Freitag, April 19, 2024

Kuschelhormon Oxytocin als Nasenspray gegen Angststörungen

Das Kuschelhormon Oxytocin könnte die Behandlung psychischer Erkrankungen weiter ergänzen und auch als Nasenspray gegen Angststörungen wirksam sein.

Dass das Kuschelhormon Oxytocin im Sozial- und Sexualverhalten eine wichtige Rolle spielt, konnte in zahlreichen Untersuchungen an Menschen und Tieren nachgewiesen werden. Es hilft beispielsweise Müttern, eine Bindung zu ihrem Kind aufzubauen. Zudem gibt es Hinweise, das eine nasale Anwendung Männer mit Übergewicht beim Abnehmen unterstützen kann. Manchmal kommt es auch bei Verhaltensstörungen wie Autismus zum Einsatz. Im Tiermodell konnten unlängst nun Wissenschaftler auch zeigen, dass die Behandlung des Kuschelhormons Oxytocin als Nasenspray auch psychische Störungen wie Angststörungen reduzieren kann.

 

Mit dem Kuschelhormon Oxytocin soziale Störungen und psychische Erkrankungen behandeln

Neue Erkenntnisse zeigen nun, dass das Kuschelhormon Oxytocin bei sozialen Störungen und psychischen Erkrankungen einen Nutzen in der Behandlung bieten könnte. Angststörungen mit belastenden körperlichen und psychischen Symptomen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen in Europa. Behandelt werden sie mit Medikamenten und/oder kognitiver Verhaltenstherapie, wobei die Zahl der medikamentösen Neuentwicklungen allerdings überschaubar ist.

Die neueren Ergebnisse, dass das Kuschelhormon Oxytocin bei psychischen Erkrankungen von besonderer Bedeutung ist, bringen nun neue Hoffnung. Oxytocin könnte die Symptome verschiedener psychischer Erkrankungen lindern und so Patienten mit autistischen Störungen, Borderline-Persönlichkeitsstörung oder Angststörung helfen.

 

Bedeutung von Oxytocin

Schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist bekannt, dass Oxytocin Geburtswehen auslöst und bei Müttern die Milch einschießen lässt. Von der Weltgesundheitsorganisation wird das Kuschelhormon Oxytocin dank seiner Bedeutung für Geburtshilfe und Stillzeit in der Liste „Essenzielle Medikamente“ geführt. Wissenschaftler wissen auch schon länger, dass Oxytocin Müttern hilft, eine Bindung zu ihrem Kind aufzubauen.

Strukturformel von Oxytocin
Strukturformel von Oxytocin

Seit Jahrzehnten untersuchen Forscher im Tiermodell die Rolle des Oxytocins für Sozialverhalten und Fortpflanzung. Da Oxytocin das Sozialverhalten positiv beeinflusst, nannte man es bald sprachlich etwas ungenau das Kuschelhormon. Studien haben gezeigt, dass Oxytocin sozialen Stress dämpfen, Vertrauen und soziale Kompetenzen steigern und die Reaktion des Mandelkernkomplexes (Amygdala) vermindern kann. Letzterer ist für Emotionen wie Angst und Wut zuständig.

 

Kuschelhormon Oxytocin als Nasenspray

Erkenntnisse zu Oxytocin und seine Rolle bei psychischen Erkrankungen mit Beeinträchtigung der sozialen Kompetenzen sind vielversprechend. Neuen Untersuchungen zufolge kann Oxytocin möglicherweise die Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen ergänzen.

Sicher erscheint, dass das Hormon stets mit einer Psychotherapie kombiniert werden muss. Der eigene Körper produziert das Hormon als natürlichen Baustein.

Als Nasenspray angewandt kann das Kuschelhormon Oxytocin ins Gehirn wandern und dort furchtdämpfend wirken. Aktuell untersuchen Forscher auf der ganzen Welt in über hundert Studien, wie Oxytocin bei verschiedenen psychischen Erkrankungen wirkt und welche Dosis angebracht wäre.


Literatur:

Panek M, Kawalec P, Pilc A, Lasoń W. Developments in the discovery and design of intranasal antidepressants [published online ahead of print, 2020 Jun 21]. Expert Opin Drug Discov. 2020;1-20. doi:10.1080/17460441.2020.1776697

Gottschalk MG, Domschke K. Oxytocin and Anxiety Disorders. Curr Top Behav Neurosci. 2018;35:467-498. doi:10.1007/7854_2017_25

Naja WJ, Aoun MP. Oxytocin and Anxiety Disorders: Translational and Therapeutic Aspects. Curr Psychiatry Rep. 2017;19(10):67. Published 2017 Aug 15. doi:10.1007/s11920-017-0819-1

Guastella AJ, Hickie IB, McGuinness MM, et al. Recommendations for the standardisation of oxytocin nasal administration and guidelines for its reporting in human research. Psychoneuroendocrinology. 2013;38(5):612-625. doi:10.1016/j.psyneuen.2012.11.019

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