Dienstag, April 23, 2024

Wenn Baby oder Kinder zuhause Passivrauchen müssen

Passivrauchen verursacht bei Baby und Kind ganz besonders schwerwiegende gesundheitliche Konsequenzen, dennoch ist weltweit etwa jedes zweite Kind betroffen.

Unter dem Strich sterben jährlich etwa sieben Millionen Menschen an den Folgen des Tabakrauchs. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO. Hierzu ist längst bekannt, dass auch Passivrauchen massiv die Gesundheit schädigt und bei Baby und Kind ganz besonders schwere gesundheitliche Konsequenzen haben kann. Kinder, die Passivrauchen  ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für eine Vielzahl von Gesundheitsproblemen und Krankheiten. Vor allem sind das schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Atemwege von Baby und Kind. Dennoch wird weltweit rund jedes zweite Kind mit Passivrauchen konfrontiert. Übrigens kann sich eine Tabakrauch-Exposition im Haushalt auch auf pädiatrische COVID-19-Fälle sehr negativ auswirken. Eine rezente türkische Studie zeigte hierzu eine erhöhte Häufigkeit von Husten und Fieber bei betroffenen Kindern.

 

Passivrauchen zuhause

Eine rezente Studie in Österreich zeigte dazu ebenfalls, dass in vielen Haushalten Säuglinge (Baby), durch Passivrauchen gefährdet werden. Dazu analysiert man in der Wiener Studie  die Daten von 185 Säuglingen, die wegen schwerer RSV-Infektion der Atemwege (Respiratory Syncytial Virus) eine Behandlung im Krankenhaus benötigten. Im Schnitt waren die in die Studie einbezogenen Babys 106 Tage alt, also gerade etwas mehr als drei Monate. Jedenfalls zeigten die Ergebnisse der Studie alarmierende Ergebnisse, dass

  • bei knapp 48 % der behandelten Säuglinge unter einem Jahr, Menschen in deren unmittelbaren Umfeld rauchen.
  • Dazu gaben knapp 42 % der rauchenden Eltern bei der Befragung an, auch in der Wohnung zu rauchen.

Die Schädigungen durch das Passivrauchen reichen vom Fötus über das Baby-, Kinder- und Jugend- bis hin zum Erwachsenenalter. Je jünger die Kinder sind, desto verletzlicher sind sie. Denn weder die Lunge noch andere Organe, wie die für die Entgiftung wichtige Leber, sind zu diesem Zeitpunkt ausgereift.

 

Schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Atemwege

Akute Atemwegsinfektionen stehen übrigens in einer direkten Dosis-Wirkungsbeziehung zur Tabakexposition. Dementsprechend ist der Schaden umso größer, je öfter das Baby oder das Kind dem Passivrauchen ausgesetzt ist. Beispielsweise erhöht Passivrauchen vor und nach der Geburt das Risiko deutlich, an Asthma zu erkranken.

Besonders alarmierend war hierzu die Tatsache, dass 13,5% der befragten Eltern von Säuglingen auch in Anwesenheit des Kindes selbst dann rauchen, wenn das Kind bereits an einem respiratorischen Infekt, also einem Infekt der Atemwege erkrankt ist.

 

Fatal: Rauchen während der Schwangerschaft

In der Wieder Befragung gaben etwa 20% der Mütter an, aktive Raucherinnen zu sein. Wobei 20% der befragten Mütter angaben, dass sie auch während der Schwangerschaft geraucht hatten. Die Studie zeigte weiter, dass Kinder mit Cotinin im Harn (dem Abbauprodukt von Nikotin) auch ein signifikant niedrigeres Geburtsgewicht hatten.

Unter dem Strich schädigt das Rauchen der Mutter direkt die Lungenentwicklung des Fötus. Zudem kommen indirekte Effekte durch die schlechtere Funktion des Mutterkuchens zustande. Denn Nikotin und andere Gifte sammeln sich hier an und verursachen ein ganz besonderen Giftcocktail. Dies kann beispielsweise zu Schädigungen des Immunsystems und in der Folge zu einer erhöhten Rate an Infektionen führen.

 

Nichtraucherschutz  gegen Passivrauchen für Baby und Kind

Zacharasiewicz: „Die Studie zeigt, wie weit Österreich beim Nichtraucherschutz, speziell, was Kinder betrifft, hinterherhinkt. Wir sind nicht einmal in der Lage, unsere eigenen Kinder zu schützen. Dabei ist die Faktenlage ganz klar: Die kindliche Lunge ist besonders empfindlich und Schäden an der Lunge während der Wachstumsphase in der Kindheit werden spätestens im Erwachsenenalter zum Problem. Ein klarer Zusammenhang zwischen schlechter Lungenfunktion und frühem Tod ist längst erwiesen.“ Die Expertin fordert ein ganzes Maßnahmenbündel: Von der Intensivierung der gezielten Aufklärung via Medienkampagnen, in Schulen und Kindergärten, bis hin zu einer drastischen Erhöhung der Zigarettenpreise und zum Rauchverbot auf Spielplätzen und allen öffentlichen Orten, wo Kinder anwesend sind.


Literatur:

Akkoç G, Akgün Ö, Kızılırmak C, Yıldız F, Duru HNS, Elevli M. Demographic and Clinical Characteristics of COVID-19 in Children and the Effect of Household Tobacco Smoke Exposure on COVID-19. Turk Arch Pediatr. 2021 Jul 1;56(4):322-327. doi: 10.5152/TurkArchPediatr.2021.20226. PMID: 35005725; PMCID: PMC8655958.

Maedel C, Kainz K, Frischer T, Reinweber M, Zacharasiewicz A. Increased severity of respiratory syncytial virus airway infection due to passive smoke exposure. Pediatr Pulmonol. 2018 Sep;53(9):1299-1306. doi: 10.1002/ppul.24137. Epub 2018 Jul 30. PMID: 30062859; PMCID: PMC6175106.

Pattenden S, Antova T, Neuberger M, Nikiforov B, De Sario M, Grize L, Heinrich J, Hruba F, Janssen N, Luttmann-Gibson H, Privalova L, Rudnai P, Splichalova A, Zlotkowska R, Fletcher T. Parental smoking and children’s respiratory health: independent effects of prenatal and postnatal exposure. Tob Control. 2006 Aug;15(4):294-301. doi: 10.1136/tc.2005.015065. PMID: 16885578; PMCID: PMC2563598.

Kuntz B, Lampert T. Social disparities in parental smoking and young children’s exposure to secondhand smoke at home. A time-trend analysis of repeated cross-sectional data from the German KiGGS study between 2003-2006 and 2009-2012. BMC Public Health. 2016 Jun 8;16:485. doi: 10.1186/s12889-016-3175-x. PMID: 27277721; PMCID: PMC4898452.


Quelle: Statement von OÄ Priv.-Doz.in Dr.in Angela Zacharasiewicz, MBA zur Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, 18. bis 20. Oktober in Linz.

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