (DNA) der (Tumor-)Zellen. Ein DNA-Schaden ist der stärkste Aktivator des TP53-Gens. Das TP53-Gen kodiert für ein 53 Kilodalton schweres Protein (daher der Name). Aufgabe des TP53 Gens ist es, unter anderem sicherzustellen, dass die menschliche Erbinformation unbeschädigt ist. Daher wird es auch als „Wächter des Genoms“ bezeichnet.

Erkennt p53 irreparable DNA-Schäden, schickt es die Zelle in den programmierten Zelltod. Das alles funktioniert, wenn das TP53-Gen normal ist, wenn also keine Mutation besteht. Allerdings ist bei Krebs das TP53-Gen häufig verändert (mutiert). TP53-Mutationen kommen bei praktisch allen Tumorarten mit unterschiedlicher Häufigkeit vor. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass jeder zweite Krebs eine Mutation im TP53-Gen hat.

Der klinische Einsatz des p53-Gens als Biomarker könnte die aktuell wirksamste Methode darstellen, die Effizienz der Krebs-Therapie zu steigern und gleichzeitig das Risiko für die Patienten zu reduzieren. Denn die Wahl der richtigen Chemotherapie für den richtigen Patienten ist ganz entscheidend.


Literatur:

Braunschmid T, Kührer I, Mittlböck M, et al. TP53 is not a prognostic marker-clinical consequences of a generally disregarded fact. Ann N Y Acad Sci. 2018;1434(1):46-53. doi:10.1111/nyas.13947

Kappel-Latif S, Zacherl J, Hejna M, et al. • Pancho trial (p53-adapted neoadjuvant chemotherapy for resectable esophageal cancer) completed-mutation rate of the marker higher than expected. Eur Surg. 2018;50(4):160-166. doi:10.1007/s10353-018-0527-z

Kandioler D, Mittlböck M, Kappel S, et al. TP53 Mutational Status and Prediction of Benefit from Adjuvant 5-Fluorouracil in Stage III Colon Cancer Patients. EBioMedicine. 2015;2(8):825-830. Published 2015 Jun 8. doi:10.1016/j.ebiom.2015.06.003


Quelle: MedUni Wien

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