Freitag, März 29, 2024

Starker Anstieg bei Hepatitis-A-Infektionen

Seit 2016 steigt die Zahl an Infektionen mit dem Hepatitis-A-Virus an. Betroffen sind junge, erwachsene Männer, die Sex mit Männern haben (MSM).

Seit Juni 2016 wird in 15 europäischen Ländern, darunter auch Österreich, ein starker Anstieg der Hepatitis-A-Virus-(HAV)-Aktivität und Hepatitis-A-Infektionen beobachtet. Betroffen sind diesmal hauptsächlich junge, erwachsene Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) – mit einem durchschnittlichen Alter von 33 Jahre.



Laut aktuellem Rapid Risk Assessment des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) vom 19.5.2017 wurden bisher insgesamt 1.173 bestätigte Hepatitis-A-Infektionen gemeldet, insbesondere in Spanien und Italien wurden bis zu achtmal höhere Fallzahlen verzeichnet als durchschnittlich in den Jahren davor.

Bei den Infektionen handelt es sich um ein Hepatitis-A-Virus vom Genotyp IA, durch weitere genetische Charakterisierungen konnten drei verschiedene „Cluster“ identifiziert werden, auf die sich die Fälle aufteilen lassen.

 

Hepatitis-A-Infektionen in Großbritannien

Der erste Cluster (VRD_521_2016) fiel Anfang Dezember 2016 im Vereinigten Königreich (UK) auf und umfasst mittlerweile 598 Fälle. Die meisten davon traten in Spanien auf, gefolgt von Portugal, Italien und Frankreich. Bereits im Oktober 2016 wurden die ersten Fälle des zweiten Clusters (RIVM-HAV16-090) in MSM nachgewiesen, die am EuroPride Festival in Amsterdam Ende Juli – Anfang August 2016 teilgenommen hatten.

Inzwischen wurden 388 Fälle aus 12 EU-Staaten diesem Ausbruch zugeordnet, wobei die meisten Hepatitis-A-Infektionen in Großbritannien auftraten, gefolgt von Frankreich und Italien. Hepatitis-A-Infektionen des dritten Clusters (V16-25801) wurden erstmals aus Deutschland gemeldet (Berlin, München und Frankfurt), er umfasst bisher 109 Fälle.

 

Hepatitis-A-Infektionen in Österreich

Auch in Österreich wurde seit Juli 2016 ein Anstieg der Hepatitis-A-Fälle verzeichnet, allein heuer wurden bis 7. Juni 106 Hepatitis-A-Infektionen gemeldet, der Großteil in 25 bis 44-jährigen Männern (laut Österreichischer Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES, Abteilung Surveillance und Infektionsepidemiologie, Leitung Priv. Doz. Dr.in Daniela Schmid).



Im Zentrum für Virologie der MedUni Wien in seiner Funktion als Nationales Referenzlabor für Hepatitis-Viren wurden durch Genotypisierung von bisher 43 HAV positiven Proben insgesamt 28 HAV aus allen drei Clustern nachgewiesen, die meisten konnten Cluster 2 zugeordnet werden.

 

Hepatitis-A-Virus

Das Hepatitis-A-Virus ist ein kleines, nicht umhülltes RNA-Virus aus der Familie der Picornaviridae, wobei sechs Genotypen unterschieden werden, die Genotypen I-III (jeweils mit den Subtypen A und B) sind humanpathogen.

Weltweit treten jährlich laut WHO geschätzte 1,5 Millionen Hepatitis-A-Fälle auf. Im Falle einer Infektion wird HAV über den Darm in hoher Menge ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt somit hauptsächlich fäko-oral, einerseits durch kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel, andererseits auch direkt durch Kontakt-/Schmierinfektionen wie z.B. durch Sexualkontakte.

 

Inkubationszeit von 15 bis 50 Tagen bei Hepatitis-A-Infektionen

Während bei Kindern unter fünf Jahren Hepatitis-A-Infektionen in der Regel asymptomatisch bis mild verlaufen, tritt bei Erwachsenen nach einer Inkubationszeit von 15-50 Tagen häufig eine akute Hepatitis auf. Diese heilt in der Regel innerhalb weniger Wochen aus und hinterlässt eine lebenslange Immunität gegen das Hepatitis-A-Virus.

Die durchschnittliche Letalitätsrate liegt bei ca. 0,3%, sie kann sich allerdings bei über 50-Jährigen und Patienten mit vorbestehenden Lebererkrankungen wie z.B. Hepatitis B oder C auf bis zu 1,8% erhöhen.



 

Impschutz

Seit Jahrzehnten stehen sehr sichere und hervorragend wirksame Impfstoffe zur Prävention von Hepatitis-A-Infektionen zur Verfügung. Neuere Publikationen zu Langzeitbeobachtungen nach der Grundimmunisierung haben gezeigt, dass auch nach 20 Jahren >97% der Studienteilnehmer Hepatitis-A-Virus-Antikörper positiv waren und es wurde berechnet, dass der Impfschutz mit hoher Wahrscheinlichkeit noch weitere Jahrzehnte anhält.

 

Awareness gegenüber Hepatitis-A

In der derzeitigen Ausbruchssituation ist es wichtig, die „Awareness“ gegenüber Hepatitis-A und der Möglichkeit einer sexuellen Übertragung zu steigern, besonders in Risikopersonen wie Männer, die Sex mit Männern haben – auch in Hinblick auf große Veranstaltungen wie das „WorldPride“ Festival Ende Juni 2017 in Madrid.

Eine Impfung sollte für diese Personengruppe dringend empfohlen werden, aber auch für andere Risikogruppen wie chronisch Hepatitis-B- oder C-Infizierte oder i.v. Drogenabhängige. Natürlich besteht auch für Reisende in Hepatitis-A-Endemiegebiete eine Impfindikation. Genaueres ist dem aktuellen Österreichischen Impfplan zu entnehmen.

Allerdings sind ausgerechnet derzeit monovalente Hepatitis-A-Virus-Vakzine für Erwachsene schwer verfügbar, es gibt jedoch verschiedene alternative Optionen. Die diesbezüglich empfohlenen Maßnahmen sind auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zu finden.

Am Zentrum für Virologie steht ein breites Spektrum an Tests für die Hepatitis-A-Virus-Diagnostik zur Verfügung. Wichtig ist neben der Einsendung von Serum auch die von Stuhl zum Virusnachweis mittels PCR, auch bei vermeintlich sporadischen HAV Infektionen. Denn damit wird eine HAV Feintypisierung ermöglicht, die wesentlich zur Ausbruchssurveillance und –kontrolle beiträgt.




Quelle:

logo-virusepidemiologische-informationenVIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 12-17. Dr. Eva Geringer, Prof. Dr. Heidemarie Holzmann und Prof. Dr. Stephan Aberle.

Department für Virologie der Med. Universität Wien.

 

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