»The BMJ« berichtet aktuell, dass Lobbyisten erfolgreich verschärfte neue europäische Sicherheitsvorschriften für medizinische Implantate verhinderten.
Das »The BMJ« – früher British Medical Journal – behauptet in einem aktuellen Beitrag, dass Industrie-Lobbyisten die Pläne zur Überarbeitung der Sicherheitsvorschriften für medizinische Geräte in Europa erfolgreich verhindern konnten. So soll es in den letzten zehn Jahren zu einem Ansturm von Industrie-Lobbyisten auf die europäischen Gesetzgeber gegeben haben. Dabei wurden auch mutige Pläne, die Sicherheitsvorschriften für unzählige medizinische Implantate zu verschärfen, von dieser Armee von Lobbyisten verhindert.
Die überarbeiteten Sicherheitsvorschriften hätten beispielsweise künstliche Hüften und Brustimplantate, Stents und Defibrillatoren sowie auch Schrittmacher betreffen sollen.
Neue Sicherheitsvorschriften verhindern
Laut einer Untersuchung des Internationalen Konsortiums für Investigative Journalismus und seiner Partner-Nachrichtenorganisationen, darunter auch das BMJ, haben Lobbyisten durch irreführende Behauptungen hochrangige EU-Politiker und -Beamte sehr beeinflusst. In Folge konnten sie damit eine grundlegende Verschärfung bei den Sicherheitsvorschriften zunächst in der Europäischen Kommission und später im Europäischen Parlament erfolgreich verhindern.
Strengere Regeln dringend gefordert
Viele Experten der öffentlichen Gesundheit fordern daher dringend strengere Regeln für Europa. Natürlich verlängern sowie verbessern medizinische Geräte das Leben von Millionen von Europäern. Ärzte und Patienten sollten sie grundsätzlich positiv beurteilen. Allerdings fanden laut BMJ auch viele schlimme Implantat-Skandale in EU-Ländern statt. Deswegen mussten viele Patienten unnötig leiden und Schmerzen ertragen oder starben sogar daran.
Um eine schnelle Zulassung zu erhalten, reichen viele Medizintechnik-Hersteller zuerst in Europa ihre Zulassungsanträge ein. Denn hier gibt es die einfachsten Vorschriften der entwickelten Welt. Der größte Branchenverband, MedTechEurope, behauptet, dass die EU-Sicherheitsvorschriften nun sogar die Sicherheitsvorschriften in Kanada, Japan und Australien beeinflussen. Schließlich haben jüngst auch Lobbyisten in den USA ihre Regulierungsbehörden gedrängt, Ideen aus Europa zu übernehmen.
Führende Chirurgen, Regulierungsbehörden, Anwälte und Aktivisten behaupten seit längerem überspitzt, dass aufgrund der derzeit bestehenden europäischen Sicherheitsvorschriften zur Bewertung und Zulassung neuer Implantate die EU-Bürger »wie Meerschweinchen« behandelt werden würden.
The Implant Files ist eine einjährige Untersuchung der Medizintechnik-Hersteller. Das International Consortium of Investigative Journalists – ICIJ – koordinierte die Untersuchung. Mehr als 250 Journalisten aus 36 Ländern haben sich daran beteiligt, darunter auch Mitarbeier des BMJ. Die Ergebnisse zeigen eine rasante Entwicklung bei der Medizintechnik, wobei die Sicherheitsvorschriften mit den Fortschritten nicht mithalten können.
Quelle: The Implant Files. How lobbying blocked European safety checks for dangerous medical implants. BMJ 2018; 363 doi: https://doi.org/10.1136/bmj.k4999 (Published 26 November 2018)