Donnerstag, März 28, 2024

Kurzwirksames Opioid Remifentanil als Schmerzmittel hochdosiert bei Post-Zoster-Neuralgie

Opioid-Schmerzmittel bei Patienten mit Post-Zoster-Neuralgie: hochdosierte Remifentanil-Infusion senkt im Tiermomdell die Schmerzen nach 7 Tagen deutlich.

Im Grunde genommen hat etwa jeder zehnte Patient mit Gürtelrose ein erhöhtes Risiko für chronische Nervenschmerzen. Und zwar nach der Akutphase der Krankheit. Hierzu ist ein moderner Ansatz zur Therapie die Gabe des hochpotenten Opioids Remifentanil, das als Schmerzmittel auf den Schmerzmechanismus der Post-Zoster-Neuralgie wirken soll. Dementsprechend konnte dazu eine Studie aus Wien im Tiermodell die gute Wirkung zeigen.

 

Anästhesiologie und Schmerzmittel: Kurzwirksames, potentes Remifentanil Opioid

Unter dem Strich kann man das kurzwirksames Opioid Remifentanil als Schmerzmittel sehr gut steuern. Wobei diese Tatsache dessen Bedeutung in der ambulanten Anästhesiologie beziehungsweise der Notfallmedizin sowie bei der Endoskopie ausmacht. Jedenfalls kommt das sehr stark und sehr kurzfristig wirkende Opioid mittlerweile seit 20 Jahren zum Einsatz. Und zwar auch bei Operationen und auf Intensivstationen als Schmerzmittel bei beatmeten Patienten. In diesem Sinne kann Remifentanil als Schmerzmittel auch gegen chronische Schmerzen sowie bei Suchtpatienten vorteilhaft sein. Wenngleich dann eher sehr hochdosiert.

Das der Wirkstoffgruppe der opioiden Anästhetika zugehörige Remifentanil bindet sehr schnell in vollem Umfang an die μ-Opioidrezeptoren. Und zwar mit der etwa 200-mal so starken Wirkung wie Morphin. Hierzu schaltet der Wirkstoff die Schmerzwahrnehmung des Patienten zuverlässig und rasch aus.

Häufige Nebenwirkungen sind dabei Muskelsteifigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Frösteln, Juckreiz sowie Kreislaufbeschwerden wie niedriger Blutdruck. Weiter betreffen unerwünschte Wirkungen vor allem die typischen Opioideffekte. Beispielsweise wie Atemdepression, Herzschlagverlangsamungen und Thoraxrigidität, eventuell auch eine opioidinduzierte Hyperalgesie.

 

Post-Zoster-Neuralgie – Schmerzen nach der Akutphase der Erkrankung

Die von Viren verursachte Erkrankung Gürtelrose – auch bekannt unter Herpes Zoster – kann nicht nur in der Akutphase schmerzhaft sein. Einer von zehn Patienten klagt auch monatelang nach dem Abklingen der Infektion über starke Schmerzen, vermutlich aufgrund einer anhaltenden Nervenschädigung. Bei bis zu 15 Prozent dieser Patientengruppe gehen diese Beschwerden in eine so genannte Post-Zoster-Neuralgie über.

Derzeit wird der neue Therapieansatz mit Remifentanil erforscht, wobei das Opioid auf den verantwortlichen Schmerzmechanismus wirkt. Remifentanil zielt darauf ab, die Langzeit-Potenzierung rückgängig zu machen – ein Phänomen, das an den Synapsen von Nervenzellen beobachtet wird. Das ist für die Schmerzleitung bedeutsam und führt vermutlich auch zu gesteigertem Schmerzempfinden bei Trauma, Entzündung und Neuropathie.

 

Einstündige hoch dosierte Remifentanil-Infusion

In der Grundlagenforschung zeigte sich im Tierversuch, dass das extrem kurz wirksame hochpotente Opioid Remifentanil die Langzeit-Potenzierung an den Nervensynapsen von Typ-C-Nervenfasern im Rückenmarkhinterhorn rückgängig machen kann.

Eine rezente Wiener Studie behandelte davon ausgehend eine Gruppe von Patientinnen und Patienten mit chronischen Post-Zoster-Schmerzen mit einer einzigen einstündigen hoch dosierten Remifentanil-Infusion. Sieben Tage nach der Behandlung konnte die Therapie mit Remifentanil die Schmerzintensität der Patienten bei einer nummerischen Ratingskala von 0-100 im Gesamtdurchschnitt um 18 Punkte senken.

Schließlich bewirkte das kurzwirksame Opioid-Schmerzmittel Remifentanil bei elf von 20 Patienten die Behandlung eine Schmerzreduktion von 30 oder mehr Prozent. Zudem lag die durchschnittliche relative Reduktion vom Ausgangswert bei 61 Prozent. Und zwar bei denen, die auf Remifentanil ansprachen.


Literatur:

Feldman PL. Insights into the Chemical Discovery of Remifentanil. Anesthesiology. 2020 May;132(5):1229-1234. doi: 10.1097/ALN.0000000000003170. PMID: 32028373.

Shafer SL. The evolution of pharmacokinetics [published online ahead of print, 2020 Apr 20]. Br J Anaesth. 2020;S0007-0912(20)30151-3. doi:10.1016/j.bja.2020.03.002

Bevans-Warren TS, Clegg DO Jr, Sakata DJ, Reilly CA. Remifentanil Stability. Anesth Analg. 2018;127(3):e51‐e52. doi:10.1213/ANE.0000000000003600

Prosenz J, Kloimstein H, Thaler U, Drdla-Schutting R, Sandkühler J, Gustorff B. A brief, high-dose remifentanil infusion partially reverses neuropathic pain in a subgroup of post herpetic neuralgia patients. J Clin Neurosci. 2017 Jun;40:195-197. doi: 10.1016/j.jocn.2017.02.048.

Bushuven S, Kreuer S, Kranke P. Remifentanil up2date – Teil 1 [Remifentanil Up2date – Part 1]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2017;52(7-08):543‐553. doi:10.1055/s-0042-122041

Bushuven S, Kreuer S, Kranke P. Remifentanil up2date – Teil 2 [Remifentanil up2date – Part 2]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2017;52(9):630‐639. doi:10.1055/s-0043-114676


Quelle: Österreichische Schmerzgesellschaft

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