Dienstag, April 16, 2024

Warum es bei Migräne und den Darmbakterien einen Zusammenhang gibt

Die engen Zusammenhänge zwischen Darmbakterien, Leber und Migraene legen nahe, über den Darm positiv auf Migraene und Kopfschmerzen einzuwirken.

Wie Migräne entsteht, ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Eine Annahme ist, dass es zu einer Art „Reizung“ des Hirngewebes und der Hirnhäute kommt, welche die Schmerzsensibilität erhöht und durch die Ausschüttung von Botenstoffen Schmerzen verursacht. Von dieser neurologischen Erkrankung sind rund 10% der Menschen in Europa betroffen – Frauen etwa dreimal so häufig wie Männer. Seit längerem wird auch der Zusammenhang zwischen Mikroglia-Zellen, Darm, Darmbakterien und Migräne sowie seelischen Verstimmungen untersucht.



Migräne beeinträchtigt Alltag und Beruf

Die Betroffenen leiden unter so extrem quälenden Kopfschmerzen, dass sie während eines Migräne-Anfalls nicht in der Lage sind, ihrem Beruf oder alltäglichen Verrichtungen nachzukommen.

Unterschiedliche Medikamente zur Akuttherapie (beispielsweise NSAR, Triptane, Anti-Emetika) oder zur Prophylaxe (unter anderem CGRP-Antikörper, Betablocker, Antikonvulsiva) sind dauerhafte Wegbegleiter, um trotz Migräne-Erkrankung im Alltag soweit als möglich „funktionieren“ zu können.

Die medikamentöse Migräne-Therapie kann jedoch erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen, Und zwar unter anderem arterielle Hypotonie, Müdigkeit, Schlafstörungen, Schwindel, und natürlich gastrointestinale Beschwerden.

 

Enge Verbindung zwischen Darm, Leber und Gehirn

Der Zusammenhang zwischen Migraene und Störungen des Gastrointestinal-Trakts wurde in zwei Richtungen nachgewiesen:

1. Migraene-Patienten weisen häufig gastrointestinale Beschwerden auf

2. Personen mit Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts leiden häufiger an Migraene als Personen in entsprechenden Kontrollgruppen.

Eine wichtige Rolle kommt dem Pfortaderkreislauf zu: Das Blut aus dem gesamten Magen-Darm-Trakt wird über die Pfortader (Vena portae) zunächst der Leber zur Entgiftung zugeführt. Über ein großes Blutgefäß wird das Blut weiter ins Herz und über die Hauptschlagader weiter in den Kopf geleitet. So werden dem Gehirn die im Darm aufgenommenen Nährstoffe zugeführt. Allerdings können auf diesem Weg auch Giftstoffe ins Gehirn gelangen: Nämlich immer dann, wenn sie in der Leber nicht schnell genug abgebaut werden können.

 

Darmbarriere unter Dauerbelastung

Eine erhöhte Menge an Giftstoffen wird vor allem dann aufgenommen, wenn die Darmbarriere in ihrer Funktion gestört ist: Unsere heutige, oft ungesunde Lebensweise, beeinflusst unseren Darm und seine lebenswichtigen Darmbakterien äußerst negativ.

Zu viel Zucker, Kaffee, Alkohol, Medikamente und Stress haben zur Folge, dass es zu einem „Leaky Gut“ kommen kann – einem (im wahrsten Sinn des Wortes) „löchrigen Darm“!

Die Schleimschicht an der Darmoberfläche verändert sich, viele kommensale Darmsymbionten sterben ab, spezielle Stress- und Entzündungsbotenstoffe werden gebildet, welche die darunter liegende Epithelzellschicht der Darmschleimhaut zerstören.

Die mit der Nahrung in den Körper aufgenommenen giftigen Stoffe werden nicht mehr mit dem Stuhl ausgeschieden, sondern können ungehindert in die Blutbahnen eindringen und bis ins Gehirn gelangen: Es häuft sich sozusagen „Müll“ im Kopf an.

 

Theoretischer Zusammenhang zwischen Darmbakterien und Mikroglia-Zellen sowie Migräne und seelischen Verstimmungen

Prinzipiell ist unser Gehirn in der Lage, schädliche Stoffe zu entfernen, nämlich mittels spezieller Fresszellen. Diese sogenannten Mikroglia-Zellen sind aber in ihrer Aktivierung und Reifung wesentlich von Stoffen abhängig, die nur unsere Darmbakterien produzieren, nämlich von dem für den Energiestoffwechsel wichtigem Butyrat (= kurzkettige Fettsäuren). Nur wenn ausreichend Butyrat-produzierende Darmsymbioten vorhanden sind, gibt es auch genügend Mikroglia-Zellen.

Die engen Zusammenhänge zwischen Darmbakterien, Leber und Migräne sind Untersuchungsgegenstand vieler Studien. Ob Darmbakterien über den Darm positiv auf Migräne, Kopfschmerzen und seelische Verstimmungszustände einwirken kann, ist allerdings wissenschaftlich nicht bestätigt.




Literatur:

Cámara-Lemarroy CR, Rodriguez-Gutierrez R, Monreal-Robles R, Marfil-Rivera A. Gastrointestinal disorders associated with migraine: A comprehensive review. World J Gastroenterol. 2016;22(36):8149-8160. doi:10.3748/wjg.v22.i36.8149

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