Donnerstag, April 18, 2024

Katarakt-Operation: Intraokularlinsen mittels OP implantieren

Bei der Katarakt-OP entfernt der Chirurg die – bei grauem Star eingetrübte – körpereigene Linse, und setzt mittels Operation eine künstliche Intraokularlinse ein.

Die Katarakt-OP – die Operation des grauen Stars – zählt weltweit zu häufigsten durchgeführten Eingriffen am Auge. Beim Vorliegen von Fehlsichtigkeiten besteht die Möglichkeit, diese im Rahmen einer Katarakt-Operation auszugleichen, wobei man die eingetrübte, körpereigene Linse entfernt und durch eine künstliche Intraokularlinse (IOL) ersetzt.



 

Nach Katarakt-Operation Patienten mit Einstärken-Intraokularlinse versorgen

Die Stärke der künstlichen Intraokularlinsen kann man hierzu nach genauer Berechnung so wählen, dass sich mit der Katarakt-OP auch eine bestehende Fehlsichtigkeit korrigieren lässt.

Die Katarakt-Operation wird zunehmend zu einem refraktiven Verfahren, weil die angestrebte postoperative Brillenstärke (die sogenannte Zielrefraktion) bereits präoperativ mit dem Patienten besprochen werden kann.

Nach erfolgter Katarakt-Operation werden die meisten Patienten nach wie vor mit Einstärken-Intraokularlinsen versorgt, mit denen in der Regel nur eine Weit- oder Kurzsichtigkeit ausgeglichen werden kann. Die Brechkraft der Intraokularlinse wird dabei in der Regel so gewählt, dass auch ohne Brille eine möglichst gute Sehschärfe in der Ferne (oder seltener in der Nähe) erreicht werden kann.

In der mittleren (zum Beispiel Tätigkeit am PC, Tablet oder Handy) und nahen Distanz (zum Beispiel Lesen) sind für ein scharfes Sehen andere Hilfsmittel, wie zum Beispiel eine Brille, nötig. Auch eine Alterssichtigkeit kann in Einzelfällen mit Einstärken-Intraokularlinsen ausgeglichen werden, wenn man sich für eine Monovisionsbehandlung entscheidet.

Bei diesem Verfahren wird bei einem Auge Normalsichtigkeit und beim anderen Auge eine leichte Kurzsichtigkeit angestrebt. Bei circa 40 Prozent der Patienten, die sich einer Katarakt-Operation unterziehen, besteht eine Hornhautverkrümmung von mehr als einer Dioptrie.

 

Katarakt-OP mit Standard-Intraokularlinse

Erhalten Patienten mit einer Hornhautverkrümmung im Rahmen einer Katarakt-OP oder eines refraktiven Linsentausches eine Standard-Intraokularlinse, so sind die visuellen Ergebnisse oft unbefriedigend, da eine residuale Hornhautverkrümmung die Anpassung einer Brille erforderlich machen würde. Dies ist jedoch insbesondere beim refraktiven Patienten unerwünscht.



Während früher die Anpassung von Brillengläsern bei Katarakt-Patienten eventuell noch akzeptabel war, so ist es heutzutage auch immer mehr das Ziel einer jeden Katarakt-Operation postoperativ Normalsichtigkeit zu erreichen.

Vorbestehende Hornhautverkrümmungen sollten daher ebenfalls behandelt werden. Hierfür stehen den Chirurgen verschiedene Schnitttechniken zur Verfügung, mit denen relativ kostengünstig und vorhersagbar eine Reduktion der Hornhautverkrümmung erreicht werden kann. Allerdings lassen sich gerade höhere Hornhautverkrümmungen nicht ausreichend und präzise genug mit diesen Methoden behandeln.

 

Torische Intraokularlinsen

Heutzutage setzt man daher bei der (Katarakt)-OP zunehmend torische Intraokularlinsen. Denn die Implantation ist auf diese Weise auch bei höheren Hornhautverkrümmungen einfach. Zudem kann man das Ergebnis besser vorhersagen und schnellen korrigieren. Weltweit waren im Jahr 2005 schätzungsweise 1,04 Billionen Menschen von der Alterssichtigkeit betroffen.

Die Alterssichtigkeit manifestiert sich in der Regel zwischen dem 37. und 45. Lebensjahr. Aufgrund des Akkommodationsverlustes der natürlichen Linse wird der Nahpunkt hinter die Netzhaut verlagert. Und das Auge kann ihn nicht mehr scharf auf der Netzhaut abbilden.

Man kann die Alterssichtigkeit mit einer Lesebrille mit einer Stärke von circa drei Dioptrien bei vollständigem Akkommodationsverlust korrigieren. Heutzutage besteht die Möglichkeit, Patienten mit einer Mehrstärken-Intraokularlinse zu versorgen. Denn viele Patienten haben den steigenden Wunsch nach Brillenunabhängigkeit im Alltag. Für den gleichzeitigen Ausgleich einer Hornhautverkrümmung und einer Alterssichtigkeit stehen torische Mehrstärken-IOL zur Verfügung.

 

Zahlreiche Modelle

Bei den Mehrstärken-Intraokularlinsen hat man unterschiedliche Modelle entwickelt. Und zwar solche, die sich hinsichtlich ihres optischen Designs und der Stärke der Nahaddition unterscheiden. Solche Linsen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Den man kann mit ihnen zufriedenstellende Ergebnisse im nahen und intermediären Bereich erreichen. Und der Seheindruck in der Ferne bleibt ausreichend gut. Das einfallende Licht lässt sich unter Ausnutzung optischer Prinzipien (Refraktion und/oder Diffraktion) auf zwei oder heutzutage oftmals drei nutzbare Brennpunkte aufteilen.



Die Aufteilung auf zwei beziehungsweise drei Brennpunkte ermöglicht dabei neben einem guten Seheindruck in der Ferne zusätzlich die Möglichkeit eines scharfen Seheindrucks in einem nahen beziehungsweise auch intermediären Bereich ohne Brille. Diese sogenannte Multifokalität birgt neben den geschilderten Vorteilen jedoch auch die Gefahr von unerwünschten photischen Phänomenen.

Diese beinhalten die Wahrnehmung von Lichtringen, Blendung und einen möglichen Kontrastverlust. Durch die Verbesserungen des Designs der Intraokularlinsen wird von den Linsenherstellern, unter Einbezug von Studien im Labor und in der Klinik, versucht, die subjektiv störenden photischen Phänomene so gering wie möglich zu halten und dabei gleichzeitig eine ausreichende Sehschärfe in den gewünschten Abständen zu ermöglichen.

 

Trifokale IOL

Dreistärken-Intraokularlinsen (trifokale IOL) zeigen gute klinische Ergebnisse für ein scharfes Sehen im fernen, nahen und intermediären Bereich auch ohne Brille. Fällt die Entscheidung bei der OP-Implantation einer Intraokularlinsen auf eine Linse mit Trifokalität, gibt es eine Auswahl unterschiedlicher Modelle, welche sich hinsichtlich ihres diffraktiven Designs sowie ihrer Additionen unterscheiden.

Neben den Linsen, die man klassischerweise anstelle der körpereigenen Linse in den Kapselsack implantieren kann, gibt es spezielle Kunstlinsen. So lassen sich zum Beispiel Fehlsichtigkeiten, die bei Patienten trotz der Implantation einer Kunstlinse in den Kapselsack bestehen, mithilfe von additiven Kunstlinsen (sogenannten Add-on-Linsen) korrigieren. Diese Linsen platziert der Chirurg vor der im Kapselsack sitzenden Kunstlinse im Sulcus des Auges.

Bei jüngeren Patienten, bei denen man die körpereigene Linse wegen der Akkommodationsfähigkeit nicht entfernen kann und bei denen eine Laserkorrektur der Fehlsichtigkeit (zum Beispiel aufgrund einer instabilen Hornhaut oder einer zu hohen Fehlsichtigkeit) nicht möglich ist, lassen sich Fehlsichtigkeiten mit sogenannten phaken Linsen korrigieren.

Diese werden entweder in der Vorderkammer an der Regenbogenhaut fixiert oder in der Hinterkammer vor der körpereigenen Linse platziert. Sowohl phake Linsen als auch Add-on-Linsen werden nicht nur zur Korrektur der Weit- und Kurzsichtigkeit, sondern auch zur Korrektur der Hornhautverkrümmung und/oder Alterssichtigkeit angeboten.



 

Light Adjustable Lens

Derzeit gibt es intensive Untersuchungen, wie man die Brechkraft von Kunstlinsen auch nach der Implantation anpassen kann. So nimmt zum Beispiel die sogenannte Light Adjustable Lens (LAL) bei den Intraokularlinsen eine Sonderstellung ein. Eine nicht invasive Bestrahlung mit UV-Licht kann bei diesen Intraokularlinsen die Brechkraft der Linse postoperativ verändern. In Studien konnte man so eine Korrektion von circa zwei Dioptrien Weit- oder Kurzsichtigkeit sowie Hornhautverkrümmung erzielen.

Die optische Qualität der Light Adjustable Lens ist zwar nicht besser als die einer konventionellen Intraokularlinse. Aber es besteht die Möglichkeit der postoperativen Nachjustierung. Und zwar bei jenen Patienten, bei denen man die gewünschte Zielrefraktion aufgrund von Ungenauigkeiten bei der Intraokularlinsen-Berechnung nicht erreichen konnte.

Eine andere Methode, mit der es möglich sein soll, die Stärke der Kunstlinse nach dem Eingriff zu verändern, ist das sogenannte „refractive lens shaping“. Hierbei kann man mithilfe eines Femtosekundenlasers die Form der Kunstlinse noch im Nachhinein verändern.

 

Operation mittels Intraokularlinse gegen alle Fehlsichtigkeiten

Mithilfe von Intraokularlinsen lassen sich nahezu alle Fehlsichtigkeiten beseitigen. Die Abhängigkeit von Brillen kann man jedenfalls heutzutage deutlich reduziert. Und oftmals sogar vollständig beseitigen.

Einerseits sollte man die verschiedenen Möglichkeiten bei der Wahl einer geeigneten Kunstlinse präoperativ evaluieren. Und zwar zusammen im Gespräch mit dem Patienten. Andererseits sollte man so den individuellen Sehanforderungen und Bedürfnissen des Patienten gerecht werden.

Man muss jedoch betonen, dass der Behandler eine absolute Brillenfreiheit gänzlich ohne Kompromisse niemals garantieren sollte. Im präoperativen Beratungsgespräch müssen Ärzte den Patienten auch die Grenzen der derzeitigen Techniken aufgezeigt. Und zwar damit die Patienten realistische Erwartungen an den Eingriff stellen.




Literatur:

Statement »Individuelle Kunstlinsen – Weg in die Zukunft oder Irrweg?« – Professor Dr. med. Ramin Khoramnia, Leiter der Sektion Refraktive und Experimentelle Chirurgie der Universitäts-Augenklinik Heidelberg zum 116. Kongress der DOG, September 2018, Berlin

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