Samstag, April 20, 2024

Multigentest für gezielten Chemotherapie-Einsatz bei Brustkrebs

Ein Multigentest als Entscheidungshilfe ermöglicht einen gezielteren Einsatz von Chemotherapien bei Brustkrebs verbessert damit die Heilungschancen.

In der Brustkrebs-Therapie wird seit einigen Jahren mittels Multigentest das Metastasierungsrisiko eruiert. Wissenschaftler am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) haben nun Ergebnisse aus der klinischen Routine vorgestellt. Dabei zeigte sich, dass der eingesetzte Multigentest tatsächlich hilft, Chemotherapien gezielter einzusetzen und damit die Heilungschancen zu verbessern.

 

Multigentest bei Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs zu erkennen

Seit November 2011 wird in der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar bei Patientinnen mit einer bestimmten Brustkrebs-Variante – hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs – ein sogenannter Multigentest eingesetzt. Mit diesem lässt sich anhand von Gewebeproben und weiteren klinischen Merkmalen das zukünftige Metastasierungsrisiko voraussagen.

„Anhand des Testergebnisses, das neben molekularbiologischen Tumoreigenschaften auch  die  individuellen Faktoren Tumorgröße und Lymphknotenbefall mit einbezieht,  entscheiden Ärztinnen und Ärzte, ob zusätzlich zu einer operativen Entfernung des Tumors und der anschließenden antihormonellen Behandlung auch eine Chemotherapie sinnvoll ist“, erläutert Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik. „Bei einem niedrigen Risiko einer Metastasierung kann eine Chemotherapie eine unnötige schwere Belastung sein. Bei einem hohen Risiko kann die Therapie verhindern, dass später neue Tumoren entstehen.“

Auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium in den Vereinigten Staaten, einem der weltweit wichtigsten Fachkongresse für Brustkrebs, hat Dr. Johannes Ettl, leitender Oberarzt am interdisziplinären Brustzentrum der Frauenklinik, jetzt die Ergebnisse einer unabhängigen, nicht von einem Test-Hersteller beauftragten Versorgungsstudie zu dem im Brustzentrum eingesetzten vorgestellt.

 

Versorgungsstudie mit 373 Patientinnen

Die Forscher analysierten den jahrelangen Verlauf der Brustkrebserkrankung von 373 Patientinnen ab Behandlungsbeginn und die damit verbundenen Testergebnisse. Der Multigentest hatte  für 238 Patientinnen (63,8%) ein niedriges Risiko sowie für 135 (36,2%) ein hohes Risiko ergeben.

Es zeigte sich, dass nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 3,5 Jahren bei Patientinnen in der „Hochrisiko-Gruppe“ im Vergleich zur „Niedrigrisiko-Gruppe“ in der Praxis die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch war, dass der Brustkrebs wieder auftrat und sogar fünfmal so hoch war, dass sich Metastasen in anderen Organen bildeten.

Unter den Niedrigrisikopatientinnen und den Hochrisikopatientinnen, die zusätzlich zur Antihormontablette mit Chemotherapie behandelt wurden, lebten nach drei Jahren 96,6 Prozent (Niedrigrisiko-Gruppe) bzw. 96,3 Prozent (Hochrisiko und Chemotherapie) ohne Brustkrebs. Bei den Patientinnen mit hohem Risiko ohne Chemotherapie trotz testbasierter Empfehlung waren es dagegen nur 91,5 Prozent.

„Unsere Beobachtungsstudie liefert erstmals Daten aus der klinischen Routine-Versorgung. Diese zeigen, dass der Test tatsächlich wichtige Anhaltspunkte für die Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie liefern kann.“ Prof. Marion Kiechl betont weiter, dass Gensignaturtests wichtige Werkzeuge seien, die dabei helfen, Chemotherapien gezielter einzusetzen. Damit können Ärzte sowohl einen unnötigen Einsatz der stark belastenden Therapien als auch einen potenziell folgenschweren Verzicht auf eine Chemotherapie bei hohem Metastasierungsrisiko vermeiden.

 

EndoPredict-Test – am häufigsten eingesetzte Multigentest bei Brustkrebs

Gegenstand der Untersuchung war der EndoPredict-Test, einer der vier in Deutschland am häufigsten eingesetzte Multigentest bei Brustkrebs. Bei seiner Einführung 2011 war er der erste Test, der sowohl Gensignaturen als auch klassische klinische Parameter wie die Tumorgröße und den Befall von Lymphknoten berücksichtigte.

Quelle: Frauenklinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar. http://www.frauenklinik.med.tum.de/

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