Donnerstag, April 18, 2024

Impfstoff gegen Chronisch Lymphatische Leukämie

Tübinger Mediziner starten eine Studie mit einer selbst entwickelten individualisierten Immuntherapie gegen Chronisch Lymphatische Leukämie – Studienteilnahme noch möglich.

Chronisch Lymphatische Leukämie ist eine Krebserkrankung des Blutes, die zwar meist langsam verläuft, jedoch bisher nicht heilbar ist. Jetzt hat am  eine klinische Phase II Studie begonnen, die einen Impfstoff testet, mit dem Ziel, diese häufigste Leukämie bei Erwachsenen zu heilen. Die Idee dazu, Wirkstoff und Therapie wurden in Tübingen entwickelt und auch die Finanzierung wird von den Tübingern übernommen.

 

Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) mit Impfung heilen

Erstmals untersuchen Ärzte und Wissenschaftler aus Tübingen die Möglichkeit, die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL) mit einer Impfung zu heilen. Dazu wird für jeden Patienten ein individualisierter, auf die speziellen Merkmale seiner Erkrankung zugeschnittener Impfstoff aus verschiedenen Peptiden zusammengestellt. Er wird nach der Standardbehandlung, die in einer anderen Klinik oder Praxis erfolgen kann, verabreicht. Durch die Impfung sollen die körpereigenen Abwehrzellen aktiviert, eine Immunantwort gegen die Tumorpeptide ausgelöst und dadurch die verbliebenen Leukämiezellen zerstört werden. Relevante Nebenwirkungen erwarten die Wissenschaftler keine, da der Impfstoff spezifisch für die Leukämiezellen „maßgeschneidert“ wird. Studien bei anderen Tumorerkrankungen haben gezeigt, dass die Vakzinierung in die Haut meist lediglich eine Rötung an der Impfstelle verursacht.

„In der klinischen Studie wollen wir prüfen, ob es gelingen kann, das Immunsystem des Patienten so gezielt gegen die Leukämie zu aktivieren, dass die Erkrankung geheilt wird und nicht zurückkehrt“, so Prof. Helmut Salih, Leiter der klinischen Prüfung.

Die innovative Phase II Studie zur Patienten-individualisierten Peptidvakzinierung von CLL-Patienten, die ganz ohne finanzielle Unterstützung der Pharmaindustrie auskommt, wurde in Tübingen konzipiert und der Impfstoff im eigenen GMP-Labor (Good Manufacturing Practice) des Uniklinikums produziert. Finanziert wird die Studie durch Förderprogramme der Medizinischen Fakultät und von der Abteilung Immunologie am Interfakultären Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen.

„Mit Unterstützung des Uniklinikums Tübingen und vom DKTK konnten wir diesen innovativen Immuntherapieansatz entwickeln“, freut sich Salih und fügt an: “Mit dieser Initiative wird das Feld der Medikamentenentwicklung wieder ein wenig mehr für die Akademie zurückerobert.“ Möglich war dies durch die enge Zusammenarbeit der Abteilungen Innere Medizin II am Universitätsklinikum Tübingen mit der Abteilung Immunologie am Interfakultären Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen sowie der Klinischen Kooperationseinheit Translationale Immunologie des DKFZ im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) am Partnerstandort Tübingen.

Informationen zur Chronisch Lymphatische Leukämie-Studie

Die multizentrische Phase II Studie zur Patienten-individualisierten Peptidvakzinierung von CLL-Patienten wird an der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen, Abteilung Innere Medizin II sowie am Standort Stuttgart im Katharinenhospital, im Diakonie-Klinikum, im Marienhospital und im Robert-Bosch-Krankenhaus durchgeführt.

Teilnehmen können erwachsene Patienten, bei denen eine Chronisch Lymphatische Leukämie diagnostiziert wurde und die eine Indikation für eine Behandlung haben. Die konventionelle Chemotherapie kann in einer Praxis oder einer Klinik am Wohnort des Patienten ausgewählt und durchgeführt werden. Vor der Therapie müssen die Patienten zu einer Untersuchung ihrer CLL-Zellen in eines der Studienzentren kommen. Dort wird dem Patienten Blut abgenommen. Seine Leukämiezellen werden auf ihre individuellen Antigene im Labor analysiert (HLA-Ligandomanalyse), um den individuellen Impfstoff zusammenzustellen. Danach erfolgt die gängige Erstlinientherapie nach Wahl durch den behandelnden Arzt, bei der die CLL-Zellen zurückgedrängt werden.

Acht bis 14 Wochen nach Abschluss der herkömmlichen Therapie, wenn eine weitgehende Zurückdrängung der Leukämiezellen erreicht ist, erhalten die Studienteilnehmer eine Reihe von Impfungen mit dem auf ihre Krebszellen individuell angepassten Peptidcocktail. Der Impfstoff besteht aus tumor-assoziierten Eiweißen. Sie sollen die Abwehrzellen, die so genannten T-Zellen des Patienten aktivieren, damit diese die verbliebenen Leukämiezellen zerstören, und so das sonst regelhafte Wiederauftreten der Erkrankung verhindern. Die Peptidvakzinierung wird ein Jahr lang einmal monatlich ambulant durchgeführt.


Publikation
HLA ligandome analysis identifies the underlying specificities of spontaneous antileukemia immune responses in chronic lymphocytic leukemia (CLL). Daniel J. Kowalewski, Heiko Schuster, Linus Backert, Claudia Berlin,, Stefan Kahn, Lothar Kanz, Helmut R. Salih, Hans-Georg Rammensee, Stefan Stevanovic, Juliane Sarah Stickel, 2015, DOI10.1073/pnas.1416389112

Weitere Informationen: Tübinger Universitätsklinikum

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