Dienstag, April 16, 2024

Pilzinfektionen bei Mukoviszidose-Patienten

Welche Rolle spielen Pilzinfektionen bei Mukoviszidose-Patienten? Wie können diese frühzeitig erkannt und behandelt werden?

Über diese und weitere Themen diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Seminar „Fungi in CF – Where do we stand?“ des Mukoviszidose Instituts, das vom 22. bis zum 23. September 2016 im Schloss Waldthausen bei Mainz stattfand. „Mit unserem jährlich stattfindenden wissenschaftlichen Seminar möchten wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Gelegenheit geben, aktuelle Forschungsergebnisse zu präsentieren und sich untereinander auszutauschen“, sagte Dr. Miriam Schlangen, Leiterin des Mukoviszidose Instituts, welches das Seminar bereits zum 16. Mal ausrichtete. Die Tagungsleitung der diesjährigen Veranstaltung übernahmen Dr. Anna-Maria Dittrich (Hannover) und Dr. Carsten Schwarz (Berlin).

In seinem Keynote-Vortrag zum Schwerpunktthema stellte Prof. Dr. Jean-Philippe Bouchara (Angers/Frankreich) die Frage, ob Mukoviszidose-Patienten besonders anfällig für Pilzinfektionen sind. Seine Arbeitsgruppe geht davon aus, dass die Infektion in den meisten Fällen über die Umgebung durch eingeatmete Pilzsporen erfolgt – die Größe dieser Pilzsporen ist daher relevant und verschafft „gut lungengängigen“ Pilzsporen einen Vorteil: Der Pilz Aspergillus fumigatus hat möglicherweise mit einer Sporengröße von 2-4.5 µm gute Chancen, tief in die Lunge eingeatmet zu werden. Weitere Spezialisierungen im Bereich des Stoffwechsels verschaffen den Pilzen in der Lunge von CF-Patienten eventuell einen Wachstumsvorteil. Dazu gehören Siderophore, vom Pilz hergestellte chemische Substanzen, die den Pilz mit lebensnotwendigem Eisen versorgen, oder Melanin, welches den Pilz vor Angriffen der Abwehrzellen schützt und das Einnisten des Pilzes in den Atemwegen erleichtert.

Prof. Dr. Michael P. Boyle von der US-amerikanischen Cystic Fibrosis Foundation war extra aus Baltimore angereist, um über das Pilz-Projekt der CF Foundation zu berichten. Anhand des amerikanischen Mukoviszidose-Patientenregisters wurde untersucht, welche Einflussfaktoren mit der Besiedelung der Lunge mit Pilzen bei Mukoviszidose einhergehen, um so mögliche Risikofaktoren zu identifizieren. Im Schnitt waren die Betroffenen 16 Jahre alt, wenn Aspergillus fumigatus erstmals diagnostiziert wurde. Intravenöse Antibiotika-Therapien (i. V.) zur Bekämpfung von Bakterien gingen den Pilzinfektionen häufig voraus, so dass die i.V. Antibiotika-Therapien als Einflussfaktor eingestuft wurden. Deutliches Verbesserungspotential sieht Boyle in der mikrobiologischen Diagnostik: Pilze werden in den mikrobiologischen Proben noch viel zu oft übersehen, so dass die CF Foundation in den nächsten Jahren dafür sorgen möchte, dass in den mikrobiologischen Laboren gezielter nach Pilzen gesucht wird, um die Pilzdiagnostik bei Mukoviszidose zu verbessern.

Fast alle weiteren Vorträge beschäftigten sich mit der Frage, wie eine verbesserte Pilzdiagnostik auch den behandelnden Ärzten helfen kann zu entscheiden, ob und wie Pilzinfektionen behandelt werden müssen. Nicht jeder Pilz macht Probleme, so dass es wichtig ist, den reinen Nachweis von Pilzen in mikrobiologischen Proben therapeutisch richtig zu bewerten. Neue immunologische Methoden werden zurzeit entwickelt und möglicherweise kann zukünftig anhand von Blutanalysen erkannt werden, welcher Pilz eine Entzündung verursacht und welcher nicht.

„Wir haben uns in diesem Jahr für das Thema Pilzinfektionen bei Mukoviszidose entschieden, da diese Infektionen bislang noch nicht stark erforscht sind“, sagte Tagungsleiterin Dr. Anna-Maria Dittrich. Tagungsleiter Dr. Carsten Schwarz fügte hinzu: „Die Vorträge, die wir in den letzten zwei Tagen zu diesem Thema gehört haben, zeigen uns, dass auf dem Gebiet der Pilzinfektionen erstmals relevante Forschung stattfindet. So werden neben Themen der Grundlagenforschung, auch direkt für den Patienten relevante Forschungsthemen bearbeitet. Wir gehen davon aus, dass uns diese Forschung bei der Bekämpfung von Pilzinfektionen bei Mukoviszidose-Betroffenen weiterbringt.“

Hintergrund-Informationen

Die Mukoviszidose Institut gGmbH ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft des Mukoviszidose e.V. Sie erbringt professionell Dienstleistungen im Bereich der Forschung und des Qualitätsmanagements, um neue Therapieansätze zu ermöglichen sowie die bestehende Therapie zu optimieren. Dies geschieht mit dem Ziel, die Lebenszeit und die Lebensqualität von Mukoviszidose-Patienten zu verbessern.

Spendenmöglichkeit:
https://muko.info/spenden-und-helfen.html

https://muko.info/mukoviszidose-institut/ Internetseite des Mukoviszidose Instituts

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