Freitag, April 19, 2024

Mesotheliom mit Mikro-RNA prognostizieren

Beim seltenen, aber gefährlichen Mesotheliom könnten Mikro-RNA als Entscheidungshilfe für die Auswahl der optimalen Behandlungsstrategien dienen.

Es handelt sich um eine seltene, aber sehr gefährliche Lungenkrebserkrankung: das Mesotheliom (Rippenfellkrebs), das in der Schicht entsteht, welche die Lunge umhüllt. Es gibt aber eine Gruppe von Betroffenen, welche deutlich länger als Andere überleben. Um die jeweils optimalen Behandlungsstrategien auszuwählen, benötigt die Medizin Prognosemarker, an denen sie sich dabei orientieren kann. Beim Lungenkrebs-Weltkongress in Wien (IASLC 17th World Conference on Lung Cancer; 4. bis 7. Dezember) stellten jetzt Schweizer und australische Wissenschaftler eine Studie vor, der zufolge Mikro-RNA, kleine Schnipsel genetischen Materials, als Entscheidungshilfen dienen können.

Dr. Michaela B. Kirschner, von der Abteilung für Thoraxchirurgie der Universitätsklinik Zürich und ihre Kollegen vom Asbestos Diseases Research Institute in Sydney, haben bereits im Jahr 2015 mit einem „miR-Score“ einen solchen Prognosemarker für Mesotheliom-Erkrankungen vorgestellt. Die Untersuchung besteht darin, in Gewebeproben bestimmte kleine RNA-„Schnipsel“ – eben Mikro-RNA-Moleküle – nachzuweisen. Beim „miR-Score“ konzentrierte man sich auf sechs solcher Mikro-RNA (miR-21-5p, -23a-3p, -30e-5p, -221-3p, -222-3p, und -31-5p).

Mikro-RNA bestehen jeweils aus etwa 20 Basenbestandteilen. Sie stellen einen wichtigen Regulationsmechanismus für die Aktivität von Genen dar, speziell für das Abschalten von Genen. In der ersten wissenschaftlichen Arbeit dazu zeigten Dr. Kirschner und ihre Co-Autoren, dass mit dieser Methode (angewendet auf Gewebeproben, die während der Operation entnommen wurden) jene Patienten, welche nach einer Operation länger als 20 Monate lang überleben, mit einer Genauigkeit von bis zu um die 90 Prozent identifiziert werden können.

In der jetzt beim Lungenkrebs-Weltkongress präsentierten Studie, untersuchten und analysierten die Forscher den „miR-Score“ bei Mesotheliom-Patienten sowohl vor als auch nach einer Chemotherapie (Induktionstherapie) in Gewebeproben, die entweder zur Diagnose oder als Teil einer Tumoroperation (bestehend aus radikaler Entfernung von Pleura (Rippen- und Lungenfell), Lungenflügel, Perikardium (Herzbeutel) und Zwerchfellteilen) entnommen werden. Die radikale Tumoroperation kann die Überlebensrate erhöhen und die dem chirurgischen Eingriff vorangegangene Induktions-Chemotherapie soll die Tumorlast schon vor der Operation möglichst verkleinern.

Durch Untersuchung der Mikro-RNA von 34 Gewebeproben aus den diagnostischen Untersuchungen (noch vor der Chemotherapie) und von 34 Gewebeproben aus den Operationen – somit nach der Induktions-Chemotherapie – sollte der Wert des „miR-Score“ unter diesen Bedingungen bestimmt werden. Eine Chemotherapie soll ja das Tumorgewebe möglichst schwer schädigen bzw. zum Absterben bringen. Die Frage war somit, ob die Mikro-RNA aus der Untersuchung, der für die Diagnose verwendeten Gewebeproben, für die Prognose des zu erwartenden Krankheitsverlaufes auch für die Zeit nach der Chemotherapie (und nach der Operation) aussagekräftig blieben.

Bei der Analyse stellte sich heraus, dass die Chemotherapie zwar einige der im „miR-Score“ enthaltenen Mikro-RNA veränderte, jedoch zwei davon (miR-30e und miR-221) quasi resistent waren. „Ihr Nachweis in der diagnostischen Gewebeprobe kann demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit als Hilfsmittels für die Abschätzung der Prognose der Patienten dienen. Jetzt weiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Untersuchungen mit mehr Gewebeproben aus“, berichtet Dr. Kirschner. Außerdem soll der Einfluss der Verwendung verschiedener Krebsmedikamente (Cisplatin, Pemetrexed, Gemcitabine) auf die Mikro-RNA bestimmt werden, da die verschiedenen Chemotherapeutika unterschiedliche Effekte auf die bösartigen Zellen haben.

In Europa treten pro Jahr je nach Landesstatistik zwischen 15 und 20 Mesotheliom-Erkrankungen pro Million Einwohner auf. Es ist im Vergleich zur häufigsten Lungenkarzinom-Form (nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom) selten, aufgrund seiner Aggressivität jedoch eine der Lungenerkrankungen mit der schlechtesten Prognose. Klar belegt ist eine Asbestfaser-Belastung als ursächlicher Faktor in den meisten Fällen des Auftretens von Rippenfellkrebs.

Quelle: IASLC-WCLC Abstract Michaela B. Kirschner et al. Refinement of the Prognostic miR-Score for Use in Diagnostic Specimens from Chemo-Naive Malignant Pleural Mesothelioma Patients.

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