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Herausforderungen für die Kardiologie

Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft; Salzburg, 27.-30. Mai 2015: Neue Techniken und Herausforderungen für die Kardiologie – Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat weltweit zugenommen – Ausbildungsreform in Österreich.

International steht die Kardiologie vor großen Herausforderungen. Dies ist durch die epidemiologische Entwicklung und durch die neuen technischen Möglichkeiten bedingt. In Österreich steht die Neuordnung der Ausbildung zum Herzspezialisten auf der Agenda – ein Thema bei der diesjährigen Jahrestagung der ÖKG. Die Reform soll für optimal ausgebildete Spezialisten auf dem Gebiet der Kardiologie sorgen und zugleich die Anerkennung der in Österreich absolvierten Ausbildung in den EU-Staaten gewährleisten. Der Kongress beschäftigt sich auch mit der Nutzen-Risiko-Abwägung kardiologischer Therapien.

Die Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG), die vom 27. bis 30. Mai 2015 in Salzburg stattfindet, steht in diesem Jahr unter dem Motto „Therapieziel: Symptom versus Prognose – Nutzen versus Risiko“.  Die hinter dieser Schwerpunktsetzung liegende Entwicklung skizziert ÖKG-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Weidinger (Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung mit Kardiologie und internistischer Intensivmedizin, Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien) im Vorfeld des Kongresses: „Die kardiologischen Patienten werden immer älter, und häufig leiden sie bereits unter weit fortgeschrittenen Stadien ihrer Erkrankung, wenn sie den Rat von Spezialisten suchen. Gleichzeitig steht uns eine immer breitere Palette von Behandlungsoptionen zur Verfügung, sowohl was die pharmakologischen als auch was die Geräte-Therapien betrifft.“

ÖKG-Jahrestagung „Therapieziel: Symptom versus Prognose – Nutzen versus Risiko“

In diesem Zusammenhang gewinne nicht nur die Unterscheidung zwischen symptomatischen Indikationen und solchen, die für die Prognose wichtig sind, zunehmend an Bedeutung, sondern auch die Auseinandersetzung mit Therapiezielen. „Insbesondere in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien werden die Verbesserung der Lebensqualität und eine Reduktion von Spitalsaufenthalten nicht nur für die Patienten selbst zum wesentlichen Ziel der Behandlung, sondern auch im Hinblick auf gesundheitsökonomische Überlegungen“, so Prof. Weidinger.

„Auf der anderen Seite spielt bei komplexen Medikamenten-Kombinationen oder invasiv-interventionellen Eingriffen zunehmend die individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung eine Rolle.“ Diese Thematik steht auf dem Kongress in Salzburg im Mittelpunkt eines gemeinsam mit der Europäischen Kardiologengesellschaft ESC ausgerichteten Symposiums.

Neue Möglichkeiten in der Kardiologie stehen im Zentrum der Diskussion: Die wichtigsten altersbedingten Erkrankungen, wie die koronare Herzkrankheit und die Herzklappenerkrankungen, hier vor allem die Aortenstenose (verkalkte und verengte Herzklappe), können zunehmend durch Herzkatheter-Interventionen behandelt werden, sodass immer weniger Patienten eine offene Herzoperation benötigen. Die Behandlung auch komplexer Herzkranzgefäßverengungen (Mehrgefäß-KHK) ist durch immer bessere, medikamentenbeschichtete Stents (Gefäßstützen) möglich geworden.

ÖKG-Präsident Prof. Weidinger: „Ein wesentlicher Fortschritt in jüngster Vergangenheit ist die Herzklappenimplantation die durch die Kathetermethode (TAVI), ohne offene Herzoperation, möglich geworden ist. Derzeit ist diese Methode auf jene Patienten beschränkt, die ein zu hohes Risiko für eine Herzoperation haben, also vor allem ältere Menschen. In Zukunft wird die TAVI-Methode sehr wahrscheinlich auch für größere Patientengruppen anwendbar werden.“

Bei der ÖKG-Jahrestagung in Salzburg wird es dazu eine Diskussion mit Herzchirurgen geben. Sie soll den Start für den Beschluss zur Einrichtung eines gemeinsamen Registers für Katheter- und herzchirurgische Eingriffe darstellen, in dem die Behandlungsergebnisse für Herzklappen-Eingriffe erfasst und langfristig beide Methoden – Implantation mit Katheter versus Operation am offenen Herzen – miteinander verglichen werden können. Die enge Zusammenarbeit zwischen Kardiologen und Herzchirurgen wird ein zentrales Ziel der Zukunft sein.

Ärzte-Ausbildungsreform: EU-konforme Standards, patientengerechte Versorgung

Ein wichtiges Thema, das Österreichs Kardiologen beschäftigt, ist die Ärzte-Ausbildungsreform. Mit Jahresbeginn ist eine diesbezügliche Novelle des Ärztegesetzes in Kraft getreten, mit 1. Juni kommt die neue Ärzteausbildungsordnung (ÄAO). „Die ÖKG war von Beginn an in die Erstellung der Reforminhalte eingebunden und hat in diesen Prozess ihre Anliegen eingebracht, um sowohl die Attraktivität des Fachs als auch eine qualitativ hochwertige kardiologische Versorgung zu sichern“, berichtet Prof. Weidinger. Künftig wird es in Österreich einen „Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie“ geben, der nach insgesamt sechs Jahren Weiterbildung ab der Promotion erworben werden kann. Das bedeutet eine Verkürzung um zwei Jahre verglichen mit der bisherigen Ausbildung zum Kardiologen. Die bisherigen Zusatzfächer zum Hauptfach Innere Medizin fallen weg und werden durch eine Weiterbildung in einem Spezialfach ersetzt, im konkreten Fall der Kardiologie.

Prof. Weidinger: „Damit wird die österreichische kardiologische Ausbildung endlich auch in anderen EU-Ländern anerkannt, wo diese Form der Spezialisierung schon lange etabliert ist. Notwendig ist diese Reform nicht zuletzt deshalb, um einem möglichen Fachärztemangel, etwa durch Abwandern junger Ärztinnen und Ärzte in Länder mit besseren Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen, vorzubeugen und die kardiologische Versorgung unserer Bevölkerung auch in der Zukunft auf höchstem Niveau zu sichern.“

Neueste Daten: Sterblichkeitsrückgang bei der koronaren Herzkrankheit geht auf bessere Beherrschung der Risikofaktoren zurück – Weiterhin steigende Herz-Sterblichkeit weltweit durch Alterung und Bevölkerungszuwachs

Das Fachgebiet der Kardiologie wird auch in Zukunft vor großen Herausforderungen stehen, betont Prof. Weidinger: „Eine erst kürzlich im führenden New England Journal of Medicine publizierte Arbeit[1] hat gezeigt, dass die weltweite Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen zwischen 1990 und 2013 um 41 Prozent zugenommen hat. 2013 starben weltweit 17 Millionen Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, mehr als acht Millionen Menschen allein an einer ischämischen Herzkrankheit.“ Allerdings gibt es auch Positiva zu berichten, so Prof. Weidinger: „Die gute Nachricht ist, dass es in Zentral- und Westeuropa zu einem leichten Gewinn an kardiovaskulärer Gesundheit kam, der groß genug war, um die demografischen Entwicklungen auszugleichen.“ Trotzdem müsse man weiterhin mit einer hohen Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen rechnen. Dies ist in westlichen Ländern vor allem die Konsequenz der zunehmenden Alterung der Bevölkerung. Der Hauptanteil des Rückgangs der Sterblichkeit aufgrund der koronaren Herzkrankheit geht auf die bessere Beherrschung der Risikofaktoren zurück. Prof. Weidinger: „Das sollte dazu motivieren, Maßnahmen und Interventionen wie das Rauchverbot und die Cholesterinsenkung mit allen Kräften zu unterstützen.“

Quellen, Informationen:

 [1] Roth et al, Demographic and Epidemiologic Drivers of Global Cardiovascular Mortality, NEJM 2015 April 237;14, 13331341.

http://www.atcardio.at/de/veranstaltungen/jahrestagung-der-oekg-2015/

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