Freitag, April 19, 2024

Schmerzmittel Opioid PZM21 – ein neuer Wirkstoff gegen Schmerzen

Das neue Opioid PZM21 ist ein neues Schmerzmittel, dass ohne schwerwiegende Nebenwirkungen ein effektiver Wirkstoff gegen Schmerzen ist.

Ein internationales Forscherteam hat das neue Opioid-Schmerzmittel PZM21 entwickelt. Das Besondere am Wirkstoff PZM21 ist, dass das neue Schmerzmittel kaum schwerwiegende Nebenwirkungen zu verursachen scheint. Bisher wurde der Wirkstoff erfolgreich in Modellversuchen getestet.



 

Der Wirkstoff PZM21 ist effektiv wie Morphin gegen Schmerzen

Opioide gehören zu den wichtigsten Medikamenten. Sie werden zur Linderung schwerer Schmerzen eingesetzt und sind deshalb für die Gesellschaft von unschätzbarem Wert. Gleichzeitig haben sie schlimme Nebenwirkungen. Jährlich sterben tausende Menschen an den Folgen von Abhängigkeit und Atemstillstand – ausgelöst durch Opiate. Pharmazeutische Chemiker weltweit forschen daher seit Jahren an der Entwicklung neuartiger Analgetika, die ohne diese negativen Folgen funktionieren.

Die bisherigen Studien beschränkten sich jedoch darauf, die klassischen Opiate zu optimieren. Die Entwicklung eines völlig neuen Schmerzmittels ist unlängst einem internationalen Team gelungen.

Im Modellversuch konnten die Forscher nachweisen, dass ihr neuer Wirkstoff PZM21, der keinerlei chemische Ähnlichkeit mit den bisherigen Opiaten besitzt, genauso effektiv wie Morphin Schmerzen lindert. Atemdepression, also eine Verlangsamung der Atmung, sowie Abhängigkeit konnten hingegen nicht nachgewiesen werden. Im Rahmen der weiteren Entwicklung soll untersucht werden, ob ähnlich hoffnungsvolle Ergebnisse auch beim Menschen erzielt werden können.

 

μ-Opioid-Rezeptor als wichtigster Angriffspunkt für starke Schmerzmittel

Um den maßgeschneiderten Wirkstoff zu entwickeln, nutzten die Wissenschaftler die erst kürzlich entdeckte Struktur des sogenannten μ-Opioid-Rezeptors, dem wichtigsten Angriffspunkt für starke Schmerzmittel auf Opiatbasis.

Mit Hilfe des sogenannten Docking-Verfahrens berechneten sie zunächst an einem Hochleistungsrechner, welche von mehr als drei Millionen potenziellen Wirkstoffen am geeignetsten erscheinen, mit dem μ-Opioid-Rezeptor zu interagieren. Dies führte zu 23 Molekülen, die man experimentell auf ihre Rezeptorbindung hin untersuchte, um einen vielversprechenden Treffer herauszufiltern.



Während starke Arzneistoffe in nanomolaren Konzentrationen am Rezeptor wirken – dies entspricht etwa der Konzentration eines gelösten Zuckerwürfels in einem Schwimmbecken –, erkennen Treffer aus computerunterstützten Docking-Prozessen, ihren Angriffspunkt nur in mikromolarer Konzentration. Die Molekülstruktur wurde deshalb so verändert, dass sich ihre Wirksamkeit wesentlich erhöhte. Die Experimente führten schließlich zum hochaktiven Wirkstoffmolekül PZM21.

 

PZM21 – funktionell selektiver Wirkstoff

Interessanterweise handelt es sich bei PZM21 um einen funktionell selektiven Wirkstoff. Er ist in der Lage sogenannte G-Proteine, die mit dem Rezeptor in Wechselwirkung stehen, zu aktivieren, nicht jedoch das Signalmolekül ß-Arrestin, das für die Opioid-typischen Nebenwirkungen verantwortlich ist.

Zudem konnten die Forscher zusätzlich durch sogenannte Struktur-Wirkungs-Untersuchungen und Molekular-Dynamic-Simulationen die Bindungsposition von PZM21 im Rezeptor bestimmen. Eine Erkenntnis, die für die Übertragung des Prinzips der funktionellen Selektivität auf andere pharmazeutisch relevante G-Protein gekoppelte Rezeptoren wichtig ist. Das Ziel soll auch hier die Entwicklung neuartiger Arzneistoffkandidaten ohne Nebenwirkungen sein.

Vielfältige Untersuchungen der pharmakologischen Arbeitsgruppen zeigten schließlich in vitro und im Tiermodell das gewünschte Ergebnis: starke schmerzreduzierende Eigenschaften, jedoch keine Anzeichen für Atemstillstand oder suchttypisches Verhalten sowie kaum Verstopfung – eine weitere Nebenwirkung unter der Schmerzpatienten oft leiden.

Um PZM21 – oder einen davon abgeleiteten Wirkstoff tatsächlich als Medikament auf den Markt zu bringen, sind allerdings noch viele ausführliche Experimente und klinische Studien notwendig.




Literatur:

Manglik, A., Lin, H., Aryal, D. et al. Structure-based discovery of opioid analgesics with reduced side effects. Nature 537, 185–190 (2016). https://doi.org/10.1038/nature19112


Quelle:

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Stanford University, der University of California

San Francisco (UCSF)

University of North Carolina (UNC)

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