Donnerstag, April 18, 2024

Männlichkeit stärken durch Überkompensieren

Ist ihre Männlichkeit bedroht, so neigen Männer dazu, diese stärken zu müssen und entstandene Minderwertigkeitsgefühle mit betonter Männlichkeit zu überkompensieren. Sie machen sich stärker, athletischer und aggressiver.

 

Soziale Normen, die die Maskulinität des Mannes hervorheben, sind nach wie vor weit verbreitet und nehmen großen Einfluss auf das männliche Geschlecht. Forschungsergebnissen der University of Washington zufolge neigen Männer dazu, ihre Männlichkeit zusätzlich zu betonen, wenn sie glauben dieses Ideal nicht ausreichend zu erfüllen.

Fokus einer Studie, die vor kurzem im Fachjournal Social Psychology veröffentlicht wurde, war festzustellen, wie Männer reagieren, wenn ihre Männlichkeit bedroht wird. Dabei untersuchten die Wissenschafter zwei potenzielle Reaktionen des Mannes: ein Überbetonen der eigenen Maskulinität und die bewusste Ablehnung weiblich geprägter Vorlieben.

Im Zuge der Studie untersuchten die Wissenschafter die Greifkraft männlicher Studenten. Jedoch teilten die sie den Probanden bewusst ein falsches Ergebnis mit, worin sie die tatsächliche Greifkraft der Männer wesentlich schmälerten. Als Reaktion darauf, gaben die Männer eine übertriebene Körpergröße an, beschrieben sich als athletisch und aggressiv und zeigten weniger Interesse an stereotyp weiblichen Konsumartikeln. Zudem gaben die Männer an, sehr viele weibliche Kontakte zu haben.

Lag das Ergebnis der Greifkraft jedoch im Normbereich und verspürten die männlichen Probanden keine Bedrohung in Bezug auf ihre Männlichkeit, waren diese Reaktionen nicht vorhanden.

Die Erkenntnisse, so die Wissenschafter, unterstreichen den Druck, den Männer verspüren, dem Stereotyp der Männlichkeit nachzukommen und die Strategien, die sie einsetzten um ihre Maskulinität zu bekräftigen.

„Das männliche Bedürfnis maskulin zu wirken bzw. zu sein ist nicht zu unterschätzen,“ so Autorin Sapna Cheryan, Professorin für Psychologie.

Nach Überprüfung ihre Greifstärke wurde den Männern diese mitgeteilt, wobei die Wissenschafter die Greifstärke bewusst als durchschnittlich oder unterdurchschnittlich einstuften. Im Anschluss machten die Männer Angaben über ihre Körpergröße, die Anzahl Beziehungen zu Frauen, Persönlichkeitsmerkmale und Interesse an Produkten, die entweder als sehr weiblich oder sehr männlich gelten.

Bei Männern die dachten, ihre Greifstärke wäre besonders niedrig, waren die Angaben hinsichtlich Körpergröße deutlich übertrieben. Zwar lag der Fokus der Studie bei Männern, laut Cheryan verspüren jedoch auch Frauen großen Druck, weibliche Ideale zu verkörpern. Denken Frauen, dass sie diesen Erwartungen nicht nachkommen, sind sie geneigt Entscheidungen zu treffen, um den Geschlechternormen zu entsprechen, unabhängig der Konsequenzen dieser Entscheidungen.

In einem zweiten Experiment absolvierten männliche Teilnehmer einen Computer basierten „Männlichkeitstest“, worin sie Angaben hinschlich ihrer Konsumpräferenzen und persönlichen Eigenschaften machten. Auch hier zeigte sich, dass Männer, die dachten schlechter abgeschnitten zu haben und somit weniger maskulin zu sein, weibliche Konsumartikeln eher ablehnten.

„Männer stehen unter starkem Druck, gewissen Normen zu entsprechen und sie arbeiten hart daran ein „korrektes“ Image abzugeben, speziell wenn sie sich in ihrer Maskulinität bedroht fühlen,“ so Co-Autor Benoît Monin von der Stanford University.

Die Ergebnisse scheinen amüsant, der Hintergrund ist jedoch durchaus ernst. Auch andere Studien zeigen, dass Männer ihre fehlende Maskulinität auf unterschiedlichste Art kompensieren. Beispielsweise neigen Männer mit femininerem Aussehen dazu, ein aggressiveres oder arroganteres Verhalten an den Tag zu legen. Zudem neigen arbeitslose Männer eher zu Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen.

Die aktuelle Studie erweitert unser Verständnis hinsichtlich des männlichen Verhaltens.

„Männer haben in unserer Gesellschaft viel Macht und diese Studie zeigt, dass ihr Verhalten stark davon abhängen kann, wie sehr sie sich in ihrer Maskulinität bestätigt oder bedroht fühlen.“

http://www.washington.edu/news/2015/06/22/manning-up-men-may-overcompensate-when-their-masculinity-is-threatened/

Quelle: Cheryan S., Schwartz J., Katagiri Z., Benoît M. (2015) Threatened Men Compensate by Disavowing Feminine Preferences and Embracing Masculine Attributes. Social Psychology. 2015

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