Donnerstag, März 28, 2024

Neuroendokrine Tumoren und neue Möglichkeiten der Behandlung

Verbesserte Therapie-Optionen ermöglichen heute bei Neuroendokrinen Tumoren, meist in Magen-Darm-Trakt oder Lunge, eine effektivere Behandlung.

Heutzutage kann man Neuroendokrine Tumoren (NET) mit einer effektiveren Behandlung bekämpfen. Und zwar mittels Chirurgie, neuer Medikamenten und den neuen radioaktiv markierten Substanzen zur internen Bestrahlung. Die innovativen Therapie-Möglichkeiten der zumeist im Magen-Darm-Trakt und der Lunge auftretenden Neuroendokrinen Tumoren bremsen dabei wirksam das Tumorwachstum ein.

 

Neuroendokrine Tumoren

Neuroendokrine Tumoren sind seltene Wucherungen, die aus hormonbildenden Zellen hervorgehen und zum Teil Hormone produzieren und in den Blutkreislauf abgeben. Dabei wachsen die Tumoren langsam und treten vor allem im Magen, in Dünndarm und Dickdarm, Wurmfortsatz sowie der Lunge auf.

Vor allem die Patienten mit fortgeschrittenen, nicht mehr operativ zu entfernenden Neuroendokrinen Tumoren des Magen-Darm-Trakts profitieren von neuen, zielgerichteten Therapie. Bislang halfen bei solchen Patienten lediglich eine Behandlung mit Depotpräparaten des wachstumshemmenden Hormons Somatostatin.

 

Everolimus für die Behandlung von Neuroendokrinen Tumoren zugelassen

Tatsächlich machen sich verschiedene neue Substanzen besondere biologische Eigenschaften der Neuroendokrinen Tumoren zunutze. Dementsprechend blockiert beispielsweise der Wirkstoff Everolimus eine zentrale Schaltstelle in der Tumorzelle, die für Zellteilung und Zellwachstum zuständig ist.

In einer randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Phase III-Studie, der „RADIANT-4“, hatten Wissenschaftler 302 Patienten mit fortgeschrittenem neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinaltrakts oder der Lunge mit Everolimus erfolgreich behandelt, weil das progressionsfreie Überleben ohne ein Fortschreiten der Erkrankung bei der Everolimus-Gruppe bei elf Monaten verglichen mit 3,9 Monaten bei der Placebo-Gruppe lag.

 

Somatostatin und Somatostatin-Analoga

Im Grunde genommen tragen Neuroendokrine Tumore auf ihrer Zelloberfläche sogenannte Somatostatin-Rezeptoren. Das Hormon Somatostatin wird natürlich im Körper gebildet und wirkt als Gegenspieler des Wachstumshormons, der die Hormonproduktion in verschiedenen Körperzellen verringern kann.

Sogenannte Somatostatin-Analoga setzt man als Erstlinien-Therapie bei Patienten mit funktionellen Neuroendokrinen Tumore und intestinalen Neuroendokrinen Tumore im Stadium G1/ G2 ein. Diese Medikamente sollen zielgerichtet und spezifisch die Somatostatinrezeptoren der Neuroendokrinen Tumore hemmen. Einerseits sollen sie antiproliferativ das Tumorwachstum bremsen. Andererseits wirken sie antiangiogen gegen die Tumor bezogener Blutgefäße.

Unter dem Strich gilt die Behandlung der Neuroendokrinen Tumoren mit Somatostatin-Analoga als sicher und gut verträglich.

 

Peptid-Radiorezeptortherapie

Eine weitere wichtige und effektive Innovation ist die sogenannte Peptid-Radiorezeptortherapie (PRRT). Diese ermöglicht es, die Tumorzelle auch von Innen heraus zu bestrahlen. Grundsätzlich sitzen auf der Oberfläche der Tumorzellen Rezeptoren. Diese Bindungsstellen für das Hormon Somatostatin werden von dem Radionuklid als Andockstell genutzt.

Dementsprechend ist das Radionuklid mit einem Somatostatin-Analogon verbunden. So dockt es an den Rezeptor an und bestrahlt zielgerichtet unmittelbar die Zellen des Tumors.

Beispielsweise konnten in der NETTER-1 Studie, an der 230 Patienten teilnahmen, unlängst Forscher aus Europa und den USA eindeutig zeigen, dass die Peptid-Radiorezeptortherapie mit dem Radionuklid 177Lu-DOTATATE das progressionsfreie Überleben bei Patienten mit fortschreitenden neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms gegenüber der reinen Gabe von hochdosierten Somatostatin-Analoga der Patienten signifikant erhöht.

Dabei bewirkte die Peptid-Radiorezeptortherapie bei 19 Prozent der Patienten eine deutliche Tumorverkleinerung und reduzierte das Risiko für ein Fortschreiten des Tumors im Vergleich zur reinen medikamentösen Behandlungsgruppe um fast 80 Prozent.

Prinzipiell bindet das radioaktiv markierte Somatostatin–Analogon DOTATOC an die Somatostatin-Rezeptoren von neuroendokrin­en Tumor­en und sendet radioaktive Strahlung aus. Schließlich kann es sowohl zur Diagnose als auch zur Therapie dieser Tumoren genutzt werden.

Somatostatin ist übrigens ein im Hypothalamus gebildetes Hormon, das die Ausschüttung anderer Hormone bildet. Beispielsweise das Wachstumshormon, Schilddrüsen-stimulierendes Hormon, ACTH, Insulin, Glukagon, Gastrin.

 

Möglichkeiten der Therapie von Lebermetastasen bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren

Durch die moderne Chirurgische Verfahren, die die sichere Behandlung multipler, bilateraler, großer Tumoren ermöglichen und mit extirpative, ablative und interventionelle Therapien kombinieren, können immer mehr Patienten mit neuroendokrinen Tumoren und Lebermetastasen (LMs) erfolgreich behandelt werden.

Radiologische Verfahren mit bildgebender Kontrolle helfen jedenfalls bei der gezielten Therapie einzelner Tumorabsiedlungen. Hierzu gibt es unterschiedliche Ansätze zur Behandlung von Lebermetastasen. Und zwar sind das die Transarterielle Chemoembolisation, Embolisation, Radiofrequenzablation, Laserinduzierte interstitielle Thermotherapie sowie die Kryotherapie.

Die Radiofrequenzablation ist eine Technik, bei der Wärmeenergie verwendet wird, um eine Gerinnungsnekrose zu induzieren und dadurch die Tumorzellen zu zerstören. Resektion plus Radiofrequenzablation wird zunehmend bei Patienten mit bilateralen neuroendokrinen Tumoren und Lebermetastasen eingesetzt.

Die Resektion wird bei großen oder dominanten Läsionen durchgeführt, während die Radiofrequenzablation zur Behandlung kleiner Läsionen verwendet wird.

Dazu konnten Studien zeigen, dass eine hepatische arterielle Embolisation, die typischerweise als transarterielle Embolisation und transarterielle Chemoembolisation bezeichnet wird, die Tumorgröße verringern und die Symptome einer übermäßigen hormonellen Sekretion lindern kann.


Literatur:

Gut P. Liver metastases in gastroenteropancreatic neuroendocrine tumours – treatment methods. Prz Gastroenterol. 2020;15(3):207-214. doi: 10.5114/pg.2020.91501. Epub 2020 Jan 8. PMID: 33005265; PMCID: PMC7509904.

Strosberg J, El-Haddad G, Wolin E, et al. Phase 3 Trial of 177Lu-Dotatate for Midgut Neuroendocrine Tumors. N Engl J Med. 2017;376(2):125–135. doi:10.1056/NEJMoa1607427

Yao, James C., et al.: Everolimus in advanced non-functional neuroendocrine tumours (NET) of lung or gastrointestinal (GI) origin: Efficacy and safety results from the placebo-controlled, double-blind, multicenter, Phase 3 RADIANT-4 study. European Cancer Congress; September 25-29; Vienna, Austria (2015)

Strosberg J, Wolin E, Chasen B, et al. 177-Lu-Dotatate significantly improves progression-free survival in patients with midgut neuroendocrine tumours: Results of the phase III NETTER-1 trial.
European Cancer Congress; September 25-29; Vienna, Austria (2015)

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