Donnerstag, März 28, 2024

Wenn Roboter die Kranken- und Altenpflege unterstützen

In der Kranken- und Altenpflege können sozial interagierende Roboter und reine Service-Roboter in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz kommen.

Roboter, die den Menschen bei unterschiedlichen Aufgaben unterstützen oder einfach nur zur Unterhaltung dienen, dringen immer mehr in die Alltagsbereiche von Nutzerinnen und Nutzern vor. Diese Entwicklung zeichnet sich aufgrund des demografischen Wandels vor allem im Bereich der Pflege ab. Vor allem in Japan werden Roboter bereits sehr erfolgreich in der Kranken- und Altenpflege eingesetzt. Aber auch in Europa findet dieses Thema zunehmend Beachtung.

 

Service-Roboter in Kranken- und Altenpflege – repräsentative Forsa-Umfrage

Bei älteren Menschen ist die Akzeptanz geringer als bei jüngeren Menschen. Dennoch zeigen Umfragen, dass immer mehr Seniorinnen und Senioren dem Einsatz von Pflegerobotern positiv gegenüberstehen. Beispielsweise konnten sich bei einer repräsentativen Forsa-Umfrage, welche im April 2016 im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt wurde, 83 Prozent der Befragten grundsätzlich vorstellen, im Alter einen Service-Roboter in ihrem eigenen Zuhause zu nutzen, um dort länger wohnen zu können.

In der Kranken- und Altenpflege können Roboter in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz kommen. Dazu gehören körperliche Aufgaben, wie das Aufräumen und Putzen der Wohnung oder Hilfe bei persönlicher Hygiene, aber auch kognitive Aufgaben, wie das Erinnern an Medikamente, oder soziale Aufgaben wie das Erzählen von Geschichten. Die vom Roboter erbrachte Unterstützung kann älteren Menschen unter anderem ermöglichen, länger zu Hause ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Sozial interagierende Roboter unterscheiden sich von reinen Servicerobotern dadurch, dass sie während der Ausführung von Diensten Verhaltensweisen emulieren, die an der zwischenmenschlichen Kommunikation orientiert sind. So würde eine sozial interagierende Hebehilfe eine Person nicht nur umlagern, sondern beispielsweise auch mitfühlend nachfragen, ob die Person nun bequem liegt. Bemerkt sei, dass die Interaktion nicht unbedingt in natürlicher Sprache erfolgen muss.

In einigen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, ausschließlich über soziale und emotionale Hinweise mit einem Artefakt zu interagieren. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die mit einem weichen Fell ausgestattete Kuschelrobbe Paro, die mittels Sensorik auf Berührungen und Geräusche von Nutzern reagiert. Mit der Entwicklung sozial interaktiver Roboter geht der Wunsch einher, die Mensch-Maschine- Kommunikation anthropozentrischer und persönlicher zu gestalten. Das mühsame Erlernen von Kommandos entfällt, da die Menschen so mit der Maschine interagieren können, wie sie es aus der zwischenmenschlichen Interaktion gewöhnt sind. Es geht jedoch nicht nur um einfache Bedienung. Die Nutzung von technischen Artefakten soll zu einer positiven Erfahrung werden. Im Idealfall kommt es zu einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Mensch und Roboter. Das heißt, der Roboter wird nicht nur als Werkzeug gesehen, sondern seine Rolle wandelt sich zum persönlichen Begleiter oder sogar zum Freund.

Eine Reihe von Studien weist auf die positiven Effekte von sozial interagierenden Robotern hin. So können Roboter bei älteren Menschen das Gefühl der Einsamkeit lindern, soziale Interaktionen mit anderen Menschen stimulieren und damit insgesamt zu einer Steigerung der Lebensqualität beitragen. Studien zur positiven Wirkung von Robotern im Bereich der Pflege können jedoch nicht über die offensichtlichen Grenzen von künstlichen Kreaturen hinwegtäuschen. Trotz technischer Fortschritte können Roboter das spontane Verhalten von Lebewesen noch nicht auf glaubhafte Art und Weise replizieren. Ein höherer Grad an Realismus im Aussehen führt dabei nicht unbedingt zu höherer Akzeptanz. Vielmehr wird bei einer allzu großen, aber dennoch nicht perfekten Ähnlichkeit zu lebenden Kreaturen ein Bereich beschritten, in dem eine künstliche Kreatur eher Unbehagen erzeugt. Dieser Bereich wird auch als „unheimliches Tal“ (engl. uncanny valley) bezeichnet. Beim Erscheinungsbild und Verhalten der Roboter muss noch die richtige Balance zwischen Realismus und Stilisierung gefunden werden, welcher von unzähligen Faktoren wie dem konkreten Einsatzzweck, persönlichen Vorlieben des Nutzers und den tatsächlichen Fähigkeiten des Roboters abhängen.

Ähnlich wie bei Heimcomputern, Mobiltelefonen und Speichermedien ist auch bei Robotern damit zu rechnen, dass die benötigte Technologie zunehmend leistungsfähiger, kleiner und kostengünstiger werden wird. Während weltweit Forschungsprojekte gefördert werden, um die beschriebenen Herausforderungen zu lösen, steigt auch der Anteil der Bevölkerung, welche mit derartigen Assistenztechnologien und Zukunftsvisionen aufwächst. Entsprechend werden sich die Fähigkeiten sozialer Roboter und die Bereitschaft der Menschen, diese zu nutzen, einander weiter annähern, und die Vision vom hilfreichen Robotergefährten in der Kranken- und Altenpflege wird sowohl in professionellen Pflegeeinrichtungen als auch in den eigenen vier Wänden langsam aber sicher zur Realität werden.

Quelle:

Statement » Robotik in der Kranken- und Altenpflege: Aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen « von Professor Dr. Elisabeth André, Inhaberin des Lehrstuhls für Multimodale Mensch-Technik-Interaktion am Institut für Informatik der Universität Augsburg am DGIM2018.

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