Mittwoch, April 24, 2024

Die komplexe Rolle der Thrombozyten bei Schlaganfall

Thrombozyten bei Schlaganfall spielen eine komplexe Rolle. Anscheinend können die Blutplättchen auch eine Apoptose – den Zelltod – auslösen.

Unter dem Strich spielen Thrombozyten bei Schlaganfall eine wichtige Rolle. Denn sie können die Nervenzellen im Gehirn sogar in eine Art Selbstmord-Modus treiben. Typischerweise entsteht ein Schlaganfall so:



Ein Blutgefäß, das das Gehirn mit lebensnotwendigem Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, wird durch ein Blutgerinnsel verschlossen. Dadurch sterben Nervenzellen ab, und die Patienten entwickeln zum Beispiel Lähmungserscheinungen und Sprachstörungen.

Ein elementarer Bestandteil dieser Blutgerinnsel sind Blutplättchen. Dabei handelt es sich um kleine Zellfragmente, die in den Gefäßen zirkulieren. Normalerweise helfen sie dabei, Blutungen zu stoppen und Wunden zu schließen.

„Die Wissenschaft vermutet schon seit längerem, dass Blutplättchen bei der Entstehung von Schlaganfällen eine wichtige Rolle spielen. Ihre genaue Funktion war bisher jedoch nicht bekannt“, sagt Professor Christoph Kleinschnitz, Leiter der Schlaganfallstation der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg.

 

Schlaganfall: Faktor aus Thrombozyten wirkt schädlich

Diese Wissenslücke konnten die Würzburger Forscher nun mit Kollegen aus Tübingen und Belgien schließen. Das Besondere dabei: Sie fanden heraus, dass Blutplättchen in verschiedenen Stadien des Schlaganfalls schädlich sind.

In der frühen Phase setzen die Blutplättchen ein spezielles Gerinnungsprotein frei, den von-Willebrand-Faktor. Dieser fördert die Gerinnselbildung im Gehirn und verschlimmert die Hirnschädigung nach einem Schlaganfall, wie die Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift „Blood“ berichten.

 

Blutplättchen können Apoptose auslösen

Blutplättchen sind aber auch in der späteren Phase eines Schlaganfalls bedeutsam. In einer weiteren Arbeit in „Blood“ zeigt das Forschungsteam, dass die Blutplättchen dann aus den Gefäßen in das Gehirngewebe wandern und dort die Nervenzellen direkt schädigen können.



„Der Mechanismus, der dabei zum Tragen kommt, heißt Apoptose“, so Dr. Peter Kraft, Oberarzt an der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Dabei handelt es sich um eine Art Selbstmordprogramm der Nervenzellen.

Dieses wird aktiviert, sobald die Blutplättchen mit den Nervenzellen in Kontakt treten. Die Forscher konnten zum ersten Mal überhaupt belegen, dass Blutplättchen in der Lage sind, die Apoptose im Gehirn auszulösen.

 

Vielversprechende Antikörper für die Therapie

„Zu entschlüsseln, wie sich Thrombozyten in den unterschiedlichen Schlaganfall-Stadien verhalten, ist für die Entwicklung neuer Therapieansätze sehr wichtig“, erläutert Professor Kleinschnitz.

„Große Hoffnungen setzen wir dabei auf neuartige Antikörper, die die schädigende Funktion der Blutplättchen unterdrücken können.“ Im Tiermodell wirken diese Antikörper sogar dann noch, wenn sie erst eine Stunde nach dem Schlaganfall verabreicht werden.

Die Antikörper können außerdem die nervenschädigende Wirkung des von-Willebrand-Faktors mildern. Zudem führen sie dazu, dass die Nervenzellen seltener in den Selbstmordmodus gehen.

„Damit könnten die Antikörper an verschiedenen Ursachen des Schlaganfalls angreifen und bei vielen Patienten eingesetzt werden“, sagt Kleinschnitz. Bis es soweit ist, seien jedoch noch weitere Untersuchungen und Sicherheitstest nötig.




Literatur:

Rebecca I. Schleicher, Frank Reichenbach, Peter Kraft, Anil Kumar, Mario Lescan, Franziska Todt, Kerstin Göbel, Tobias Geisler, Axel Bauer, Marcus Olbrich, Martin Schaller, Sebastian Wesselborg, Lorraine O’Reilly, Sven G. Meuth, Klaus Schulze-Osthoff, Meinrad Gawaz, Xuri Li, Christoph Kleinschnitz, Frank Edlich und Harald F. Langer. Platelets induce apoptosis via membrane-bound FasL. Blood, 31. Juli 2015, DOI: http://dx.doi.org/10.1182/blood-2013-12-544445.

Verhenne S, Denorme F, Libbrecht S, et al. Platelet-derived VWF is not essential for normal thrombosis and hemostasis but fosters ischemic stroke injury in miceBlood. 2015;126(14):1715–1722. doi:10.1182/blood-2015-03-632901

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