Dienstag, April 16, 2024

Weniger monatliche Migräne-Tage: Topiramat zur Migräneprophylaxe

Mit Topiramat – seit dem Jahr 2004 auch zur Migräneprophylaxe zugelassen – lassen sich die monatlichen Migräne-Tage und die nötige Akutmedikation reduzieren.

Für verschiedene Substanzen wie Topiramat, die Betablocker Propranolol und Metoprolol, der Kalzium­antagonist Flunarizin, Valproinsäure, NSAR wie Naproxen, Acetylsalicylsäure, Lisurid, Dihydroergotamin, Magnesium und Mutterkraut gibt es eine belegte Wirksamkeit zur Migräneprophylaxe. Topiramat hat bestimmte Wirkmechanismen, die möglicherweise erklären, warum der Wirkstoof bei Migräne wirksam ist und die meisten anderen, spezifischeren Antikonvulsiva nicht. Basierend auf randomisierten kontrollierten Studien reduziert Topiramat die Migränefrequenz und den akuten Medikamentengebrauch, verbessert die Lebensqualität und verringert die Behinderung bei Patienten mit episodischer Migräne und bei Patienten mit chronischer Migräne mit oder ohne Kopfschmerzen bei übermäßigem Gebrauch von Medikamenten.

 

Migräneprophylaxe mit Topiramat

Topiramat wurde ursprünglich als Antidiabetikum konzipiert. Die Strukturähnlichkeit zu Antiepileptika induzierten Tests in dieser Richtung, die vielversprechend verliefen, ebenso wie klinische Studien bei Epilepsie.



In der Indikation Migräne verstärkt Topiramat den reizhemmenden Effekt von GABA und dämpft zugleich den reizfördernden Effekt von Glutamat. Zusätzlich werden die Na+- und Ca++-Kanäle blockiert. Man führt darauf die Schutzwirkung vor Migräneattacken zurück.

Topiramat zeichnet eine schnelle und gute Resorption aus. So beträgt die Tmax 2 bis 3 Std. und die Bioverfügbarkeit – gemessen an der Urinkonzentration – ca. 50%. An Plasmaproteine sind nur 15% des Wirkstoffes gebunden. Metabolisiert werden 20%, die Ausscheidung erfolgt über die Niere (81%).

Topiramat verfügt in der Migräneprophylaxe gegenüber den Betablockern über diverse Vorteile. © molekuul_be / shutterstock.com
Topiramat verfügt in der Migräneprophylaxe gegenüber den Betablockern über diverse Vorteile. © molekuul_be / shutterstock.com

Die Eliminationshalbwertszeit im Steady-state beträgt etwa 21 Stunden. Gleichzeitige Nahrungsaufnahme bleibt ohne klinisch relevanten Einfluss auf die Bioverfügbarkeit.

Allerdings haben rezente Studien gezeigt, dass körperliche Betätigung im Vergleich zu Topiramat nicht minderwertig ist. Zusätzlich Sport und Bewegung zur traditionellen Topiramat-Migräneprophylaxe kann jedoch den Migräne-Patientinnen und Patienten einen zusätzlichen Nutzen bringen.



 

Vorteile gegenüber anderen Mitteln zur Migräneprophylaxe

Verschiedene große Untersuchungen zeigten, dass die Effektivitätsquote von Topiramat jenen der anderen gängigen Medikamente gleichzusetzen ist. Topiramat weist in etlichen Bereichen Vorteile gegenüber z.B. Betablockern auf.

Topiramat wirkt neutral auf den Blutdruck und ist neutral für den Kreislauf. Es gibt auch keine Kontraindikation bei Asthma oder Diabetes. Zudem reduziert ­Topiramat das Gewicht. Und wirkt nicht erhöhend wie viele andere Wirkstoffe bei Migräne und Migräneprophylaxe.

Die häufigste Nebenwirkung – vorübergehende Missempfindungen, besonders an Fingern und Zehen Brennen, Kältegefühl, Kribbeln, Stechen, Taubheit – kann durch langsame Steigerung der Dosisrate reduziert werden, beziehungsweise durch Kalium­supple­men­tierung (20–40mMol/Tag) rascher zum Abklingen gebracht werden.

 

Topiramat und die richtige Dosierung

Für die Verträglichkeit ist die individuelle Dosistitration entscheidend. Man beginnt mit 25 mg abends eine Woche lang und kann im Wochenabstand jeweils um 25 mg steigern. Zur Migräneprophylaxe beträgt die empfohlene maximale Dosierung pro Tag 100 mg Topiramat in zwei Einzelgaben.

Wobei manchmal schon 50 mg/Tag ausreichen. Erst nach 4 Wochen sollte der Therapieeffekt beurteilt werden. Die Einnahme erfolgt nicht zerteilt mit viel Wasser unabhängig von den Mahlzeiten. Ein Ausschleichen bei Beendigung der Therapie ist erforderlich.

Die Anwendung bei Kindern ist übrigens umstritten.




Literatur:

Barber M, Pace A. Exercise and Migraine Prevention: a Review of the Literature. Curr Pain Headache Rep. 2020;24(8):39. Published 2020 Jun 11. doi:10.1007/s11916-020-00868-6

Johnson DB, Quick J. Topiramate And Phentermine. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2020.

Locher C, Kossowsky J, Koechlin H, Lam TL, Barthel J, Berde CB, Gaab J, Schwarzer G, Linde K, Meissner K. Efficacy, Safety, and Acceptability of Pharmacologic Treatments for Pediatric Migraine Prophylaxis. A Systematic Review and Network Meta-analysis. JAMA Pediatr. 2020 Feb 10. doi: 10.1001/jamapediatrics.2019.5856. [Epub ahead of print]

Silberstein SD. Topiramate in Migraine Prevention: A 2016 Perspective. Headache. 2017;57(1):165-178. doi:10.1111/head.12997

Silberstein S et al. Prevalence of migraine sufferers who are candidates for prevention therapy. Results of the AMPP-Study (Abstract). Headache 2005; 45: 770 – 71

Brandes J L et al. Topiramat for Migraine Prevention. A Randomized Controlled Trial. JAMA 2004; Vol. 291: 965 – 973

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