Dienstag, April 16, 2024

Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Der Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie will klinisch arbeitende und wissenschaftlich tätige Fachexperten und Nachbardisziplinen in Dialog bringen.

Der Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist mit circa 1.000 Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern und seinem umfangreichen Programm der in Deutschland und meines Wissens auch international größte Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Er wird durch die beiden großen Fachgesellschaften DKPM – Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin und die DGPM – Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ausgerichtet.

Der Kongress hat den Anspruch, sowohl klinisch arbeitende als auch wissenschaftlich tätige Kolleginnen und Kollegen des Fachgebietes und seiner Nachbardisziplinen in Dialog zu bringen. Außerdem freue ich mich persönlich besonders darüber, dass wir mit Ihrer Unterstützung nicht nur das Fachpublikum aus Klinik und Wissenschaft erreichen, sondern auch die Menschen und Interessierten der Allgemeinbevölkerung – somit alle psychosomatisch Interessierten.

Was sind das überhaupt für Patienten, die zu uns in die Psychosomatik kommen? Es sind beispielsweise Menschen, die unter Stress und Bauchschmerzen leiden, Menschen, die seit Jahren einen Tinnitus haben, Menschen, die seit Jahrzehnten von unerklärten Schmerzen heimgesucht werden – kurzum Menschen, wie sie jeden Tag in den Hausarztpraxen und anderen Facharztpraxen gesehen werden – und die neben diesen Körperbeschwerden alle eine eigene Geschichte mitbringen. Und genau dort, in ihrer persönlichen Biografie und ihren Lebensumständen, setzt die Psychosomatik an: Durch unsere wissenschaftlichen Aktivitäten wissen wir mittlerweile, dass viele Beschwerden und Erkrankungen psychische Ursachen und/oder Einflüsse haben. Im Menschen sind Körper und Seele untrennbar miteinander verbunden; dies ist eine Grundannahme der psychosomatischen Medizin. Und das Erleben des Menschen findet immer in einem individuellen sozialen Umfeld statt – der individuellen Lebenswelt. Wir sprechen daher von einem „bio-psycho-sozialen Modell“.

In der psychosomatischen Medizin bedeutet dies daher auch, nicht nur Krankheiten, sondern erkrankte Menschen mit ihrer individuellen Geschichte verstehen zu wollen. Wichtig sind uns dabei auch die subjektive eigene Krankheitstheorie des Patienten einerseits sowie andererseits die neuesten theorie- und datenbasierten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Was bietet unser Fach diesen Menschen, die sich an uns wenden? Unsere Fachdisziplin ist mit circa 70 Jahren noch sehr jung, doch die Entwicklung ist enorm – wenn wir zum Beispiel nur die Fallzahlen in der Krankenhausbehandlung betrachten, ist die Psychosomatische Medizin und Psychotherapie unter den am stärksten wachsenden Fachgebieten. So stieg zum Beispiel in den Jahren von 2010 bis 2016 die Zahl der Psychosomatik-Betten in den Krankenhausplänen bundesweit um plus 21 Prozent (Quelle: Verband der Psychosomatischen Krankenhäuser und Krankenhausabteilungen in Deutschland/VPKD) und noch immer reichen diese Kapazitäten nicht, um alle Patienten so zeitnah zu versorgen, wie es notwendig wäre. Ein wichtiges Merkmal unseres Fachgebietes ist die enge und interdisziplinäre Arbeit mit anderen Bereichen der Medizin, um diesem biopsychosozialen Modell in allen drei Bereichen gerecht zu werden.

Die Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und geht zugleich den Weg der Differenzierung der Medizin mit. Während moderne Medikamente immer bessere Wirksamkeiten erreichen und zum Teil Heilungen von bisher als chronisch verstandenen Erkrankungen ermöglichen, wird gleichzeitig immer deutlicher, dass moderne psychosomatische und psychotherapeutische Interventionen nicht nur den subjektiven Zustand und die Lebensqualität des Einzelnen verbessern, sondern eben auch positive Auswirkungen auf den körperlichen Zustand des Menschen haben. Zudem: Unsere psychotherapeutischen Verfahren werden immer elaborierter und wir verstehen mehr und mehr, was genau bei welchen Betroffenen und bei welchen Störungen wirksam sein kann.

Unser Kongressmotto in diesem Jahr ist: PSYCHE – SOMA. MENSCH – SYSTEM. Wir bilden damit den Dialog zwischen den Spannungsfeldern Wissenschaft und Patientenversorgung, zwischen Nachbardisziplinen und zwischen nationalen und internationalen Einflüssen ab. Wir haben unterschiedliche thematische Schwerpunkte, für die die folgenden Referentinnen und Referenten beispielhaft stehen.

Für mich persönlich ist unser Kongress-Motto auch ein Bekenntnis gegen Stigmatisierung. Die Zusammenarbeit mit Ihnen, den Medien, ist uns wichtig, um diese Zusammenhänge aufzuklären, sie im Sinne eines biopsychosozialen Modells zu kommunizieren und bestenfalls im Bewusstsein zu haben. Ich freue mich nun sehr, Ihnen durch die folgenden renommierten Referentinnen und Referenten interessante und anregende Einblicke in unser spezifisches und zugleich mehr als nur medizinisches Fach geben zu können. Für Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Professor Dr. med. Dipl-Psych. Bernd Löwe
Professor Dr. med. Dipl-Psych. Bernd Löwe

Quelle: Statement »Psyche – Soma. Mensch – System.« von Professor Dr. med. Bernd Löwe, Kongresspräsident, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und Chefarzt an der Schön Klinik Hamburg Eilbek

Related Articles

Aktuell

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...
- Advertisement -

Latest Articles

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...

Medikamente können die Sicherheit beim Fahren beeinträchtigen

Vorsicht im Verkehr: Die Einnahme mancher Medikamente können die Sicherheit beim Fahren beeinträchtigen, weil sie beispielsweise die Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr herabsetzen. Die Einnahme bestimmter Medikamente...